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Finnisches Roulette

Finnisches Roulette

Titel: Finnisches Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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letzte Generalreparatur erst elf Monate zurücklag. In Ratamos Kopf hämmerte es trotz der Schmerztabletten; sein Durst schien unstillbar, vor Müdigkeit waren seine Augenlider geschwollen, und die Sorgen ließen ihm keine Ruhe. Er hatte das Gefühl, mit dem Fahrrad durch die Waschstraße des Lebens zu fahren.
    Ratamo parkte seinen blechernen Gefährten, ging zum Aufzug und steckte den Schlüssel ins Schloß. Er verfluchte Erik Wrede zum tausendstenmal, seit der zweite Mann der SUPO ihn auf der Mittsommerfeier in Rymättylä angerufen und nach Helsinki beordert hatte. Immerhin war das ein Feiertag, der Mittsommertag, und außerdem plagte ihn der Kater des Jahrhunderts. Am Telefon hatte Wrede nur gesagt, irgendein deutscher Diplomat sei gestern im »Forum« ermordet worden. Hoffentlich waren diese Ermittlungen bloße Routine, sein Urlaub war schon so nahe, daß er es kaum noch erwarten konnte.
    Ratamo wußte genau, warum er wieder mal einen freien Tag opfern mußte. Er war Wrede ein Dorn im Auge. Der Schotte hielt ihn für einen Günstling des Chefs, weil Ketonen ihn damals durch die Hintertür in die SUPO geholt und ihm dann auch noch die Möglichkeit geboten hatte, neben seiner Arbeit die Polizeischule und die Prüfung für den gehobenen Polizeidienst zu absolvieren. Zu seinem Ärger mußte sich Ratamo eingestehen, daß Wrede nicht ganz unrecht hatte.
    Seine Zukunftsaussichten in der SUPO stimmten ihn mißmutig. Jussi Ketonen würde in einem Jahr in Rentegehen, und Wrede könnte der neue Chef der Sicherheitspolizei werden. Vermutlich würde das rothaarige Sommersprossengesicht versuchen, auch ihn wegzuekeln; Riittas Umzug nach Holland lag zumindest teilweise an Wrede. Ratamo fiel eine ganze Flut von Spitznamen ein, die viel bissiger waren als »Schotte«. Doch plötzlich mußte er daran denken, was am kommenden Montag mit Jussi Ketonen geschehen würde; seine Miene hellte sich auf, und er lächelte.
    Der Aufzug hielt im vierten Stock. Die Besprechung begann um vier Uhr, Ratamo kam eine halbe Stunde zu spät, hatte aber nicht die Absicht, die Verantwortung für die Fahrpläne der Bahn zu übernehmen. Er klopfte an der Tür des schallisolierten Beratungsraumes A 310 an, trat ein und sah auf dem ovalen Beratungstisch ein Meer von Unterlagen. Außer Wrede saß in dem Raum nur der neueste Zugang unter den Ermittlern der SUPO, Saara Lukkari, deren Körper durchtrainierter aussah als der ihrer meisten männlichen Kollegen. Ratamo erinnerte sich, gehört zu haben, daß die Frau ernsthaft Aerobic betrieb.
    »Du siehst ja so frisch aus wie ein Misthaufen am Schweinestall«, rief Wrede gutgelaunt.
    Ratamo murmelte etwas, warf den Priem in den Mülleimer und öffnete eine Flasche Mineralwasser. Was hatte das zu bedeuten, der Schotte meckerte nicht einmal, obwohl er zu spät kam. »Dein Westover ist hinten zerknittert«, erwiderte Ratamo seinem Vorgesetzten.
    Wrede tat so, als hätte er nichts gehört. »Ich habe am Mittsommertag sonst niemand erreicht.«
    Ratamo bezweifelte, daß der Schotte das überhaupt versucht hatte.
    Saara Lukkari, die ihre Unterlagen ordnete, erhielt von Wrede die Erlaubnis anzufangen, und Ratamo hörte eine Zusammenfassung der bisherigen Ermittlungen. ZumSchluß konstatierte seine Kollegin, daß in den Verhören der Freunde Rossis und seiner Frau nichts Wichtiges aufgetaucht sei und daß die SUPO bisher auch die Möglichkeit nicht ausschließen könne, daß im Aufzug nach dem Verschwinden Rossis und vor dem Eintreffen des Notarztes etwas passiert sei. Keine einzige Überwachungskamera am Kukontori habe den Platz vor den Aufzügen erfaßt.
    Die Ermittlerin wartete einen Augenblick auf Fragen, und als keine gestellt wurden, fuhr sie fort. Ein Computerfachmann der Abteilung für Informationsmanagement habe in der Kamera des dritten Aufzugs im »Forum« und im Zentralcomputer des Überwachungssystems keinen Fehler gefunden, somit schien es sicher, daß man die Bilder von der Ermordung Berningers absichtlich gelöscht hatte. »Das beweist, daß die Tat im voraus geplant worden ist. Am Zentralcomputer hatte der Wachmann Tero Söderholm Dienst. Er muß Rossis Komplize sein«, sagte Saara Lukkari im Brustton der Überzeugung.
    Wrede dachte einen Augenblick nach. »Irgend etwas ist hier faul. Warum wurde der Raubmord nicht irgendwo weit entfernt von Überwachungskameras und Zeugen begangen? Aus Rossis Sicht ergibt der Plan keinen Sinn. Warum zum Teufel versteckte er die Tasche nicht, sondern wartete mit dem Geld

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