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Finnisches Requiem

Finnisches Requiem

Titel: Finnisches Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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staatlichen Einrichtung gibt es besseres Essen als bei uns«, prahlte die Frau, als sie Kuurmas Lächeln hinter einer Gabel voll Salat sah. Zufrieden verließ sie die beiden.
    »Faul ist die Wirtin nun wirklich nicht, sie macht sich sogar die Mühe, sich selbst zu loben«, witzelte Ratamo. »Alle sind mit diesem Pamps zufrieden außer den Männern und Frauen.«
    »Ein Pessimist ist nie enttäuscht«, sagte Riitta aus Pflichtgefühl.
    »Die Suppe nehme ich nicht in den Mund. Da esse ich sie lieber.« Das Meckern über das Kantinenessen war eine Tradition bei der SUPO, die Ratamo ernst nahm.
    Kuurma und Ratamo aßen allein Mittag. Die Wirtin hatte ihnen freundlicherweise eine Spinatsuppe serviert, obwohl sie erst eine halbe Stunde nach dem Ende der Mittagszeit gekommen waren.
    Ratamo bekam auch die beiden halben Eier von RiittasTeller und schaufelte die längst kalt gewordene Suppe gierig in sich hinein. Ismo Varis würde gleich zum fünften Mal verhört werden. Ratamo glaubte nicht, daß sie aus dem Mann irgend etwas herausbekamen, bevor die SUPO einen handfesten Beweis fand, der ihn mit den Morden an den Kommissaren in Verbindung brachte. Dennoch erwartete er das Verhör voller Spannung. Der Fanatismus von Varis faszinierte ihn. Es war interessant, einen Menschen zu hören und zu beobachten, der sein Leben dem Kampf für seine Prinzipien gewidmet hatte. Dabei kam sich Ratamo ziemlich unbedeutend vor.
    Das Essen schmeckte Riitta tatsächlich nicht. Sie kaute den Kürbissalat ohne Appetit, die kalte Spinatsuppe würde sie nicht anrühren. Ihre Gedanken kreisten um Hannele Taskinen und um Wrede. Sie versuchte mit aller Macht ihre Wut auf Wrede zu zügeln. Der Schotte hatte nicht zugelassen, daß sie dem ungarischen Sicherheitsdienst eine Anfrage zu dem finnischen Kriminellen in Budapest schickte. Nach Wredes Meinung lohnte es sich nicht, für die Überprüfung von Taskinens Geschichte Zeit zu verschwenden. Die Frau hätte sich ja auch erst im nachhinein an die Schauplätze der Kommissarenmorde erinnert. Wrede hielt Taskinen für eine Verrückte. Schizophrenie sei immer noch besser als das Alleinsein, hatte er gesagt. Arschloch.
    Plötzlich kam Loponen schnaufend in die Kantine gepoltert. »Ich soll euch von Ketonen sagen, daß Kommissar van den Brink in Capri ermordet wurde.«
    Kuurma begrub ihr Gesicht in den Händen. Ihr war klar, daß sie die Chance ihres Lebens wie eine Brieftaube aus der Hand gegeben hatte. Capri. Hannele Taskinen hatte am Morgen versucht ihr zu sagen, daß man Hans van den Brink in Capri ermorden würde. Hannele Taskinen wußte, wer der Mörder war.
     
    In der Nähe der Fleminginkatu 13 fand sich kein freier Parkplatz, also hielt Ratamo vor dem Hauseingang. Die Freunde des Bieres strömten in die Kneipen von Kallio, obwohl es erst kurz vor vierzehn Uhr war. Allein in seinem Blickfeld zählte er sechs Lokale.
    Seit Himoaaltos Umzug vom Torkkelinmäki nach Espoo im Frühjahr 1995 waren in Kallio anscheinend etliche neue Kneipen auf der Bildfläche erschienen. Ratamo fühlte sich hier wohl. In dieser bunten Gesellschaft konnte man sich so geben, wie man war, und brauchte nicht irgendeine Rolle zu spielen. Und er war in Kallio nie in ein Handgemenge, nicht einmal in ein Wortgefecht geraten, obgleich sie seinerzeit mit Timo selbst die allerschlimmsten Schnapshöhlen abgeklappert hatten. Sogar ein vom Alkohol Benebelter war eben kaum begierig darauf, dem Zweimetermann Himoaalto an den Kragen zu gehen.
    Ratamo beobachtete amüsiert einen jungen Mann in einer mit Nieten beschlagenen Lederjacke und engen schwarzen Jeans, der aus dem Restaurant Kranichflug geschwankt kam. Seine grellrot gefärbten Haare sahen aus, als hätte man sie mit dem Rasenmäher geschnitten. »Der hat irgendwo einen blinden Friseur gefunden«, sagte Ratamo.
    Riitta war nicht zum Lachen zumute. Sie ging im Kopf die Unterhaltung vom Vormittag in der psychiatrischen Poliklinik noch einmal durch. Taskinen hatte behauptet, ein in Budapest lebender Finne sei in die Morde an den Kommissaren verwickelt. Die SUPO wußte nichts von einem Finnen in Budapest. Wenn Taskinens Hinweis stimmte, dann mußten sie bei den Ermittlungen mit fast leeren Händen wieder von vorn anfangen. Und es gab schon drei Opfer. Wrede würde sicherlich einen Sündenbock suchen, wenn klar war, daß Ismo Varis nichts mit den Morden an den Kommissaren zu tun hatte. Riitta machte sich Sorgen, er könnte ihr vorwerfen, sie habe den Hinweis von Taskinenvernachlässigt. Ihr

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