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Finster

Titel: Finster Kostenlos Bücher Online Lesen
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würde mich zurück auf die Division führen, also nahm ich sie. Aber nicht über die ganze Strecke. Ich lief Umwege, für den Fall, dass mir jemand folgte. Ein paarmal duckte ich mich hinter Bäumen, Büschen oder Zäunen.
    Als ich zu Hause ankam, hatte die Morgendämmerung den Himmel bereits grau gefärbt. Die Tür der Fishers war geschlossen. Leise ging ich die Treppe hinauf. Der lange dämmrige Flur war leer. Ich ging zu meiner Tür, versuchte, sie lautlos aufzuschließen, und trat in meine Wohnung.
    Ich schloss die Tür und verriegelte sie.
    In Sicherheit!
    Ich brauchte ungefähr fünf Minuten, um mich zu waschen, mir die Zähne zu putzen, zur Toilette zu gehen,
mich auszuziehen und mich ins Bett zu legen. Ich drehte mich auf die Seite und streckte meinen Arm nach dem Wecker aus. Und stöhnte.
    Wenn ich ihn auf 7:00 Uhr stellte, würde ich zwei Stunden schlafen können. Dann könnte ich noch kurz unter die Dusche springen, ehe ich zu meinem Seminar über romantische Literatur ginge.
    Ach ja, deswegen hatte ich ja am Abend schon ein Nickerchen gemacht.
    Ich stellte den Wecker, schaltete die Lampe aus, drehte mich um und schloss die Augen.
    Soweit ich weiß, schlief ich sofort ein.
    Und hatte schreckliche Träume. Mehrere Male schreckte ich mit einem panischen Keuchen schweißgebadet und atemlos hoch, nur um mit einem Blick auf den Wecker festzustellen, dass es noch zu früh war, um aufzustehen. Also schloss ich meine Augen, versuchte weiterzuschlafen und geriet in den nächsten Alptraum.
    Ich erinnere mich nur an den letzten.
    Ich hatte mich in den dunklen Straßen der Stadt verlaufen und eilte von einer Kreuzung zur nächsten. Alle Straßennamen auf den Schildern kamen mir fremd vor. Ich schaffe es niemals rechtzeitig zu meinem Seminar! Während ich durch die Gegend rannte, sah ich ein Mädchen an der nächsten Ecke. Ihr weites, weißes Kleid wehte hinter ihr im Wind, während sie die Straße entlangging. Vielleicht weiß sie, wo ich bin! Ich lief ihr hinterher.
    Ist es das Mädchen? , fragte ich mich. Ich wusste es nicht.
    Aber sie entfernte sich von mir, daher begann ich zu rennen. Ich holte schnell auf. Beim Näherkommen fiel mir
ein, dass sie Angst bekommen könnte, wenn sie mich so auf sich zurennen sah. Also rief ich: »Entschuldigung, Miss. Ich glaub, ich habe mich verlaufen. Könnten Sie mir helfen …?«
    Sie wandte sich um.
    Es war ein sehr alter Mann … der Mann von der Veranda. Kichernd streckte er die Arme aus und trottete auf mich zu. Ich wirbelte herum und rannte davon.
    Er ist ein alter Sack , dachte ich. Er wird mich niemals kriegen.
    Doch als ich zurückblickte, fuhr er auf einem Fahrrad und holte auf.
    Ich drehte mich um und stellte mich ihm. Als ich das Messer aus der Tasche meiner Jeans ziehen wollte, stellte ich fest, dass ich nackt war.
    Wo habe ich meine Kleidung gelassen?
    Ich konnte mich nicht mal daran erinnern, sie ausgezogen zu haben.
    Aber ich hatte keine Zeit, mir über meine Sachen Gedanken zu machen, weil der alte Mann in dem Kleid mit seinem Fahrrad auf mich zuraste. Er hatte sich über den Lenker gebeugt, grinste, und ein Bleistift klemmte zwischen seinen Zähnen. Ich drehte mich um und lief weiter.
    Oh nein, er wird mich mit dem Stift erwischen! Dann sterbe ich an Bleivergiftung!
    Da ist kein Blei drin, dachte ich, sondern Graphit. Diese Feststellung erleichterte mich ein wenig.
    » Den schieb ich dir in den Arsch, Süßer! «, kreischte er. » Ich mach dich fertig! «
    Wenn ich doch nur mein Messer gehabt hätte! Ich
blickte nach unten, um mich noch einmal zu vergewissern. Ich war immer noch nackt.
    Verdammt! Das habe ich davon, dass ich mich ausgezogen habe! Es ist alles Hollys Schuld!
    Ich erinnerte mich, dass wir uns in einem Park geliebt hatten. Deshalb war ich nackt.
    Wo ist sie? , fragte ich mich. Vielleicht kann sie mir helfen, diesen Kerl loszuwerden.
    Hat er sich sie zuerst geschnappt?
    »Ich hab sie genau hier!« , antwortete der alte Mann hinter mir, als hätte er meine Gedanken gelesen.
    Wie kann er mit einem Stift im Mund reden?
    Ich blickte mich um.
    Er hatte den Stift nicht mehr im Mund. Er hielt ihn aufrecht in der Hand, und darauf steckte der Stumpf von Hollys Hals. Wie einen großen Dauerlutscher streckte er ihren abgetrennten Kopf mit der rechten Hand in die Luft.
    Ihre Augen waren geöffnet, ihr Haar wehte im Wind. » Hallo, Süßer! «, rief sie mir zu. » Lauf doch nicht weg.«
    Ich war froh, sie zu sehen, aber zugleich entsetzt.
    » Was willst du? «,

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