Finnisches Roulette
hinter allem steckte. Forster wußte, daß die Tante in Lauras Augen ein Teufel war.
Lächelnd erhob sich Forster und reichte Laura die Quittung. Sein ganzes Wesen verriet das überschäumende Gefühl des Triumphs. »Niemand wird beweisen können, daß wir Sie … unter Druck gesetzt haben, das werden Sie sicher verstehen.« Er schob die CD in eine Hülle, reichte sie seinem Gast und zog die Handschuhe aus. »Das ist alles. Unsere Transaktionen sind abgeschlossen, Sie werden sicher Verständnis dafür haben, wenn ich Sie nun nicht einlade, unseren Geschäftsabschluß mit einem Glas Sekt zu feiern«, sagte er und lachte hölzern. »Sollten Sie von dem, was geschehen ist, etwas ausplaudern, wird Ihnen ein schmerzliches Unglück widerfahren. Wenn Sie hingegen Ihren Mund halten, sind Sie in Sicherheit. Wir haben von Ihnen schon alles bekommen, was wir haben wollten.« Forster gab Laura nicht die Hand, er ordnete nur an, daß die Männer im Anzug seinen Gast bis zur Tür begleiteten.
Forster bemerkte, daß der Motor in seinem Kopf mit einer überhöhten Drehzahl lief, vielleicht würde ihn eine Pfeife beruhigen. Seine Gedanken kehrten wieder in geordnete Bahnen zurück, als er die Cordial-Mischung von Cornell & Diehl in den Pfeifenkopf stopfte, anzündete und die ersten Züge einatmete. Irgend jemand wußte also doch von seinemPlan. Genauer gesagt, sogar zwei – derjenige, der Laura Rossi ermorden wollte, und der andere, der sie schützte. Wer zum Teufel …? Und er hatte doch soviel Aufwand betrieben und die Treffen mit Laura Rossi und Eero Ojala in Kraków und Verona organisiert, damit kein Außenstehender dahinterkam.
Für eine Änderung des Planes war es zu spät, der morgige Tag würde also alles entscheiden. Um die Entscheidungsgewalt über H & S Pharma und Genefab zu erhalten, brauchte Anna die Aktien sowohl von Laura Rossi als auch von Eero Ojala. Zum Glück erwies sich Ojala als leichter Fall: Der Mann war besessen von der Leidenschaft für Helene Schjerfbeck. Forster hatte wochenlang mit der schwedischen Erbengemeinschaft über den Kauf des »Mädchens auf dem Sofa« verhandeln müssen. Natürlich hatte er die Echtheit des Gemäldes schon prüfen lassen, er brauchte von Ojala etwas ganz anderes als Fachkenntnisse auf dem Gebiet der Malerei.
»Räumen wir das Büro sofort aus?« fragte der ältere seiner Assistenten von der Organisation »Debniki« und erhielt die leise gemurmelte Genehmigung.
Dichter bläulicher Pfeifenrauch umgab Forsters Gesicht. Wer hatte versucht Laura Rossi umzubringen? War auch Eero Ojala in Gefahr? Irgend jemand wollte Annas Bestrebungen durchkreuzen. Forster verdächtigte Future Ltd., das Unternehmen, das kürzlich fast die Hälfte der Aktien von H & S Pharma gekauft hatte. Aber wer, zum Teufel, hatte dann Laura vor den Mördern gerettet? Wer war der dritte Mann in diesem Spiel?
Mit ein paar kräftigen Zügen fachte Forster die fast erloschene Glut in seiner Pfeife wieder an. Über kurz oder lang müßte er Anna anrufen, obwohl er sie vor schlechten Nachrichten bewahren wollte. Annas psychische Belastungsfähigkeit näherte sich dem Punkt, an dem sie völlig zusammenbrechenwürde. Streß führte dazu, daß sie in Depressionen versank, die Tag für Tag schlimmer wurden. Forster wagte gar nicht daran zu denken, was geschehen würde, wenn sein Plan mißlang, er konnte sich ein Leben ohne Anna nicht vorstellen. Sie mußte noch ein paar Tage durchhalten, hoffte Forster und ließ seine Gedanken in eine glückliche Vergangenheit abschweifen. In eine Zeit, in der Anna ihm ganz gehört hatte.
14
Oberst Saul Agron stand am Panoramafenster seines Büros im fünfzigsten Stockwerk des Frankfurter Main-Towers, schaute versunken auf die weißen Touristenschiffe, die über den Main glitten, und streichelte seine dichtbehaarten Unterarme wie einen Schoßhund. Die Khakihosen des kleinen Mannes hatten schnurgerade Bügelfalten, und sein Haarschnitt entsprach der Dienstvorschrift der israelischen Armee. Agrons Nacken war so kurz geraten, daß es aussah, als säße sein Hinterkopf direkt zwischen den Schultern.
Der Oberst hatte seinen Sohn Ehud und dessen Vertrauten Dr. Klaus Müllemann zu einem Gespräch über die Zukunft der Firma Genefab geladen. »Ihr habt sicher kein Mittel gefunden, um an alle Forschungsergebnisse heranzukommen?« fragte Agron seinen Sohn.
»Die Lage wird sich da in keiner Hinsicht ändern«, erwiderte Ehud Agron ungeduldig und legte seine Unterlagen auf dem
Weitere Kostenlose Bücher