Finster
wagte es nicht, einen Blick zu riskieren. Ich stellte mir vor, dass es Randy in seinem Pick-up wäre und er nach mir suchte.
Doch ich saß schon seit ungefähr einer halben Stunde auf der Veranda, und er hatte mich nicht gefunden. Wahrscheinlich würde er mich auch nicht entdecken - zumindest solange ich an Ort und Stelle blieb.
Ich warte noch eine Stunde, um auf Nummer sicher zu gehen.
Zehn Minuten mal sechs.
Wenn ich hätte schlafen können, wäre die Stunde schnell vergangen. Aber ich war hellwach und lehnte mit übereinandergeschlagenen Beinen mit dem Rücken am Geländer. Von der halben Stunde, die ich schon gewartet hatte, tat mein Hintern weh, und mein Rücken fühlte sich wund an.
Zwei Meter rechts von mir hing eine altmodische Hollywoodschaukel an Ketten von einem Deckenbalken herab.
Ich könnte mich darauf bequem ausstrecken, dachte ich.
Aber es hätte sicher alle möglichen Geräusche verursacht, wenn ich mich daraufgesetzt hätte. Die Schaukel war auch so schon laut genug.
Sie schwang von allein hin und her. Durch den Wind, vermutete ich.
Nach langen Perioden der Stille bewegte sie sich immer wieder und erschrak mich mit ihrem Ächzen und Quietschen.
Aber das war nicht mein größtes Problem mit der Schaukel.
Nachdem ich eine Viertelstunde dort gewartet hatte, war mir etwas Beunruhigendes aufgefallen.
In einigen Bereichen der Veranda herrschte absolute Dunkelheit, doch es gab Stellen, die im Zwielicht lagen. Ich konnte nie ganz sicher sein, was ich wirklich sah. Manchmal, wenn ich zu der Schaukel blickte, hatte ich den Eindruck, jemand säße darauf. Ganz still, ohne sich zu bewegen, schien er mich anzustarren.
Ich wusste, dass niemand auf der Schaukel war, trotzdem jagte es mir Angst ein.
Ich versuchte, nicht mehr hinzusehen, aber meine Augen wurden magisch von der Schaukel angezogen … fast, als würde ein Teil von mir die Qualen genießen .
Wenn ich noch länger hierbleibe, dachte ich, sollte ich mich lieber darum kümmern - hinüberkriechen und das Polster abtasten, um sicherzustellen, dass dort wirklich niemand ist.
Und wenn ich die Hand ausstrecke und meine Finger ein Knie berühren? Oder eine Hand mein Handgelenk packt?
Lächerlich. Solche Ängste hat normalerweise ein Fünfjähriger, und ich war zwanzig.
Erstaunlich, wie die Jahre von einem abfielen, wenn man um drei Uhr morgens an einem fremden Ort war. Ich fühlte mich tatsächlich wie ein Kind. Ein Kind, das spät in der Nacht hellwach im Bett lag, die halbgeöffnete Tür des Wandschranks anstarrte und darauf wartete, dass ein Monster heraussprang und es holte.
Vergiss Randy … wer ist da auf der Schaukel?
Niemand, sagte ich mir. Da ist ganz sicher niemand. Es sind nur Schatten.
Dann zündete dieser Niemand ein Streichholz an.
In dem auflodernden Lichtschein sah ich ein anzüglich grinsendes uraltes Gesicht. Einen Moment später flog mir das Streichholz entgegen, gefolgt von leisem Gekicher.
15
Das Streichholz zog eine Leuchtspur durch die Nacht und prallte vom Ärmel meines Sweatshirts ab. Ich schrie.
Dann sprang ich auf, wirbelte herum und überwand die Verandatreppe mit einem Satz. Ohne mich umzublicken, rannte ich quer durch den Garten. Auf dem Bürgersteig kam ich mir vor wie auf einer Aschenbahn. Ich sprintete mit pumpenden Armen und fliegenden Beinen durch die Nacht. Die Turnschuhe klatschten auf den Beton, und meine Kleidung flatterte im Wind.
An der Ecke sprang ich vom Bordstein und lief über
die Querstraße. Erst in der Mitte des nächsten Häuserblocks hörte ich auf zu rennen und blickte mich im Gehen um.
Hinter mir war niemand.
Nur meine Gänsehaut hatte mich bis hierher verfolgt. Obwohl ich schwitzte und außer Atem war, spürte ich noch immer den kalten Schauder. Fast überall an meinem Körper hatten sich die Haare aufgestellt: an den Beinen, den Hoden, dem Rücken, den Armen, den Brustwarzen, im Nacken, an der Kopfhaut und der Stirn.
Gütiger Gott, dachte ich, ich hatte bestimmt fünfunddreißig bis vierzig Minuten auf der Veranda verbracht … mit ihm ! Warum hat er einfach so dagesessen ?
Was hat er dort getan ?
Wahrscheinlich sitzt er einfach gern nachts auf der Veranda und beobachtet, wie die Leute auf der Straße vorbeigehen.
Um drei Uhr morgens?
Ja, verdammt, zu dieser Zeit passieren die ganzen spektakulären Dinge.
Ich kicherte nervös.
Ohne stehen zu bleiben, blickte ich noch einmal über die Schulter, um sicherzugehen, dass sich niemand von hinten anschlich.
Die Luft war
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