Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Finster

Titel: Finster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
während ich auf der Franklin Street nach Norden ging. Es war jedenfalls mit Sicherheit das Haus, das ich letzte Nacht beobachtet hatte.
    Später hatte ich sie jedoch einige Straßenzüge entfernt gesehen, als ich mit Eileen von Dandi Donuts zurückfuhr. Was machte das Mädchen wieder auf der Straße, eine Stunde nachdem sie sich in ihr Haus geschlichen hatte?
    Vielleicht war es doch nicht ihr Haus.
    Letzte Nacht hatte ich vermutet, dass sie von einem Rendezvous mit ihrem Liebhaber zurückgekehrt war.

    Aber vielleicht war es auch andersherum, und ich hatte nicht gesehen, wie sie nach Hause zurückgekommen, sondern wie sie in das Haus ihres Liebhabers geschlichen war.
    Auch eine Möglichkeit.
    Wer war dann ihr Liebhaber? Der Mann der Frau, die ich in der Küche beobachtet hatte. Das würde erklären, wieso sie trank.
    Und wenn die Frau und das Mädchen ein Liebespaar waren?
    Mein Gott.
    Gibt es gar keinen Mann? Die Frau wohnt allein im Haus, und das Mädchen kommt spät nachts zu ihr. Das würde ebenfalls erklären, wieso die Frau zu dieser Uhrzeit in die Küche gegangen ist, nämlich um ein paar Schlucke zu trinken, während sie darauf gewartet hat, dass das Mädchen auftaucht. Oder vielleicht ist das Mädchen zu spät gekommen, und die Frau hat sich Sorgen gemacht.
    Ist sie jetzt dort?
    Als ich vor ein paar Minuten an dem Haus vorbeigegangen war, hatte das Licht in der Küche nicht mehr gebrannt. Vielleicht hatte die Frau einfach genug getrunken und war ins Bett gegangen. Oder das Mädchen war endlich gekommen.
    Ich stellte sie mir zusammen in der Küche vor. Das Mädchen trank vielleicht einen Schluck Tequila. Dann küsste sie die Frau auf den Mund und legte eine Hand auf ihre nackte Brust.
    Es erregte mich ziemlich, darüber nachzudenken.
    Sollte ich zurück zum Haus gehen?
    Hast du den Verstand verloren?

    Vergiss es, sagte ich mir. Und wenn sie ein lesbisches Paar sind, dann vergiss es erst recht.
    Auch gut, dachte ich. Hör mit dem ganzen Unsinn auf, ehe du in Schwierigkeiten gerätst.
    Geh nach Hause.
    Oder erst zu Dandi Donuts?
    Und zweimal hintereinander ein paar von diesen süßen, fettigen Donuts essen? Keine gute Idee.
    Aber der Laden schien eine sichere und friedliche Zuflucht zu sein. Ich musste ja keine Donuts essen. Ich könnte einfach dort sitzen, eine Tasse Kaffee trinken und mich für den Rückweg ausruhen.
    Und wenn Eileen dort ist?
    Wohl kaum, sagte ich mir.
    Aber es könnte sein. Es ist ein Ort, an den sie gehen könnte, wenn sie mich sucht.
    Ich hätte den Plan fast aufgegeben. Aber dann ging ich doch hin. Erstens war es nicht besonders wahrscheinlich, dass Eileen dort war.
    Ich sehe nach, ehe ich hineingehe.
    Zweitens wäre es auch nicht schlimm, wenn ich sie wirklich dort anträfe. Sie mochte mich. Sie würde mich nach Hause fahren. Wir würden in meine Wohnung gehen. Und was machte es schon, dass sie nicht Holly war, dass ich sie nicht liebte?
    Um nicht an dem Schaufenster des Secondhandladens vorbeizukommen, blieb ich auf der Franklin und bog erst hinter Dandi Donuts ab. Ich ging westwärts auf der Dale, der Seitenstraße, in der Eileen letzte Nacht geparkt hatte.
    Heute Nacht stand ihr Wagen nicht dort.

    Trotzdem blickte ich erst durch das Fenster. Zwei Gäste saßen getrennt voneinander in dem Donutshop. Beide waren Männer. Ich trat ein. Während ich zur Theke ging, ließ ich meinen Blick über die Auslage schweifen. Ein halbes Dutzend glasierte klassische Donuts lagen darin, knusprig und golden glänzend.
    Sie sahen köstlich aus.
    Auf keinen Fall, dachte ich, ich verwandele mich noch in einen Fettsack.
    Der Angestellte kam zur Theke.
    »Sie wünschen?«
    »Einen mittleren Kaffee und zwei glasierte Donuts.«
    Was sollte schon geschehen, wenn ich zu einem Fettsack würde?
    Würde mich Holly dann nicht mehr lieben?
    »Zum Mitnehmen?«, fragte der Angestellte.
    »Für hier.«
    Ich fragte mich, ob er sich von letzter Nacht an mich erinnerte. Und wenn, ob er dann neugierig wäre, warum ich heute ohne Eileen gekommen war.
    Der bekommt hier bestimmt einiges zu sehen, dachte ich.
    Ich bezahlte, drehte mich mit dem Kaffee und den Donuts in den Händen um und suchte einen Platz. Von den beiden Fremden wollte ich mich fernhalten. Keiner der beiden saß in der Nähe des Tischs, an dem ich mit Eileen gesessen hatte. Und auch nicht in der Nähe des Tischs, an dem Holly und ich in jener Nacht im letzten Frühling gegessen hatten.
    Ich verlasse dich niemals. Du wirst mich verlassen.

    An diesem Tisch

Weitere Kostenlose Bücher