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Finster

Titel: Finster Kostenlos Bücher Online Lesen
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spukte es. Der Geist meiner verlorenen Liebe trieb dort sein Unwesen. Sie war zwar nicht tot, aber das machte für mich keinen Unterschied.
    Es verdirbt mir den Appetit.
    Ich ging zu einem Tisch am gegenüberliegenden Ende des Raums, gleich neben dem Tisch von letzter Nacht. Es störte mich nicht, dass ich genau auf diesen Tisch blickte, denn die Erinnerungen an letzte Nacht taten nicht weh.
    Tatsächlich waren sie ziemlich angenehm.
    Ich hob den Styroporbecher an die Lippen und blies auf den dampfenden Kaffee. An der Nase und den Augen spürte ich die Hitze. Ich trank einen Schluck, aber es war zu heiß an Lippen und Zunge, also stellte ich den Becher ab.
    Jemand ging an mir vorbei.
    Ich blickte auf. Der Mann blieb stehen, drehte sich um und lächelte zu mir herab. Er gehörte nicht zu den Gästen, die ich schon gesehen hatte. Er musste nach mir hereingekommen sein.
    »Ich könnte einen Kaffee gebrauchen«, sagte er. »Hast du vielleicht einen Dollar übrig?«
    Er machte einen sauberen und gepflegten Eindruck und sah nicht wie ein Penner aus. Frauen hätten ihn wohl als gut aussehend betrachtet. Mit seinem goldenen Haar und dem fein geschnittenen Gesicht hätte er dem Umschlag eines Liebesromans entsprungen sein können. Sein blaues, halb aufgeknöpftes Batisthemd steckte in dem Bund einer Jeans.
    Nichts an ihm wirkte bedrohlich … außer seiner Bitte.
    Und vielleicht seinen Augen und seinem Lächeln. Sein
Blick war sehr eindringlich und sein Lächeln übertrieben, etwas schief und unruhig. Er hatte weiße, gerade Zähne, aber ich hatte das Gefühl, zu viele davon zu sehen.
    Plötzlich wollte ich mich nur noch aus dem Staub machen. Aber was war mit meinem Kaffee und meinen Donuts?
    Und wenn der Typ mir nach draußen folgt?
    »Klar«, antwortete ich. Obwohl er nur um einen Dollar gebeten hatte, zog ich einen Fünfer aus meiner Hosentasche. »Holen Sie sich doch auch noch ein paar Donuts.« Meine Hand zitterte, als ich ihm das Geld reichte.
    »Danke, Kumpel.«
    Er ging hinüber zur Theke.
    Sind ja nur fünf Dollar, dachte ich, das kann ich mir leisten.
    Tatsächlich waren meine Eltern ziemlich wohlhabend. Ich musste mir nie Geldsorgen machen, aber ich mochte es nicht, wenn mich jemand um Geld bat. Die Leute hatten kein Recht, Fremde anzuschnorren. Es war fast wie ein Überfall … mit einer indirekten Drohung statt einer Pistole oder eines Messers.
    Der Mann kam zurück und setzte sich mir gegenüber an den Tisch.
    Scheiße!
    Von meinem Geld hatte er sich eine Tasse Kaffee, einen Marmeladen-Donut und ein Teilchen mit Ahornsirup gekauft.
    »Wie heißt du?«, fragte er.
    »Ed.«
    »Danke fürs Leihen, Ed.«

    Leihen, dass ich nicht lache.
    »Gern geschehen.«
    Obwohl er nicht mehr als ein oder zwei Dollar ausgegeben hatte, gab er mir das Wechselgeld nicht zurück. Und ich traute mich nicht, danach zu fragen.
    Er hob seinen Kaffeebecher und blinzelte, als ihm der Dampf in die Augen stieg. Dann trank er ein paar Schlucke und setzte den Becher ab. »Stört es dich, dass ich hier sitze?«
    »Nein«, log ich.
    »Schön. Ich mag dich nämlich, Ed.«
    »Danke.«
    »Ich steh auf Typen wie dich.«
    »Ah.«
    Oh, verdammt. Er ist schwul. Er will mich anmachen.
    Es war nichts Feminines an ihm. Eher schien er zu männlich.
    Manche von denen sind so, dachte ich.
    Er war mit Sicherheit sportlich. Nicht aufgepumpt, sondern schlank und gut in Form. Auch das passte ins Bild.
    »Ich heiße Randy«, sagte er.
    »Hallo Randy.«
    Er langte über den Tisch, um mir die Hand zu reichen. Ich wollte ihn nicht kränken, indem ich den Handschlag verweigerte, also griff ich zu. Seine Hand war größer als meine. Er drückte hart zu, so hart, dass es wehtat.
    Wirklich nett, dachte ich.
    Nachdem er mich losgelassen hatte, fragte er: »Wohnst du hier in der Nähe?«

    Will er mit zu mir kommen?
    »Nicht direkt.«
    »Willst du nicht essen?«
    Nickend biss ich in einen Donut. Er war knusprig und hätte sicher hervorragend geschmeckt, wenn ich es hätte genießen können.
    Er nahm einen Bissen von seinem Marmeladen-Donut.
    Ich trank einen Schluck Kaffee.
    »Ich dachte, du würdest hier irgendwo in der Nähe wohnen«, sagte Randy.
    »Ach ja?«
    »Ich sehe dich jetzt schon zum zweiten Mal nachts hier.«
    »Echt?«
    Was hat er gesehen?
    »Bestimmt wegen der Donuts«, sagte ich und nahm noch einen Bissen. »Ich bin beide Male wegen der Donuts hergekommen.«
    »Wenn du meinst«, sagte Randy.
    Mein Gott! Warum sagt er so etwas? Weiß er irgendwas? Hat er mich

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