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Finnisches Quartett

Finnisches Quartett

Titel: Finnisches Quartett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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Papillon, der in seinem Schoß herumhampelte, und wischte sich dann stöhnend den Schweiß vom Gesicht. Der Fußweg von den Aufzügen bis in den Kirchensaal war anstrengend.
    Mary betrachtete den rotgesichtigen Holländer und empfand wie immer so starke Abscheu, daß es sie schauderte. Zum erstenmal lächelte die Verkörperung der Faulheit nicht schmeichlerisch. Die schwarzen Haare, die auf seinem Schädel klebten, und die korpulente Erscheinung ließen van derWaal wie einen Pandabär aussehen. Mary wunderte sich, daß er sie hier treffen wollte, nur ein paar Häuserblocks von Ezraels Wohnung entfernt. Damit wollte er doch nicht etwa andeuten, daß er wußte, wo Ezrael wohnte, dachte Mary erschrocken. Ezrael war ihre Lebensversicherung. Sie hatte van der Waal nachdrücklich zu verstehen gegeben, daß der Engel des Zorns sie rächen würde, wenn ihr irgend etwas zustieß. Und außerdem war das Beweismaterial, das sie gegen van der Waal und dessen amerikanischen Kooperationspartner John Dexter gesammelt hatte, in Ezraels Wohnung versteckt. Je größer ihre Besorgnis wurde, um so mehr gierte sie nach einer Zigarette.
    Eine japanische Touristengruppe knipste in einigen Minuten Fotos im Umfang von etlichen Gigabyte und verließ dann die Kirche im Gefolge ihrer Führerin wie Küken hinter ihrer Entenmutter. Als Mary sah, daß van der Waal freundlich lächelnd nickte, wählte sie die Bankreihe hinter ihm, kniete nieder, bekreuzigte sich und setzte sich hin.
    »Wann schlägt der Engel des Zorns zu?« Van der Waal kam in seinem Englisch mit niederländischem Akzent sofort zur Sache.
    »Ich weiß die Uhrzeit nicht genau, vermutlich in diesem Moment.«
    Auf van der Waals wohlwollendem Gesicht tauchte kurz ein Ausdruck der Unzufriedenheit auf, als er die Schnauze seines knurrenden Papillons streichelte. »Nach unserem letzten Treffen ist viel geschehen. Der AIVD hat einen der Aktivisten, Nordman, gefaßt, aber der Frau, Ulrike Berger, gelang die Flucht aus Meijendel. Jetzt ist sie hier in Amsterdam und versucht Kontakt zu ihren Freunden aufzunehmen, die im WTC-Gebäude arbeiten. Dank meinem Kooperationspartner und seinen … Informationsquellen sind wir der Polizei einen Schritt voraus.« Van der Waal legte eine Pause ein, um dem Befehl, den er gleich erteilen würde, Gewichtzu verleihen. »Das nächste Objekt für den Engel des Zorns ist Ulrike Berger.«
    »Ich habe dem Engel des Zorns die Informationen zu Ulrike Berger schon am Morgen gegeben, aber wir brauchen Zeit. So ein Plan entsteht nicht in ein paar Minuten, ich muß …«
    Van der Waal wollte keine Widerrede hören. »Uns ist auch eingefallen, wie wir den dritten Aktivisten, diesen Nordman, umbringen.«
    »Ach so?« Mary versuchte ihre Verärgerung zu unterdrücken, die Situation geriet außer Kontrolle. Ezrael konnte nicht jeden Tag Anschläge ausführen, sie mußten sorgfältig geplant werden, sonst geriet ihr Bruder in allzu große Gefahr.
    »Ich werde den Behörden im Namen von Dutch Oil mitteilen, daß wir keine Forderungen gegen die Aktivisten erheben. Dann muß der AIVD Nordman über kurz oder lang freilassen, und der Engel des Zorns kann seine Arbeit ausführen.« Van der Waal schrak zusammen, als der Hund ihm in den Finger biß.
    »Wird sich die Polizei nicht wundern, wenn Dutch Oil keine Klage erhebt?« fragte Mary.
    »Das ist egal. Ich werde ihnen vorlügen, daß nicht besonders viel Schaden verursacht wurde. Und ich kann beispielsweise sagen, daß wir dank dem Anschlag in unseren Systemen beim Datenschutz Löcher gefunden haben. Die Polizei wird sich nicht wundern, daß wir die Angelegenheit begraben wollen, denn ein Prozeß würde Dutch Oil Negativschlagzeilen bringen, und zwar haufenweise. Sorgen Sie dafür, daß Ulrike Berger ums Leben kommt«, sagte van der Waal, schenkte Mary ein aufrichtiges Lächeln und verließ in Begleitung von Pieter die Kirche.
    Irgend etwas an van der Waal widerte sie außergewöhnlich stark an. Vermutlich war es die Verbindung von Macht,Schlaffheit und Reichtum. Sie haßte die Männer, denn die verwendeten all ihre Energie darauf, Sex zu haben, um Eigentum anzuhäufen und andere im Wettbewerb um den höchsten Lebensstandard zu übertreffen. Die Monogamie war für die Männer nur ein notwendiges Übel, eine Festlegung, gegen die sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit verstießen. Die Männer begünstigten jene, die ihnen ähnelten, und versuchten jene zu unterdrücken, die anders waren. Das hatte auch Fergus getan.
    Für Mary

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