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Finnisches Requiem

Finnisches Requiem

Titel: Finnisches Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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Wunde bedeckte, dann hinkte er unter die Dusche. Das Rohr der Dusche knarrte, das Wasser hatte nur wenig Druck, war kühl und roch nach Schwefel. Er wusch sich zweimal unter dem dürftigen Rinnsaal, dann rasierte er sich. Nach der Dusche war die Haut so weich, daß man sich mit dem Rasiermesser nicht so leicht schnitt. Der Geruch des Deodorants und des Rasierwassers und die unruhigen Gedanken folgten dem nackten Mann in den einzigen Sessel des Kabuffs.
    Den Schmutz und den Gestank war er losgeworden, aber die Wut auf die Politiker nicht. Es war beklagenswert, daß ausgerechnet das kleine Finnland zu den Ländern zählte, dieder Entwicklung der EU zu einem Bundesstaat am wohlwollendsten gegenüberstanden. Das derzeitige Regierungsprogramm enthielt nicht einmal mehr die Forderung, daß die Europäische Union als Zusammenschluß unabhängiger Staaten entwickelt werden sollte.
    Die finnischen Politiker drängten den EU-Institutionen und vor allem der Kommission ihre Entscheidungsbefugnisse und Finnlands Unabhängigkeit geradezu auf. Finnland hatte noch nicht ein einziges Mal die Umsetzung auch nur einer EU-Entscheidung mit der Begründung abgelehnt, daß sie im Widerspruch zu den vitalen nationalen Interessen Finnlands stehe. Die finnischen Politiker begriffen nicht, was die europäischen Großmächte anstrebten: Die großen Mitgliedsländer würden alle Macht in der EU an sich reißen. In der Union gab es von vielen Seiten Pläne für eine eigene EU-Regierung und einen Präsidenten. Die Entwicklung der EU verlief in Richtung einer Diktatur der großen Staaten. Die führten schon jetzt ihre eigenen Konferenzen durch, ohne die kleinen und unwesentlichen Mitgliedstaaten wie Finnland. Das entsprach nicht den Interessen seines Landes, sondern denen des Eroberers.
    Finnland würde der EU als Geschenk überreicht. Er kannte die Wahrheit. Und würde sich für sie opfern. Jeder Mord an einem Kommissar war gerechtfertigt. Er tötete keine Menschen, sondern Politiker, die sein Leben zerstört hatten. Politiker waren wie Fische, die stanken vom Kopf her.
    Das Nachdenken über diese ganze Ungerechtigkeit brachte ihn so in Rage, daß sein Gesicht wie Feuer brannte. Er humpelte auf die Toilette und drehte den quietschenden Wasserhahn auf. Es dauerte eine Weile, bevor das rostige Braun aus dem laufenden Wasser verschwand. Er spülte sich das Gesicht kalt ab und versuchte sich zu beruhigen. Das Wasser roch noch abgestandener als in der Dusche.
    Ein Problem mußte er jetzt sofort lösen. Drina hatte gesagt, er habe Zweifel an den Motiven von Zoran Jugović. Wurde Drina getäuscht? Pastor hatte angenommen, er würde zum Kreis der Eingeweihten von »Krešatik« gehören. Und wenn Jugović seinen Freund nun wie eine Schachfigur benutzte? Sollte Drina etwas zustoßen, würde der vierte Mord vielleicht nicht ausgeführt, und er könnte seine letzte Botschaft nicht hinterlassen. Das durfte nicht geschehen.
    Man mußte in Erfahrung bringen, was für ein Spiel die Beteiligten spielten, wenn man selbst mitspielen wollte.

32
    An der ESSO-Tankstelle von Saukkola verließ Riitta Kuurma die Straße nach Turku und bog in Richtung Westen ab. Die aufgehende Sonne schien ihr durch das Seitenfenster in die Augen. Es war sieben Uhr, und sie fuhr nach Karjalohja, um Peter Seppäläs Mutter zu treffen. Zum Glück hatte Maija-Liisa Seppälä nichts dagegen, daß sie so früh kam. Die Rentnerin behauptete, sie wache jeden Morgen auch ohne Wecker um fünf auf. In der Fabrik habe sie all die Jahre Frühschicht gehabt und könne deswegen immer noch nicht länger schlafen. Auch an anderen Frontabschnitten ging es bei den Ermittlungen voran: Sotamaa blätterte mit Hannele Taskinen in Atlanten, auf der Suche nach dem Ort des nächsten Mords.
    Riitta dachte über Taskinens Leben nach und über das von Varis. Nach Wredes Ansicht war Varis ein verrückter Fanatiker, obgleich der Mann für gesund gehalten wurde. Taskinen wiederum galt nach Auffassung der Ärzte als krank, Riitta jedoch hielt sie eher für sensibel. Warum mußte man Menschen überhaupt klassifizieren? Machte sie es sich zu einfach, wenn sie Wrede als Idioten verurteilte? Gestern hatte er sie für sein Verhalten der letzten Tage aufrichtig um Entschuldigunggebeten. Vielleicht war all der Streß, den der Schotte in der letzten Zeit ertragen mußte, zuviel für ihn gewesen.
    Riitta war müde. Bis in die frühen Morgenstunden hatte sie sich im Bett hin und her gewälzt. Sie staunte, wie schnell Arto so

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