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Finnisches Roulette

Finnisches Roulette

Titel: Finnisches Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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fertig. Sabine Halberstam sprang auf und führte den Ermittler, der gedankenversunken über seinen Schnurrbart strich, auf den Perserteppichen bis in den Flur.
    Irgend etwas beschäftigte Brauer noch. Er dachte angestrengt nach. Plötzlich fiel es ihm ein, er hatte das schon vor den heutigen Befragungen überprüfen wollen. »Hat Anna Halberstam außer Laura Rossi und Eero Ojala noch andereVerwandte?« fragte er, als Sabine schon die Klinke der Wohnungstür in der Hand hielt.
    Sabine schrak zusammen. »Meines Wissens nicht.«
    33
    Laura Rossi schloß die Tür ihres Zimmers im Hotel »Italia« hinter sich, ließ die Tasche fallen und griff nach der Fernbedienung des Fernsehers, um den Begrüßungstext und die Warenhausmusik auszuschalten. Sie drückte einige Knöpfe, und plötzlich erschien auf dem Bildschirm eine Pornoszene, die ihr ungewollt ein Lächeln entlockte. Die synchronisierten Seufzer auf dem Kinokanal verstummten, als der Bildschirm dunkel wurde. Laura warf sich aufs Bett. Die Reise nach Verona zusammen mit Ratamo hatte lange gedauert, es war jetzt kurz vor drei Uhr nachmittags. Die Stadt interessierte Laura nicht im geringsten, in ihrer Welt hatten nur zwei Dinge Platz: die unbegreiflichen Schrecken der letzten Tage und Sami. Die Sehnsucht schnürte ihr die Brust ein. Zum Glück würde sie in der Einsamkeit des Hotelzimmers ihren Akku eine Weile aufladen können.
    Es war kein gutes Gefühl, Ratamo hinters Licht zu führen, aber sie wagte nicht, ihm von Samis Entführung zu erzählen, obwohl sie dem sympathischen Ermittler vertraute. Wenn Sami genausoviel Entschlußkraft hätte wie Ratamo, dann wäre all das vielleicht nie passiert. Sie bereute diesen Gedanken sofort, schließlich war Anna Halberstam das Ungeheuer, das ihr Leben zerstören wollte. Wie hatte man Sami aus Finnland herausgeschleust? War es überhaupt möglich, einen betäubten Menschen außer Landes zu bringen? Aber Anna hatte natürlich genug Geld, um Helfer und eine Privatmaschine zu bezahlen, überlegte Laura verbittert.
    Das Telefon klingelte, und Laura bemerkte, daß dieses Geräusch ihr einen Schrecken einjagte, weil es in der letzten Zeit so oft schlechte Nachrichten angekündigt hatte. Warum, um Himmels willen, rief Ratamo jetzt schon an, oder versuchte der »Freund« immer noch, sie zu erreichen? Müde meldete sich Laura.
    »Ich bin der Freund, der Ihr Leben gerettet hat«, sagte Masilo Magadla ganz ruhig. »Die Schenkungsurkunde, mit der Ihr Bruder auf seine Aktien verzichten kann, befindet sich im Schubfach des Schreibtischs in Ihrem Zimmer. Ich …« Mehr konnte Magadla nicht sagen, das Gespräch wurde unterbrochen. Das war schon das zweitemal innerhalb einer Stunde. Nelsons Operation stand auf des Messers Schneide.
    Man sollte niemanden unter Zwang vor die Wahl stellen: Bruder oder Ehemann. Laura wußte, mit Samis Tod auf dem Gewissen würde sie nicht leben können, und sie wollte nicht nach zwei Monaten Ehe Witwe werden. Auf diesen Empfindungen beruhte ihre Entscheidung. Ratamo würde sie nichts von der Entführung Samis sagen. Sie wollte Eero dazu bewegen, Anna seine Aktien zu verkaufen, obwohl sie damit das Leben ihres Bruders gefährdete. Laura hoffte, nie wieder in ihrem Leben so eine schwere Entscheidung treffen zu müssen.
     
    Das Taxi raste an der Stadtmauer entlang, überquerte die Adige und bog sofort nach der San-Francesco-Brücke links ab. Der gutgelaunte Fahrer hielt auf der Straße Lungadige Galtarossa vor dem Polizeipräsidium von Verona, der Questura, und kassierte Ratamo ab.
    Die brütende Hitze schlug Ratamo ins Gesicht, als er ausstieg. Er bestaunte für einen Augenblick die wunderbare Aussicht vom Uferhang auf den Fluß und die Stadt, drehte sich dann um und entdeckte auf dem Grundstück hinterder Questura Dutzende Grabkreuze. Ein schöner Anblick für Kriminelle, die hier zum Verhör eintrafen, dachte Ratamo. Er war auf dem Weg zum ersten Treffen mit Alessandro Mascari. Eero Ojala lag immer noch bewußtlos im Krankenhaus, und Laura ruhte sich im Hotel aus.
    Ratamo brauchte eine Weile, bis er der diensthabenden Polizistin verständlich gemacht hatte, wer er war und wen er besuchen wollte. Man begleitete ihn auf der breiten, vom Zahn der Zeit und den Schuhen der Italiener abgenutzten Treppe in die erste Etage, in der sich Mascaris Zimmer befand.
    Ratamo klopfte an und hörte einen Ruf. Er betrat das Zimmer, spürte, wie etwas gegen sein Fußgelenk knallte, und fluchte vor Schmerz. Ein Golfball. Mascari, ein

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