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Finster

Titel: Finster Kostenlos Bücher Online Lesen
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könnte Randy mich anfahren.

    Der Pick-up tauchte neben mir auf. Er fuhr rückwärts und hielt Schritt mit mir. Die Beifahrertür stand immer noch offen. Wenn er noch dichter an den Bürgersteig führe, würde er damit eine Parkuhr oder einen Laternenpfahl rammen.
    Ich hatte erwartet, dass er irgendwelche Drohungen ausstoßen würde, aber das war nicht der Fall.
    Er sagte kein Wort, sondern blieb einfach nur auf meiner Höhe.
    Und wenn er eine Pistole hat?
    Ich blieb plötzlich stehen und rannte in die andere Richtung. Er fuhr weiter rückwärts.
    Als die Bremsen quietschten, blickte ich zur Ladenzeile und entdeckte eine dunkle Lücke zwischen zwei Gebäuden - eine Gasse, die für Randys Pick-up zu eng war. Als ich zum ersten Mal daran vorbeigelaufen war, musste ich in die andere Richtung gesehen haben.
    Ich stürmte hinein.
    Hinter mir quietschten wieder Bremsen. Reifen schlitterten über den Asphalt. Das Motorengeräusch erstarb.
    Verfolgt er mich zu Fuß?
    Eine Tür wurde zugeschlagen.
    Er kommt!
    Ich lief schneller. Der Durchgang zwischen den Gebäuden war nur gut einen Meter breit und gepflastert wie ein Gehweg. Ganz hinten, vermutlich dort, wo die Gebäude endeten, war ein schwacher Lichtschein. Doch unten, vor meinen Füßen, war nur Schwärze. Dort konnte alles Mögliche sein. Unsichtbarer Schutt knirschte und knackte unter meinen Schuhen. Manchmal spürte ich kleine harte
Gegenstände. Ich trat gegen eine Dose, die scheppernd über den Boden sprang. Glasscherben zerbrachen unter meinen Sohlen.
    Jeden Moment konnten meine Füße irgendwo hängen bleiben, und ich würde kopfüber durch die Luft segeln.
    Ich wollte langsamer laufen, aber ich traute mich nicht.
    Randy verfolgte mich, das war eindeutig. Ich hörte hinter mir auf dem Pflaster das schnelle Hämmern seiner Stiefel. Der Rhythmus war ungleichmäßig. Wegen seiner Verletzung?
    So tief wie ich in sein Bein gestochen hatte, war es ein Wunder, dass er überhaupt rennen konnte.
    Ich wünschte, ich hätte ihn mit meinem Schweizer Armeemesser erwischt. Aber das Messer steckte in der linken vorderen Tasche meiner Jeans. Randy hätte gesehen, wie ich es herauszog. Und selbst wenn ihm das entgangen wäre, hätte er das Messer spätestens bemerkt, falls ich versucht hätte, eine der Klingen auszuklappen.
    Deshalb hatte ich den Kugelschreiber benutzt.
    Ich hätte ihm das Ding in seine verfluchte Kehle rammen sollen!
    Zumindest holte er nicht auf. Jedenfalls schien es so.
    Wenn er keine Pistole hat, schaffe ich es.
    Er kann keine haben, dachte ich, sonst hätte er schon geschossen. Außer er hatte Angst, Lärm zu machen.
    Plötzlich rannte ich in vollem Tempo in etwas hinein. Zuerst wusste ich nicht, was es war. Als ich es umpflügte und darüberstürzte, spürte, hörte und roch ich jedoch, dass es sich wohl um einen Einkaufswagen handelte … ein
Einkaufswagen, der quer in dem engen Durchgang stand und bis zum Rand mit den Schätzen seines obdachlosen Besitzers gefüllt war.
    Ich landete auf ihm . Er war ausgemergelt und stank nach Abfall, Zigarettenrauch und Exkrementen, und er brüllte mir ins Gesicht. Ich versuchte, mich von ihm herunterzuschieben. Sein Mantel fühlte sich an wie klebriges, feuchtes Tweed.
    Er packte mein Sweatshirt.
    »Erwischt!«, keuchte er.
    »Loslassen!«
    Er hielt mich fest. Ich verpasste ihm eine Ohrfeige. Als er mich losließ, sprang ich auf und lief auf den grauen Schimmer am Ende des Durchgangs zu.
    Gerade als ich dort angekommen war, stürzte noch jemand über den Einkaufswagen oder trat dagegen.
    Ich stieß auf eine beleuchtete Gasse, bog nach rechts ab und rannte mit aller Kraft auf die Querstraße am südlichen Ende des Blocks zu. Immer wieder blickte ich über die Schulter zurück.
    Keine Spur von Randy.
    Am Ende der Gasse sprintete ich nach links und überquerte die Straße.
    Kein Verkehr in Sicht.
    Und keine Menschen.
    Ich lief weiter in die Richtung, bog am Ende des Blocks um die Ecke und rannte an den ersten beiden Häusern vorbei. Bei beiden brannte Licht auf der Veranda, aber das dritte Haus war dunkel. Die Veranda dort war nicht von Fliegengitter umgeben. Sie hatte auch keine Tür, nur ein
Dach und ein hölzernes, ein Meter hohes Geländer. Vor dem Geländer wuchs eine Reihe dichter Büsche.
    Ich lief zur Veranda, stieg leise die Stufen hinauf und ließ mich hinter dem Geländer auf den Boden fallen. Dort war ich gut verborgen vor jedem, der vorbeikam.

14
    Gelegentlich fuhr ein Auto vorbei. Oder ein Lieferwagen. Ich

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