Finnisches Quartett
Verhör weiterführen zu lassen. »Ihr Partner Lasse Nordman erwartet Sie im Hotel. Sie können gehen und sich ausruhen, sobald es Doktor Bruijn erlaubt. Ich schicke vorsichtshalber jemanden mit, der Sie begleitet.«
Ulrike stand auf, da fiel ihr noch etwas ein. »Man hat mich übrigens in dem Haus gesucht, in dem sich der Kellerbefindet. Der Mann sprach englisch mit amerikanischem Akzent …«
Katje de Groot versicherte ihr, sie werde die Sache klären, und Ulrike verließ mit dem Psychiater den Verhörraum. Die Polizisten folgten ihnen gedankenverloren.
Der Lärm in der operativen Zentrale verstummte, als sich Timmerman an der Tür räusperte. »Zunächst die gute Nachricht. Die Befreiungsarmee von Kerala hat nichts mit alldem zu tun. Wir haben soeben von Ulrike Berger erfahren, daß die Bombendrohung nur ein Trick war. Und dann die schlechte Nachricht: Man beabsichtigt, Jaap van der Waal zu töten.«
Ratamo hatte eine Idee. »Vielleicht versucht O’Donnell trotzdem, van der Waal in die Finger zu kriegen.«
»Dieser Seraphim hat der Berger … oder eigentlich O’Donnell doch gesagt, daß er sich um van der Waal kümmert.« Timmermans Gesicht verriet Unsicherheit, er strich sich über seinen Bart.
Ratamo schob sich zur Verblüffung der Holländer einen Priem unter die Lippe. »Wir wissen ja eigentlich gar nicht, was dieser Seraphim O’Donnell gesagt hat. Vielleicht will dieser Verrückte im Kamelhaarumhang van der Waal umbringen, und was er Ulrike Berger über den Inhalt des Anrufs erzählt hat, war gelogen. Woher soll man das wissen. Oder vielleicht lügt die Berger, hattet ihr nicht den Eindruck, daß sie zu wortkarg war … oder zu vorsichtig?«
»Nach derartigen Erlebnissen dürfte kaum jemand in Top-Verfassung sein«, entgegnete de Groot.
Timmerman zeigte mit der Hand auf die Gruppe, die sich vor dem Flip-Chart versammelt hatte. »O’Donnell muß gefunden werden. Laut Ulrike Berger ist der Mann so durcheinander, daß man von ihm alles mögliche erwarten muß. Und die Bewachung von Jaap van der Waal muß intensiviert werden. Koordiniert die Sache mit seinen Sicherheitsleuten«,befahl Timmerman. Ein verschlafen wirkender Ermittler mit Brille verließ gemächlich den Raum.
»Wir müssen die Yankees über diese Vorwürfe gegen John Dexter informieren«, schlug de Groot vor und sah, daß ihr Vorgesetzter nickte.
Alle wandten sich um, als eine junge Frau hereingestürmt kam, die Unterlagen schwenkte und voller Eifer irgend etwas erklärte. Zu Ratamo sagte sie auf englisch: »Von der Österreichischen Staatspolizei ist ein äußerst interessanter Bericht gekommen.«
Timmerman las das Fax und kaute nachdenklich an seiner Oberlippe. »Die STAPO hat von den Amerikanern neue Informationen über Ulrike Berger erhalten. Die Frau hatte Verbindung mit einem E-Mail-Brieffach, in das man sich einzig und allein vom PC in John Dexters Wohnung eingeloggt hat.«
»Hier steht noch mehr«, de Groot unterbrach Timmerman triumphierend, »nach den Tele-Überwachungsdaten, die uns die Amerikaner geschickt haben, hat Dexter während des letzten Jahres siebenundsechzigmal mit Jaap van der Waal gesprochen.«
»Verdammt. Die Denunziation trifft also zu, Dexter ist zumindest irgendwie an diesem Chaos beteiligt.«
Die Dienstreise schien länger zu werden, als er gedacht hatte, vermutete Ratamo. Er wollte Nelli anrufen, um ihr das zu sagen, aber dann fiel ihm ein, daß sie um diese Zeit normalerweise ihre Hausaufgaben machte, und er beschloß, erst am Abend anzurufen. Er fühlte die Anspannung; warum fürchtete er, daß sie erst an der Oberfläche des Misthaufens herumstocherten, obwohl die Spuren der Morde an den Physikern jetzt schon bis in den Machtapparat von Washington führten?
39
Ulrike lag nackt in der Badewanne des Hotelzimmers auf Lasse, die geschiente Hand hing über den Rand. Sie hatten sich eben geliebt, und Lasses Hände reizten sie wieder, doch Ulrike hatte keine Lust auf ein zweites Mal. Eng umschlungen, atmeten sie einander ein, die Gefühle, die Ulrike durchströmten, wirkten abwechselnd erdrückend und dann wieder sanft und zärtlich. Sie war in Sicherheit, an der Seite eines verläßlichen Mannes, der sie schützte.
Am frühen Abend hatte sie ein wenig geschlafen, ein heißes Bad genommen und mit Lasse geschlafen. Das alles hatte sie entspannt und zusammen mit dem Sicherheit bietenden, starken Körper Lasses dafür gesorgt, daß ein Teil des Entsetzlichen, das sich in den letzten Tagen in Ulrikes Seele
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