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Finnisches Requiem

Finnisches Requiem

Titel: Finnisches Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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aber auch die Ärztin erwartete eine Antwort. Hannele trank einen Schluck Wasser aus einem schmutzigen Glas und schaute auf ihre Füße. Der linke Strumpf hatte ein Loch, ihre große Zehe war zu sehen. Sie schämte und fürchtete sich so sehr, daß ihr der Atem stockte. Hatte sie die einzige gute Sache in ihrem Leben verdorben? Natürlich, was sonst konnte man von ihr schon erwarten. Plötzlich bombardierte ihr Gehirn sie mit schrecklichen Gedanken. Pastor hatte sich Jahr für Jahr immer mehr zurückgezogen. Wer weiß, was der Mann auf seinem Landgut alles angestellt hatte. Die Nacht im Frühsommer, als er blutig geschlagen bei ihr aufgetaucht war, bekam nun eine ganz neue Bedeutung.
    »Wo wird der nächste Mord begangen?« fragte Ratamo.
    »Ich weiß es nicht mehr. Der Name der vierten Stadt würde mir bestimmt einfallen, wenn ich ihn zufällig höre oder lese. So war es auch im Fall von Capri«, sagte Hannele mit kaum hörbarer Stimme.
    Kuurma überlegte, warum Taskinen über alles andere sprach, nur nicht über die Quelle ihrer Informationen. Ihrwar nicht klar, wie eine Frau, die den ewigen Teufelskreis von einer Klinik in die andere durchlaufen hatte, einen Kriminellen aus Budapest kennenlernen konnte.
    »Wir helfen Ihnen. Wenn es sein muß, gehen wir alle europäischen Länder und Städte zusammen durch, bis Ihnen die Stadt einfällt. Aber Sie müssen den Namen Ihrer Quelle nennen.«
    Hannele versank wieder in Schweigen. Jetzt wirkte ihr Gesichtsausdruck entschlossen.
    Kuurma entschied sich dafür, daß jemand anders Taskinen nach ihrer Quelle und nach dem Namen des nächsten Tatorts ausfragen sollte. Jetzt mußte schnellstens geklärt werden, wer Peter Seppälä war. Und für wen er arbeitete.
    Hatten sie den Mann gefunden, der die Morde an den Kommissaren ausführte?

27
    Im Raum A 310 knisterte es vor Spannung. Die SUPO hatte einen neuen Verdächtigen. Zur Zeit wurden Informationen über Peter Seppälä und »Krešatik« gesammelt. Wrede hielt einen Bericht des italienischen Nachrichten- und Sicherheitsdienstes SISD über die Bluttat von Capri in der Hand. Ketonen mußte jeden Augenblick kommen. Es war kurz vor fünfzehn Uhr. Die drei Ermittler warteten schweigend.
    Riitta Kuurmas Gesicht war noch gerötet: Wrede hatte sie eben in Ratamos Anwesenheit beschimpft und ihr vorgeworfen, sie hätte die Ermittlungsgruppe nicht ausführlich genug über ihr Treffen mit Taskinen und Itälä informiert. Er schien vollkommen vergessen zu haben, daß er Taskinens Geschichte noch vor wenigen Stunden für völlig bedeutungslos gehalten hatte.
    Für Riitta war das Maß voll. Sie spürte das erste Mal eine Abneigung gegen ihre Arbeit. Zwischen den Mitarbeiternder SUPO, die in kleinen Gruppen unter großem Streß arbeiteten, kam es dann und wann zu Streitigkeiten. Das war menschlich. Wrede hingegen verursachte ständig Konflikte. Jemand mußte hier eingreifen, oder sie würde ihre Versetzung beantragen. Riitta versuchte an Ratamo und Nelli zu denken. Das wirkte beruhigend.
    Ratamo tat seine Lebensgefährtin leid. Wrede hatte sich in seiner Taktlosigkeit einmal mehr selbst übertroffen. Ratamo neigte nicht zur Gewalttätigkeit, aber jähzornig war er schon. Wenn er den gestrigen Zwischenfall mit dem Fax nicht noch frisch in Erinnerung gehabt hätte, wäre er kaum imstande gewesen, sich zu beherrschen. Er streichelte Riittas Handrücken.
    »Auf Arbeit braucht ihr euch nicht zu betatschen. Man sollte annehmen, daß dafür zu Hause genug Zeit ist.« Wrede schüttete noch Öl ins Feuer.
    Ratamo sprang auf, langte über den Tisch und wollte Wrede gerade am Westover packen, da ging die Tür auf.
    Die Gläser auf dem Beratungstisch klirrten, als Ketonen die Tür zuknallte. Er starrte Wrede an wie ein Raubtier, das eine Beute entdeckt hat, und drückte seine Hosenträger mit beiden Händen so fest, daß die Knöchel weiß wurden. »Du hast also mit dem Abteilungsleiter im Ministerium geplaudert«, sagte er leise.
    Wrede wurde schlagartig so rot, daß die Sommersprossen in seinem Gesicht verschwanden. »Ich wollte ja nur …«
    Ketonen hob den Zeigefinger vor sein Gesicht wie eine Waffe. »Nun hör mir mal gut zu. Du hast anscheinend auf ein Pferd gesetzt, das schon den Stempel der Wurstfabrik trägt. Von jetzt an sprichst du nur noch, wenn ich den Befehl dazu gebe. Und ich übernehme wieder die Verantwortung für die operative Arbeit bei den Ermittlungen.«
    Ketonen setzte sich hin, starrte Wrede an und versuchte sich zu beruhigen. Die

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