Finnisches Roulette
wurde Vorster aus der Sicherheitspolizei Südafrikasausgeschlossen und von der Wahrheitskommission begnadigt, obwohl die Liste seiner Verbrechen so lang ist wie das Titelverzeichnis der Iijoki-Reihe 1 .«
Ketonen zeigte lebhaftes Interesse für diese Informationen. »Der ›Freund‹, der Laura Rossi angerufen hat, sprach doch davon, daß Aids- und Malariamedikamente beschafft werden sollen. Vielleicht steckt hinter all dem irgendeine südafrikanische Organisation. Was Aids angeht, ist die Lage in dem Land ja katastrophal.«
Saara Lukkari wirkte unsicher. »Das ist eher nicht wahrscheinlich. In Südafrika gibt es tatsächlich zahlreiche gewaltbereite Organisationen, aber das sind alles Bewegungen, die nur einem Zweck dienen – der Wiederherstellung der weißen Vorherrschaft.« Die »Warriors of the Boer Nation« und »Boeremag« ließen in Pretoria und Soweto Bomben explodieren, las Lukkari aus ihren Notizen vor. Die »Afrikaaner Volksfront« und die »Oranier« hingegen kämpften für die Gründung einer unabhängigen Burenrepublik. Auf das Konto der AWB, der Widerstandsbewegung der Afrikaaner, gingen viele Bombenanschläge. Die Organisation »Boere Vryheids Aksie« hatte die Ermordung von Millionen Schwarzen geplant, sie wollte das Gift Tetranium in die Wasservorräte von Johannesburg schütten, und die »Freedom Front« …
»Danke, das reicht«, sagte Ketonen und unterbrach seine junge Mitarbeiterin. »Du hast gute Arbeit geleistet«, fügte er hinzu und sah, wie sich ihre Mundwinkel hoben. Im selben Moment drang von draußen das dumpfe Knattern eines Sportwagens herein. Ketonen trat ans Fenster, um nachzuschauen, was da auf der Ratakatu so einen Lärm machte. Ein glitzerndes Sportkabrio und ein junger eingebildeter Fahrer, berichtete er seinen Kollegen.
»Der Preis eines Autos ist nun mal umgekehrt proportional zum Selbstwertgefühl des Fahrers«, murmelte Saara Lukkari.
»Wer hat Kontakt zu den Italienern?« Ketonen gab das Tempo vor.
Der Schotte suchte ein Blatt Papier aus seinem Stapel heraus und sagte, der DNS-Fingerabdruck des Mannes mit der Gesichtsverletzung sei in keinem Register zu finden und man habe den Verwundeten auch in kein einziges italienisches Krankenhaus gebracht.
Ketonen schien in Gedanken versunken zu sein, deshalb wartete Wrede einen Augenblick, bevor er Neues vom Bundesnachrichtendienst berichtete. Der BND beabsichtige, die Verbindungen zu Arabern und Juden, die sich bei den Ermittlungen ergeben hatten, gründlich zu klären. Die Deutschen wollten heute die Aktienbesitzer von H & S Pharma und den Anwalt von Future Ltd. befragen.
Saara Lukkari rieb sich nervös die Schläfen. »Wenn das Motiv für all das die Aktien von H & S Pharma sind, dann versucht diese mysteriöse Future Ltd. vielleicht zu verhindern, daß Anna Halberstam die Aktienmehrheit des Unternehmens bekommt«, schlug sie vor, und ihre Kollegen nickten.
»Wer sind die Killer und wer die Beschützer?« fragte Ketonen sich selbst. »Wir wissen, daß die Beschützer die Aids- und Malariamedikamente des Pharmaunternehmens wollen und daß die Killer aus der Umgebung des Mittelmeeres stammen. Ist das alles? Hat die Polizei in keinem einzigen beteiligten Land irgendwelche Hinweise auf die Nationalität dieser ›Araber‹?«
»Nein. Außerdem sind die Angaben der Augenzeugen widersprüchlich. Manche beschrieben die Angreifer nur als braungebrannt oder als Menschen mit dunklem Teint.« Saara Lukkari ließ den Kronkorken einer Mineralwasserflasche knallen.
»Den Arabern wird heutzutage schon die Schuld selbst am schlechten Straßenzustand gegeben«, entgegnete Wrede.
»Allerdings nicht ganz ohne Grund«, erwiderte Lukkari und schnaufte.
»Ich glaube immer noch nicht, daß es bei alledem nur um die Aktienmehrheit des Pharmaunternehmens geht.« Ketonen hob seinen Holzbecher und verzog das Gesicht, als er merkte, wie säuerlich der kalte Kaffee schmeckte. Er fürchtete, auf seine alten Tage allmählich unter Wahnvorstellungen zu leiden, denn die Bedrohung durch die Bio- und Gentechnologie ging ihm ständig durch den Kopf. »Gibt es sonst noch etwas?« fragte er.
Wrede stand vom Ledersofa auf. »Ich rufe Ratamo an und sage ihm, daß seine Kontaktperson bei der Kriminalpolizei in Verona ein Mann namens Alessandro Mascari ist. Aus dem italienischen Titel des Mannes wird selbst der Teufel nicht schlau.«
Ketonen erzählte ihnen nicht, daß er vorhatte, die Präsidentin anzurufen. Er wußte jetzt, wen er als seinen Nachfolger
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