Finnisches Roulette
Schjerfbeck-Kenner war. »Kann ich irgendwie … helfen?« Er vermochte nur mit Mühe seine Neugier zu beherrschen.
»Wir möchten, daß Sie die Echtheit des Gemäldes bestätigen, obwohl der hiesige Konservator das Alter des Gemäldes sowie die verwendeten Farben und Materialien schon bestimmt hat. Es hat sich dabei nichts Überraschendesergeben. Vielleicht könnten Sie uns sogar helfen, einen Käufer für das Werk zu finden. So würde mein Klient das Aufsehen in der Öffentlichkeit bei einer Versteigerung vermeiden. Auf Wunsch des Verkäufers sollen möglichst wenige Menschen erfahren, daß er auf seine Schjerfbeck verzichten muß.«
Ojala ließ sich auf den Rattan-Stuhl im Flur fallen. Er konnte nicht glauben, was er da gehört hatte, und wollte noch mehr Informationen aus dem Telefonhörer herausholen, hätte aber beinahe selbst kein Wort herausgebracht. »Natürlich … Ohne weiteres … Wo ist das Gemälde?« stammelte er und erfuhr, daß Cavanna das Werk gerade in seiner Galerie in Verona bewunderte.
Dutzende Fragen schossen Ojala durch den Kopf, und als die Ladehemmung erst einmal beseitigt war, konnte er sich nicht mehr beherrschen und fragte unablässig. Der italienische Galerist erzählte geduldig alles, was der Finne wissen wollte.
Einen Augenblick überlegte Ojala, wie er die wichtigste Frage formulieren sollte. »Bestünde … für mich … die Möglichkeit, das Gemälde zu kaufen?«
»Möglich ist alles«, antwortete Cavanna, und die Männer unterhielten sich über die Schwierigkeiten, die es bereitete, den Wert des Gemäldes zu bestimmen, und über die Zahlungsbedingungen, die akzeptabel wären. Am Ende des Gesprächs gab Cavanna dem Finnen seine Kontaktdaten und erklärte ihm, wie er am besten nach Verona kam.
Zufrieden beendete Konrad Forster das Gespräch in der Jósefa-Straße in Kraków. Seine Alfredo-Cavanna-Imitation war perfekt gelungen.
Ojalas Hände zitterten vor Begeisterung, als er den Namen und die Adresse, die er auf einen Zettel gekritzelt hatte, wie das Weihnachtsevangelium las: Dr. Alfredo Cavanna, Galeria Dello Scudo, Via Scudo di Francia 2,Verona. Er stürzte zum Bücherregal und stieß sich dabei die große Zehe am Türrahmen. Der Schmerz zog bis zum Scheitel, aber er hatte nicht einmal Zeit zu fluchen. Jetzt mußte er alle Bücher heraussuchen, in denen sich Bilder des »Mädchens auf dem Sofa« befanden.
Noch vor einem Monat hätte er sich nicht einmal vorzustellen gewagt, daß auch sein zweiter Traum irgendwann in Erfüllung gehen würde, und jetzt bot ihm Fortuna die Möglichkeit, ein Gemälde Ellis zu kaufen. Wenn in Verona tatsächlich das »Mädchen auf dem Sofa« wartete, dann würde er es kaufen, um jeden Preis.
13
Wim de Lange und seine Männer geleiteten Laura Rossi durch die Hintertür in den Treppenflur der Jósefa-Straße 40. Vom Kommando Oberst Agrons war weit und breit nichts zu sehen. De Lange überraschte das nicht. Einer der Angreifer würde dank des Betäubungspfeils noch einige Stunden in tiefem Schlummer liegen und ein zweiter würde kaum gehen können, nachdem ihn ein Gummigeschoß am Oberschenkel getroffen hatte. Wenn die vierköpfige Gruppe Agrons über keine zusätzlichen Kräfte in Kraków verfügte, war sie klug beraten, diese Runde des Kampfes aufzugeben.
Laura lief mechanisch neben dem Mann mit dem Bürstenhaarschnitt her. Ihrem bleichen Gesicht sah man die Angst an, bei jedem Geräusch zuckte sie zusammen. Die Rastalocken hatten sich verheddert und sahen nun wie eine zottelige Mähne aus. Am liebsten wäre sie weggerannt, um vor all dem zu fliehen, aber möglicherweise wartete nur ein paar Stockwerke weiter oben Samis Freiheit. Sie durfte nicht schwach werden. Über die absurden Ereignisse des Tageskonnte sie dann nachdenken, wenn sie die Beweise für Samis Unschuld in der Hand hatte und dieser Alptraum ein Ende nahm. Sie fürchtete, die Araber könnten hinter der nächsten Ecke wieder auftauchen. Ohne die Männer mit dem Bürstenhaarschnitt hätte sie es nicht gewagt, zu dem Treffen zu gehen, auch ihr Mut hatte seine Grenzen. Warum nur weigerte sich der Chef ihrer Beschützer, zu sagen, wer er war oder was er über die Angreifer wußte?
Im Hausflur schaute Laura auf die Tafel mit dem Verzeichnis der Bewohner, fand aber den Namen Milewics nicht. Sie stiegen rasch die Treppe hinauf bis in die zweite Etage. An der Wohnung Nummer 34 stand Jaszewski.
De Lange drückte auf den Klingelknopf. »Geh von hier direkt ins Hotel zurück, wir sichern
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