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Finnisches Blut

Finnisches Blut

Titel: Finnisches Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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Killer durch das Bett hindurch schossen, wenn sie bemerkten, daß sich der Kleiderhaufen bewegte. Ratamo griff nach der |297| Stehlampe, die neben ihm stand, benutzte sie wie einen Stock und zog die Weste zu sich hin.
    Mit Weste kroch er auf demselben Weg, den er gekommen war, zurück ins Wohnzimmer. Die Schützen konnten nicht wissen, wo er sich befand, also hatte er vielleicht ein paar Sekunden Zeit, quer durch das Wohnzimmer zu rennen. Er mußte den Kopf einziehen und den Killern vor allem seinen durch die Weste geschützten Oberkörper anbieten. Die schon einmal überwundene Angst war wieder da und ließ kein bißchen nach. In seinen Ohren rauschte es.
    Ratamo bewegte sich in einer Haltung wie ein Kassatschoktänzer mit möglichst großen Sätzen in Richtung Flur. Nach zwei Schritten traf ihn im Rücken ein Hammerschlag. Er fiel auf den Bauch und rutschte weiter. Ihm stockte der Atem. Er spürte im Mund den Geschmack von Magensäure. Würde er jetzt sterben? Er zog sich am Türrahmen weiter und landete gerade auf dem Fußboden im Flur, als ihn ein neuer Schlag zwischen den Schulterblättern traf. Die Weste hielt die Kugeln sehr wirksam auf, aber sie bremste deren Schlagkraft nicht. Ratamo rollte sich zur Seite und war hinter der Wand außer Sichtweite. Mit angstverzerrtem Gesicht schnappte er nach Luft, und staunte, daß er noch lebte.
    Als er wieder richtig atmen konnte, zog er die Laufschuhe an und warf sich den Mantel über. Das Handy steckte er in die Brusttasche und die Waffe in den Gürtel, jetzt aber gesichert.
    Im Treppenflur war nichts zu hören. Auch durch den Spion sah er niemanden. Es gab zwei Fluchtwege. In dieser Helsinkier Gegend waren die Häuser miteinander verbunden, so daß man über das Dach in die nächsten Gebäude gelangen konnte. Die Alternative bestand darin, den Weg über den Innenhof zu nehmen und zu fliehen, bevor der Schütze oder die Schützen |298| im Treppenflur auftauchten. Er war so in Panik, daß er sich nicht imstande sah, die Vor- und Nachteile der verschiedenen Alternativen abzuwägen. Und wenn nun jemand hinter der Tür lauerte? Ratamo entschied sich aus dem Bauch heraus, er zog die Waffe, öffnete die Tür und machte einen Satz hinaus, so daß er auf dem Rücken landete, bereit zu schießen. Der Flur war jedoch leer, und er rannte die Treppe hinunter.
    Als er in der zweiten Etage ankam, hörte er, wie unten die Haustür geöffnet wurde. Auf der rechten Seite im Treppenflur befand sich die Tür zu einem kleinen Balkon, auf dem in der Regel Teppiche gelüftet wurden. Ratamo ging auf den Balkon hinaus und schloß die Tür hinter sich.
    »Oh, verdammt. Nicht schon wieder.« Er zog die schwere Weste aus, warf sie in den Innenhof und sprang. Der Hof war groß und grenzte auf allen Seiten an Häuser. Ratamo schnappte sich die Weste, rannte zum nächstgelegenen Haus und stieß mit Gewalt ein Fenster ganz auf, dessen Haken eingehängt war. Er stieg auf das Fensterbrett und sprang hinein. Als er mit langen Schritten durch die kleine Wohnung hastete, war ein schriller Schrei zu hören. Eine Frau, deren Gesicht von einer grünen Nachtmaske bedeckt war, stand, in eine Decke gewickelt, an der Schlafzimmertür und schaute Ratamo mit offenem Mund vor Angst zitternd an.
    »Polizeieinsatz. Wir sind auf der Jagd nach einem Mörder«, sagte Ratamo, hielt den Zeigefinger an die Lippen und zischte leise.
    Die Miene der Frau hellte sich auf, und auch sie hob den Zeigefinger an den Mund.

|299| 51
    Leppä schaute sich völlig verdutzt im Wohnzimmer von Pirkko Jalava um. Das konnte doch nicht wahr sein! Ratamo mußte sich aus dem Schlafzimmerschrank eine kugelsichere Weste geholt haben. Die zwei sauberen Treffer hätten selbst einen Elefanten gelähmt. Leppä hatte ein Scharfschützengewehr der Spitzenklasse verwendet, ein L96A1 mit eingebautem Schalldämpfer und einem Laservisier von Schmidt & Bender. Bei der Munition handelte es sich um spezielle Gummigeschosse, die härtesten, die es gab. Aus der Nähe abgefeuert, verursachten sie Knochenbrüche, aus größerer Entfernung aber nur Muskelzerrungen. Sie sollten das Ziel bewegungsunfähig machen. Er hatte diese Ausrüstung für den Fall bei sich gehabt, daß Ratamo gefunden würde. Bei der Verhaftung eines Doppelmörders konnte man kein Risiko eingehen. Der Mißerfolg der Aktion quälte Leppä. Wie sollte er das Bierernst erklären?
    Zum Glück wurden das Telefon und auch Handygespräche in der Wohnung überwacht. Leppä beschloß, die operative

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