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Finnisches Quartett

Finnisches Quartett

Titel: Finnisches Quartett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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vorlegte, daß Final Action mit iranischen Terroristen zusammengearbeitet hatte. Durch die Verbindung Lasse Nordmans mit dem Anschlag in Calvert Cliffs würde das leichtfallen. Das Pentagon beging selten zweimal denselben Fehler, es hatte tausendmal mehr Beweise gegen den Iran als seinerzeit gegen den Irak, und auch die drohende Gefahr von Massenvernichtungswaffen brauchte man diesmal nicht zu erfinden – der Iran stand schließlich kurz davor, ein Kernwaffenstaat zu werden.
    Robert Wolferman würde der nächste Verteidigungsminister werden und danach noch wer weiß was …

56
    Drei Minuten nach der Explosion von Ezraels Bombe brannte der eine Giebel von Dexters Haus wie eine Fackel, und ein Teil des Daches war eingestürzt. Die Hitze spürte man auch schon im Arbeitszimmer, obwohl die Flammen noch weit entfernt loderten. Die Leichen Morenos und der zwei Soldaten lagen auf dem Fußboden, und das geronnene Blut auf dem Schreibtisch umgab Dexters Kopf wie ein Heiligenschein.
    Ratamo schmiß die Maus gegen den Monitor des Computers. Moreno hatte die Wahrheit gesagt: Aus Dexters Wohnung bekam man keinerlei Kontakt zur Außenwelt. Er schmeckte den Staub im Mund und versuchte seine Gedanken zu sammeln. Ein Hubschrauber ratterte über demHaus, das dumpfe Dröhnen seiner Rotorblätter vermischte sich mit seinem Puls, der in den Ohren hämmerte. Ihm kam ein düsterer Gedanke: Hatte er mit seinem Vorschlag den Tod zweier Soldaten und Amanda Morenos verursacht?
    Ratamo hielt die Videokamera fest in der Hand. »Die muß aus dem Haus hinausgebracht werden. Hier können jeden Moment noch mehr Soldaten eintreffen.«
    »Die Übergabe der Kassette an die Behörden ist das Ende von Final Action. Und von mir«, murmelte Lasse Nordman mit schwacher Stimme und erwartete vergeblich, daß Ulrike irgend etwas sagte. Nach diesem Tag würden sie sich nie wieder treffen. Das zuzugeben fiel Lasse zumindest genauso schwer wie das Nachdenken über die Folgen seiner Taten: Wie viele Menschenleben wären verschont geblieben, wenn er sich seinerzeit geweigert hätte, Seraphim-Wolfermans Vorschlag für eine Zusammenarbeit anzunehmen? Jorge, Scott und auch Gloria waren gestorben – und wofür?
    Ulrike saß auf dem Fußboden und starrte auf ihre Schuhspitzen. Sie wirkte ruhig und beachtete Lasse überhaupt nicht. Die Trauer drückte in der Brust, sie würde sich später damit beschäftigen, dann, wenn dieser Alptraum vorüber war. Und das war er ganz und gar nicht. Sie hustete und stand auf, als sie bemerkte, daß am Fußboden Qualm hereindrang.
    Ratamo musterte Nordman: Der Mann sah bleich aus, und sein weißes Hemd war von der Taille bis zum Kragen vom Blut verfärbt. Vom Eifer des Offiziers war keine Spur mehr zu sehen, er hatte Lust zu sticheln, daß die Liste der Ehrenmänner in der nächsten Familienchronik der Nordmans heute einen Namen kürzer geworden sein dürfte. Ratamo öffnete die blumengemusterten Gardinen einen Spalt und schaute auf die Straße: In der Nähe des brennenden Hauses gingen etwa zwanzig lebhaft gestikulierende Bewohnerder näheren Umgebung auf und ab. Jemand wagte sich bis an die Haustür heran, aber der Lautsprecher des Armeehubschraubers befahl dem Mann in scharfem Ton, den Platz zu räumen. Die Alarmsirenen waren gedämpft irgendwo in der Ferne zu hören.
    Ulrike schrak aus ihren Gedanken auf. »Die Vertreter der Massenmedien werden auch bald hier sein. Wenn wir ganz ruhig auf die Straße hinausgehen, kann zumindest niemand auf uns schießen.«
    Ratamo glaubte seinen Ohren nicht zu trauen. »Wenn dieses Video den Soldaten in die Hände fällt, werden die Enthüllungen von Moreno niemals an die Öffentlichkeit gelangen. Und ihr zwei werdet ins Gefängnis gesteckt; wenn ihr Glück habt, nicht nach Guantanamo oder Abu Ghraib.«
    »Was können wir tun? Mit dem PC oder den Telefonen bekommt man keinen Kontakt nach draußen«, sagte Ulrike leise. Sie schien den Kampf aufgegeben zu haben.
    »Das muß den Massenmedien übergeben werden.« Ratamo schwenkte die Videokamera in der Hand und appellierte an die anderen: »Versuchen wir es wenigstens. In der Garage steht ein Auto, wir haben noch etwas Zeit, bevor die Soldaten kommen.«
    Ulrike kratzte gleichgültig ihre geschiente Hand. »Gut.«
    Lasse Nordman kämpfte darum, bei Bewußtsein zu bleiben, der Blutverlust schwächte ihn, und die Haut fühlte sich kalt an. Er fror. Nichts würde ihn mehr vor der Verhaftung und den Prozessen retten. Er würde für seine Taten den vollen

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