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Finnisches Requiem

Finnisches Requiem

Titel: Finnisches Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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Gedankengang wurde unterbrochen, als Irmeli Itälä vor ihr auftauchte. Sie stellte Ratamo der Ärztin vor.
    Taskinen öffnete nicht, obgleich Kuurma wie besessen auf den Klingelknopf drückte. Riitta fürchtete schon, einen Fehler begangen zu haben, als sie der Ärztin erlaubt hatte, ihren Besuch vorher anzukündigen.
    Endlich waren in der Wohnung Geräusche zu hören; die Kette wurde entfernt, und die Tür ging langsam auf. Dumpfe, stickige Luft schlug ihnen entgegen. Taskinen schien Angst vor den Gästen zu haben. Ihre nassen Haare hingen bis auf die Schultern. Kuurma schaute in ihr ungeschminktes Gesicht und stellte erneut fest, daß Hannele Taskinen tatsächlich eine schöne Frau war.
    Itälä sagte etwas Beruhigendes zu Taskinen, während die beiden SUPO-Mitarbeiter versuchten einen Platz zu finden, auf den sie sich setzen konnten. Nur ein Sessel vor dem Fernseher war frei. Auf dem Sofa und den anderen Stühlen lagen Kleidungsstücke, Zeitungen und aller möglicher anderer Kram herum. Kuurma hätte am liebsten das Fenster geöffnet, begnügte sich dann aber damit, das Licht anzuschalten. Ratamo bestaunte verblüfft die an den Wänden hängenden Bilder und Fotos von Kühen und die überall in der Wohnung herumstehenden Kuh-Skulpturen. Ihm fiel nicht ein einziges Utensil zum Thema Kuh ein, das in der Einzimmerwohnung nicht mindestens doppelt vertreten gewesen wäre. Es fehlte nur noch, daß aus den Lautsprechern der Stereoanlage Eppu Normaalis Rocksong vom surfenden Kuhmagen erklang. Ob er sich als Gesellschaft für Elvis und Lenin eine Kuhbüste besorgen sollte?
    »Ihr Hinweis stimmte. In Capri ist ein Kommissar ermordet worden.« Kuurma machte eine Pause, um ihren Worten Nachdruck zu verleihen. Sie blickte Taskinen einen Moment durchdringend an und fuhr dann fort. »Jetzt müssen Sie alleserzählen, was Sie wissen. Wie ist der Name des finnischen Kriminellen, der in Budapest lebt? Woher haben Sie von den Morden erfahren? Und wo soll der nächste Mord geschehen?« Kuurma fiel es schwer, Taskinen unter Druck zu setzen. Mitgefühl hatte sich eingeschlichen und ließ sich nicht wieder vertreiben.
    Hannele rutschte auf ihrem Stuhl hin und her und schaute hilfesuchend zu ihrer Psychiaterin. Die Selbstvorwürfe überfielen sie mit solcher Wucht, daß es sie schüttelte. War es doch ein Fehler gewesen, Irmeli von ihrem Verdacht zu erzählen? Hatte sie einmal mehr eine falsche Entscheidung getroffen? Jetzt wurde sie unter Druck gesetzt wie ein Verbrecher. Diese beiden Menschen standen ebenfalls nicht auf ihrer Seite. Aber sie würde es auch nicht ertragen, wenn noch mehr Morde ihr Gewissen belasteten. Es wäre kein Verrat an Pastor, wenn sie den Namen seines Freundes preisgab. Wer weiß, ob der überhaupt etwas mit den Morden an den Kommissaren zu tun hatte. Vielleicht bildete sie sich doch alles nur ein. Wenn sie Pastor bloß erreichen könnte. Warum ging er nicht ans Telefon?
    »Hannele. Diese Sache ist so ernst, daß du reden mußt«, sagte Itälä eindringlich.
    Ratamo fiel ein, was er in der Vorlesung über die Grundlagen des Strafrechts gelernt hatte: »Wer einen Straftäter schützt, kann sogar zu einer Gefängnisstrafe verurteilt werden.« Damit wollte er Taskinen Angst machen, wenngleich er sich nicht sicher war, ob er den Paragraphen richtig in Erinnerung hatte. Er sah ihr Gesicht nun zum erstenmal aus der Nähe: Die Frau konnte nicht verbergen, wie sehr sie sich bedrängt fühlte. Daß Hannele hübsch ist, hat Riitta nicht erwähnt. Typisch, dachte Ratamo. Eine Frau lobte nie das Aussehen einer anderen.
    Taskinen brach in Tränen aus und stammelte, sie habe nichts Ungesetzliches getan. Es sei nicht ihre Schuld, wenn man ihr etwas erzählte.
    Itälä beruhigte ihre Patientin eine Weile und bat sie dann flehentlich, alles zu sagen.
    Ratamo bereute seine Bemerkung. Er betrachtete die weinende Frau und versuchte sich vorzustellen, wie schön sie aussehen würde, wenn sie es wollte. Das Mitleid stimmte ihn milde.
    »Der Finne, der in Budapest lebt, heißt Peter Seppälä. Oder der Halbfinne … wie sagt man da … sein Vater ist Serbe«, erklärte Hannele abgehackt. »Er arbeitet in irgendeiner Organisation namens ›Kreštik‹ oder ›Krešatik‹.« Jetzt war es heraus. Sie hatte Angst.
    Das erste Mal während der ganzen Ermittlungen hatte Kuurma das Gefühl, eine richtige Spur zu verfolgen. Das erfüllte sie mit neuer Energie. »Woher wissen Sie das alles?«
    Hannele blickte wieder hilfesuchend zu Itälä,

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