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Finnisches Roulette

Finnisches Roulette

Titel: Finnisches Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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zu Hause auf die Polizei? Er wird bestimmt wegen Totschlags oder Mordes verurteilt, wenn sich nichts Neues mehr ergibt.«
    Saara Lukkari war der Meinung, daß sich Rossis Schuld bestätigen könnte, wenn das kriminaltechnische Labor die Spuren im Aufzug, an der Leiche Berningers und in Rossis Wohnung analysiert hatte und wenn der Obduktionsbericht fertig war. »Vorläufig weist alles darauf hin, daß Rossi der Mörder ist. Der Mann hat Berningers Tasche mitgenommen und Beweise vernichtet, da er geduscht und seine Sachen gewaschen hat, als er wieder zu Hause war.« Sieschwenkte den Bericht der Kriminalpolizei in der Hand wie die endgültige Wahrheit.
    »Was ist dieser Rossi für ein Mann?« Ratamo schaltete sich in das Gespräch ein, und im selben Moment erklang auf seinem Handy die Melodie von Bob Marleys »One love«. Seine Kollegen warteten geduldig, bis Ratamo das Telefon aus der Tasche geholt, Elinas Namen gesehen und ächzend ausgeschaltet hatte. Dann faßte Saara Lukkari für Ratamo die Hauptpunkte von Rossis Personenprofil zusammen und reichte ihm eine Kopie des Dokuments.
    Wrede wirkte nachdenklich. »Sollten wir vielleicht kurz auch die Alternative in Erwägung ziehen, daß Berninger Rossi wirklich gebeten hat, sich um die Tasche zu kümmern?«
    »Warum zum Teufel hätte er das tun sollen?« zischte Ratamo so heftig, daß er einen schneidenden Schmerz in den Schläfen spürte. »Es ist weder ein Verbrechen, einen Herzanfall zu bekommen noch Bargeld mit sich herumzutragen.«
    Wrede versuchte sich zu beherrschen. Er hatte schon vergessen, was für ein ewiger Querulant Ratamo war. »Vielleicht war es schmutziges Geld, oder Berninger wollte es für irgend etwas Gesetzwidriges verwenden«, fuhr er ihn an. »Oder vielleicht wurde der Mann erpreßt, er ist ja Diplomat. Es gibt eine Million möglicher Motive.« Dann gab er Saara Lukkari den Befehl, über Berninger zu berichten.
    Die Ermittlerin referierte, daß Dietmar Berninger 1943 in Hamburg geboren wurde, an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt Sozialwissenschaften studiert und nach Abschluß seines Studiums 1969 im Außenministerium angefangen hatte. Bevor er nach Finnland kam, hatte Berninger verschiedene Aufgaben in Deutschland erfüllt und drei Auslandseinsätze absolviert: in China, Tansania und Polen. Seine Ex-Frau und sein Sohn hatten monatelang nichts von ihm gehört, und finnische Freunde besaß Berningernicht. Er war seit 1982 geschieden, hatte angefangen zu trinken und mußte 1984 für ein Jahr in die Disponibilität.
    »Wohin?« fragte Ratamo verwundert, während zugleich sein Blick auf Grashalme fiel, die an seinen Hosenbeinen hingen.
    »In die Dispo. Das heißt, man hat ihn ein Jahr lang auf Eis gelegt.«
    »Findet sich im Vorleben des Mannes irgend etwas Unklares? Kontakte zu Kriminellen, zu Organisationen, irgend etwas?« drängte Wrede.
    »Zumindest bisher nicht. Laut BKA gibt es bei Berninger jedoch eine interessante Verbindung zur Wirtschaft«, sagte Saara Lukkari. »Der Mann saß über dreißig Jahre im Vorstand des großen deutschen Pharmaunternehmens H & S Pharma, bis er vor zwei Monaten bei Umbesetzungen nach dem Tod Werner Halberstams, des Haupteigentümers der Firma, seinen Posten aufgeben mußte. Bei der Hauptversammlung hat Berninger große Schwierigkeiten gemacht.«
    »Das kann ein wichtiger Fakt sein«, sagte Wrede und forderte seine Ermittlerin auf, sich nach dem Pharmaunternehmen zu erkundigen.
    »Das habe ich schon.«
    »Gute Arbeit.« Wrede war begeistert.
    Saara Lukkari strahlte. »Werner Halberstam und Johann Schultz gründeten H & S Pharma 1969 als junge Doktoren der Medizin, daher die Abkürzung H & S. Der Umsatz des Unternehmens überstieg im letzten Jahr eine Milliarde Euro. Die Firma hat etwa dreitausend Beschäftigte, davon arbeiten fünfhundert im Bereich der Forschung und Entwicklung. Die Haupterzeugnisse sind Aids- und Malariamedikamente. Ein Tochterunternehmen von H & S Pharma, Genefab, hält man für eine der vielversprechendsten Biotechnologiefirmen der Welt«, las die Ermittlerin aus ihrenUnterlagen vor. »Genefab nutzt die Gentechnologie für die Entwicklung neuer Medikamente und die Kartierung des Erbguts bestimmter Völker, für Untersuchungen zur Verlängerung des menschlichen Lebensalters und für die Weiterentwicklung der Embryoforschung.«
    »Das Erbgut welcher Völker untersucht die Firma?« Ratamos Interesse erwachte. Seine Vergangenheit als Arzt würde er nie loswerden, obwohl er schon

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