Finnisches Quartett
Meijendel ermordet, die Beweise deuten auf Sicherheitsleute Jaap van der Waals hin. Es … tut mir leid.«
Ulrikes versteinerte Miene rührte sich nicht, als die Nachricht von Jorges Tod allmählich in ihr Bewußtsein sickerte und Teil eines unfaßbaren Puzzles wurde. Sie begriff, daß sie ihre Gefühle einkapselte, und fürchtete, zu explodieren, wenn sie sich nicht bald mitteilen könnte.
Timmerman überlegte einen Augenblick, ob es sich überhaupt lohnte, das Verhör zu beginnen. Berger reagierte gar nicht auf die Nachricht vom Tod ihres Freundes, vielleicht befand sich die Frau noch im Schockzustand. Der Druck der Ermittlungen zwang ihn jedoch dazu, es zumindest zu versuchen. »Ich habe gehört, was Sie der Polizei in Amsterdam erzählt haben. Habe ich richtig verstanden, daß jemand versucht, Jaap van der Waal umzubringen?«
»Irgend jemand hat Ezrael angerufen und so etwas behauptet. Ezrael hat mir den Inhalt des Gesprächs erzählt, aber ich kann natürlich nicht wissen, ob er mir alles verraten hat«, sagte Ulrike ruhig und langsam. Sie wollte jedes ihrer Worte genau abwägen.
»Mit Ezrael meinen Sie sicher Eamon O’Donnell«, sagte Timmerman und drehte seine Fliege. »Was hat dieser Anrufer sonst noch erzählt?«
Ulrike überlegte noch, als Timmerman schon nachlegte. »Hat der Mann etwas von John Dexter gesagt?«
Ulrike trieb ihr Gehirn zum Nachdenken an. Wie hatte der AIVD erfahren, daß es in dem Gespräch um Dexter ging? Wußten die Holländer auch, daß Ezrael auf dem Weg nach Washington war? »Hat man Ezrael gefunden?« Ulrike zauberte einen ängstlichen Ausdruck auf ihr Gesicht, was ihr ohne Schwierigkeiten gelang.
»Er wird zur Zeit gesucht. Die Amsterdamer Ausfallstraßen sind gesperrt und … Erzählen Sie jetzt alles, was dieser … Anrufer gesagt hat.«
Der AIVD schien nicht zu wissen, daß Ezrael auf dem Weg in die USA war, schloß Ulrike daraus. Jetzt mußte sie erkunden, was sie von Dexter wußten. »Der Anrufer hat gesagt, daß Dexter im Konsortium der Drahtzieher hinter den Kulissen ist … und dann war da noch etwas. Ich erinnere mich nicht mehr …« Sie rieb sich mit ihrer gesunden Hand die Schläfe und warf einen Blick zu Psychiater Bruijn, auf dessen Glatze Falten erschienen.
»Nannte sich der Anrufer Seraphim?« fragte Timmerman, und nun glaubte Ulrike zu verstehen, was geschehen war. Seraphim hatte Dexter auch beim AIVD denunziert. Das wiederum konnte nur eins bedeuten: Seraphim wollte tatsächlich, daß Dexter aufflog. Die Entscheidung fiel in Ulrikes Kopf wie von allein, sie würde nichts von Ezraels Plan erzählen. Noch nicht. Jetzt glaubte sie, daß Seraphim Ezrael wirklich brauchte, um Dexter zu entlarven. Wenn ihr nun noch etwas einfiele, wie sie verhindern könnte, daß Ezrael den Amerikaner ermordete, würde sich alles regeln lassen.
»Der Name Seraphim kommt mir bekannt vor. Vielleicht hat Ezrael ihn erwähnt, ich bin mir nicht sicher«, sagte Ulrike, als würde sie laut nachdenken. »Ich glaube, daß Ezrael beabsichtigt, die Ermordung von Physikern fortzusetzen.Der Mann ist verrückt, völlig wahnsinnig, er glaubt, irgendeinen göttlichen Auftrag auszuführen.« Ulrike wollte ihren Ohren nicht trauen. Was hatte sie da gesagt? Sie saß hier und log, um einen wahnsinnigen Mörder zu schützen. Begriff sie überhaupt, was sie tat?
»Was hat dieser Seraphim von John Dexter erzählt?« wiederholte Timmerman die Frage, die er schon einmal gestellt hatte.
Es fehlte nicht viel, und Ulrike hätte weggeschaut. »An etwas anderes erinnere ich mich nicht«, sagte sie mit verzweifelter Stimme und hoffte, daß der Mann ihr Zögern für eine Mikrosekunde nicht bemerkt hatte.
Timmerman und Katje de Groot befragten Ulrike bis in die Einzelheiten zu Eamon O’Donnell, seinen beiden Wohnungen und zu allem, was während der letzten beiden Tage geschehen war. Ulrike erinnerte sich an verblüffend viele Details.
»Fällt Ihnen noch etwas ein?« fragte Timmerman am Schluß zum x-tenmal.
Die Schuld lag Ulrike auf der Seele, sie hatte den brennenden Wunsch, zu gestehen, daß sie Ezrael auf Dexter gehetzt hatte. »Eamon hält mich für eine Art … göttlichen Boten. Er glaubt, daß es meine Aufgabe ist, ihm Befehle zu übermitteln. Ich …« Ulrike versagte die Stimme.
Das erste Mal im Laufe des Gesprächs schien es Timmerman unangenehm zu sein, daß er sie unter Druck setzte. »Das kann für uns noch von Nutzen sein«, sagte er voller Mitgefühl und beschloß, den Psychologen das
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