Finns Welt - 01 - Finn released
Buch«, sage ich und freue mich darauf, wie mein Vater gleich gucken wird. Ich freue mich auf den Jubel und darauf, dass wir zusammen anstoßen. Von mir aus könnte der Moment ewig dauern. Aber da er nun mal nicht ewig dauern kann, verkünde ich feierlich: »Er will das Buch ganz allein herausbringen. Und dafür braucht er was?«
Ich knicke ein wenig ein, lege den Kopf schief und halte die Handflächen nach vorn, damit Papa symbolisch die Antwort darauflegt und der Jubel losgehen kann. Er guckt nur wie ein Auto. Meine Mutter steht mit dem Kochlöffel in der Küchentür. »Eine Druckerei!«, erkläre ich freudestrahlend, da meine Eltern noch immer nichts zu kapieren scheinen.
Papa sagt nichts. Mama lächelt, aber eher so, wie Kindergärtnerinnen lächeln, wenn sie ein miserables Bild loben, bloß weil es selbst gemalt ist.
»Versteht ihr denn nicht? Er könnte das Buch bei uns drucken lassen. Er druckt dann ja nicht nur eines. Vielleicht wird es sogar ein Bestseller und er muss eine Million Stück drucken lassen!«
Warum sind die nur so still? »Ja, was ist?«, frage ich Mama. »Holst du den Sekt raus oder soll ich das machen? Soll ich Opa anrufen, dass alles gut wird?«
»Finn!«, ermahnt mein Vater mich gröber als sonst.
Ich werde blass. »Was?«
»Mit einem Auftrag rettet man keine Firma.«
»Warum sagst du so was, Papa? Das wäre ja, als würde Lukas, wenn seine Mannschaft gerade das Eins-zu-null gemacht hat, vom Feld gehen und sagen: Bringt doch eh alles nix. Ein Tor reicht nicht zum Sieg. Da können wir auch gleich aufgeben.«
»Finn, jetzt rede nicht so altklug daher.«
»Klaus …«, sagt meine Mutter, die sonst fürs Schimpfen zuständig ist, kommt zu mir und greift mir tröstend an die Schultern. »Schatz, du meinst es wirklich gut, aber du bist noch zu jung, um das Geschäft zu verstehen.«
»Warum gibst du denn auch auf, Mama?«, klage ich. »Du hast doch letztens noch zu Papa gesagt, er soll einfach wieder dankbarer sein für seinen Beruf. Er soll den Spaß daran wiederfinden und dann läuft es schon. Du warst doch auch froh, als er neue Werbung für uns gedruckt hat.«
»Ja, Schatz, aber die hat nicht funktioniert.«
»Mein Sportlehrer könnte einen Bestseller schreiben!«, versuche ich es noch mal.
»Niemand schreibt einen Bestseller, wenn er das Buch selber druckt«, bemerkt mein Vater.
»Du bist doch nur neidisch, dass der Broich mit einem Buch fertig wird und du seit zwanzig Jahren nicht!«
Oh nein. Das war gemein. Das hätte ich nicht sagen dürfen. Jetzt wird mein Vater ganz blass im Gesicht. Er nickt, bitter wie Lebertran, stellt den Locher hin, dreht sich von mir weg und macht den Fernseher an. Meine Mutter will dazu was sagen, aber es klingelt an der Tür. Sie geht hin und öffnet, ich folge ihr in den Flur. Als ich sehe, dass der Gebrauchtwarenhändler Gregorius vor der Tür steht, gehe ich ein Stück zur Seite, damit er mich nicht sehen kann.
»Wohnt hier Finn Anders?«
»Wer will das wissen?«, fragt meine Mutter.
»Ich bekomme von Ihrem Sohn noch 8 Euro.«
»Wie bitte?«
»Er hat mich betrogen.« Gregorius hält meiner Mutter den iPod unter die Nase. »Das Ding hier, mit all den Kratzern und dem kleinen Speicher, das ist höchstens 10 Euro wert. Ich hatte ihm 12 angeboten.«
Meine Mutter dreht sich zu mir um und winkt mich zu sich.
»12 Euro waren schon großzügig. Da erzählt mir Ihr Sohn« – ich stehe nun an der Tür und er zeigt auf mich – »eine Geschichte, die mir gar keine Wahl ließ, als ihm mehr zu geben. Er hätte genauso gut mit der Spendendose für Krebskinder kommen können.«
Der Blick meiner Mutter sagt alles. Verteidigung zwecklos, aber ich versuche es trotzdem. »Die 20 Euro habe ich Papa gegeben, als Zuschuss für seine Werbezettel. Und außerdem …«
»Geh in die Küche!«, befiehlt mir meine Mutter, als sei ich hier der Böse. Ich mache ein Geräusch wie Grumpf! und stapfe davon. Super. Jetzt erzählt der Gregorius ihr bestimmt die ganze Geschichte, die ich ihm aufgetischt habe. Gleich wird meine Mutter ihm das Geld geben und mir danach den Kopf waschen. Sie atmet schon so tief ein, wie sie es immer tut, wenn in ihr ein Gewitter aufzieht. »Gekauft wie gesehen, Herr Gregorius«, höre ich da ihre Stimme. »Kennen Sie diese Phrase?«
Gregorius erwidert nichts, offensichtlich stutzt er, genau wie ich auch. Ich stelle mich in den Küchentürrahmen und schiele auf den Flur.
»Sie sind Gebrauchtwarenhändler, Trödler«, sagt meine Mutter. Herr
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