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Finnisches Roulette

Finnisches Roulette

Titel: Finnisches Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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abgekauft, und Werner Halberstam hatte seiner Ehefrau Anna eine fast genauso große Aktienmenge hinterlassen.
    »Erkundige dich auch nach dieser Future Ltd. und finde weitere mögliche Motive für den Mord an Berninger heraus«, befahl Wrede der jungen Ermittlerin. »Die Pharmafirma muß nicht unbedingt mit dem Verbrechen zusammenhängen.« Der Schotte starrte eine Weile nachdenklich auf seine Unterlagen und schreckte schließlich auf. »Ich war wohl etwas in Gedanken versunken.«
    Das ist ja für dich ein ganz unbekanntes Terrain, hätte Ratamo am liebsten gesagt, verkniff sich aber die Bosheit.
    Der Schotte wandte sich zur Abwechslung einmal an Ratamo. »Ruft den diensthabenden Haftrichter an. Rossi muß möglichst schnell verhaftet werden, das könnte sein Gedächtnis etwas auffrischen.«
    »Und die Verhöre?« fragte Ratamo nach.
    »Wir warten den Bericht der Techniker und den Obduktionsbefund ab, denn wir brauchen neue Informationen, Rossi ist schon zweimal ergebnislos verhört worden. Das gleiche gilt für diesen Wachmann, den holen wir uns erst, wenn wir Beweise gegen ihn ausgegraben haben. Ratamo nimmt jetzt die Ermittlungen in die Hand«, sagte Wrede, den Blick auf Saara Lukkari geheftet.
    Ratamo sah verblüfft aus. »Ich soll diese Ermittlungen leiten? Und wen bekomme ich für die Ermittlungsgruppe?«
    Der Schotte nickte in Richtung Saara Lukkari und zupfte einen unsichtbaren Fussel von seinem Westover. Ratamo versuchte nicht einmal, seinen Ärger zu verbergen. »Nur einen Ermittler. Und dann noch eine Anfängerin.«
    Wrede blieb gelassen und gab sich diplomatisch. »Loponen und Sotamaa werden euch unterstützen, ihr könnt auch Spezialisten und Piirala von der Abteilung für Informationsmanagement einschalten. Die Urlaubszeit macht sich eben bemerkbar. Und für diese Untersuchung genügen zwei kompetente Ermittler. Wie heißt es doch so schön in dem alten Spruch: Es kommt nicht …«
    »… auf die Masse an, sondern auf die Kasse«, unterbrach ihn Ratamo.
    Die Muskeln in Wredes Gesicht zuckten, aber er bewahrte die Fassung. Er hatte seine Lektion gelernt: In der Öffentlichkeit würde er sich nicht mehr mit Ratamo anlegen.
    »Hier sind die Protokolle der Kriminalpolizei von den Verhören Rossis und Söderholms.« Saara Lukkari knalltedie Unterlagen mit solcher Wucht vor Ratamo auf den Tisch, daß ihr durchtrainierter Bizeps zuckte.
    Ratamo ärgerte sich, die Kollegin hatte ihm seine Bemerkung übelgenommen. Ganz unvermittelt sah er vor sich das Hanfseil, das sich um sein Handgelenk spannte und ihn in die dunkle Meerestiefe hinabzog. Bei der Erinnerung lief ihm ein kalter Schauer über den Rücken.
    9
    Masilo Magadla brach ein Stück vom Injera-Brot ab, formte eine Schale, kratzte damit die scharfe Wot-Sauce vom Teller und steckte sich den Leckerbissen in den Mund. Der äthiopische Rotpfeffer und die Eukalyptusblätter überdeckten fast den Geschmack der Erbsen, Zwiebeln und des Huhnes. So mußte es auch sein. Magadla kannte in Frankfurt nur zwei Restaurants, die afrikanische Speisen anboten, und das »Abessinia« gefiel ihm besser als »African Queen«.
    Der Tej-Honigwein schmeckte gut. Magadla hatte nur ein kleines Glas bestellt, denn er wollte nicht, daß sein Verstand auch nur im mindesten getrübt wurde. Im »Abessinia« saßen zu gleichen Teilen Einheimische und Touristen, Schwarze und Weiße und aßen zu Abend. Fröhliches Stimmengewirr erfüllte den Raum, das Essen schmeckte unverfälscht, und die strahlenden Farben der afrikanischen Gemälde und Tischmalereien erfreuten das Auge. Es ärgerte ihn, daß er gezwungen war, schnell zu essen, weil er es eilig hatte. Als das letzte Stück Injera-Brot in seinem Mund verschwunden war, rülpste er gedämpft und bestellte beim vorübereilenden Kellner einen Kaffee. Für einen Nachtisch hatte er keine Zeit.
    Magadla fühlte sich in Frankfurt wohl, obwohl der Puls des Lebens in der Bankerstadt zu hastig schlug. Frankfurtam Main trug seine Spitznamen Mainhattan und Bankfurt zu recht. Magadla mochte Europa, die Jahre des Medizinstudiums an der Universität Umeå in Schweden zählten trotz der erbarmungslosen Kälte in der Stadt zu den besten seines Lebens.
    Als der Kaffee kam, entblößte Magadla mit einem Lächeln seine perlweißen Zähne und bestellte die Rechnung. Der mit Kardamom und Ingwer gewürzte Yirgacheffe-Mokka schmeichelte den Geschmacksnerven. In einer halben Stunde würde er den Chef der Sicherungsgruppe anrufen, um sich zu vergewissern, daß

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