Finster
blickte mich an. »Das ist ganz schön aufregend«, sagte sie.
»Findest du?«
Ich machte mir vor allem Sorgen … oder hatte sogar Angst. Und ich war es langsam leid. In dieser Nacht war schon zu viel geschehen. Ich wollte sicher in meiner Wohnung sein, mit eingeschalteten Lampen und abgeschlossener Tür. Unterhalb dieser Empfindungen verspürte ich allerdings auch eine gewisse Erregung angesichts dessen, hier neben Eileen zu kauern und mich zu verstecken.
Nach einer Weile sagte sie: »Warum braucht er denn so lange?«
»Wie weit war er hinter uns?«
Sie zuckte die Schultern, und ich spürte, wie ihr Arm über meinen rieb. »Nur einen Block.« Sie erhob sich ein wenig und spähte über die Motorhaube. »Ich sehe niemanden.«
»Wir hören ihn, wenn er vorbeigeht.«
Sie blieb halb aufgerichtet stehen und hielt die Bücher an ihre Brust gedrückt.
»Pass auf, dass er dich nicht sieht«, flüsterte ich.
Eileen duckte sich tiefer und streifte mich dabei wieder mit dem Arm. »Ich glaube nicht, dass er kommt«, sagte sie.
»Lass uns noch ein bisschen warten. Vielleicht ist er vorsichtig.«
»Oder wir haben ihn abgehängt.«
Ich nickte.
Schweigend hockten wir nebeneinander und warteten. Unten auf der Straße fuhr ein Auto vorbei. Die Motorgeräusche entfernten sich langsam. Ich lauschte auf Schritte, hörte aber nichts.
Eileen wandte sich zu mir. »Vermutlich ist er uns gar nicht gefolgt.«
»Wahrscheinlich nicht«, sagte ich.
»Er ist bestimmt nur zufällig in dieselbe Richtung gegangen.«
»Ja.«
»Kommt ständig vor.«
»Aber manchmal«, sagte ich, »wird man wirklich verfolgt.«
»Nicht dieses Mal, glaub ich.«
»Gehen wir lieber auf Nummer sicher«, sagte ich. »Vielleicht wartet er nur darauf, dass wir aus unserem Versteck kommen.«
»Du bist anscheinend noch paranoider als ich.«
»Sieht so aus«, sagte ich.
»Ich bin nur ungern auf einem fremden Grundstück.«
»Wir machen ja nichts kaputt.«
»Könnte sein, dass die Besitzer das anders sehen.« Sie drehte sich halb herum und sah zum Haus.
Ich blickte mich ebenfalls um. Aus unserem Versteck hatten wir keines der Fenster im Blick.
»Ich glaub, sie können uns nicht sehen«, flüsterte Eileen.
Ich schaute zum Nachbarhaus hinüber. »Die auch nicht«, sagte ich.
Eileen blickte mich an. »Wir sind ziemlich gut versteckt, oder?«
»Ja, könnte man sagen.«
»Aber nicht so gut wie unter der Brücke.«
Ich wünschte, sie hätte die Brücke nicht erwähnt. »Hier ist es auf jeden Fall besser beleuchtet.«
»Ich hatte solche Angst.«
»Ich auch.«
Sie legte ihre Bücher auf den Beton. »Halt mich fest«, flüsterte sie.
Ich stellte die Einkaufstüte ab.
Vor dem Kühlergrill kniend wandten wir uns einander zu. Eileen schlug meinen Umhang auseinander und schmiegte sich an mich. Sie schob ihre Hände unter die Büchertasche auf meinem Rücken. Ich umarmte sie sanft. Sie zitterte, obwohl sich ihr Körper warm anfühlte.
»Es war so schrecklich«, sagte sie dicht an meinem Ohr.
»Für dich war es viel schlimmer als für mich.«
»Sie waren überall auf mir.«
Und in dir?, ging es mir durch den Kopf. Aber das konnte ich sie nicht fragen.
»Weißt du, was mir am meisten zu schaffen macht?«, fragte sie.
»Nein.«
Jetzt kommt’s.
»Sie konnten uns sehen.«
»Ja, ich glaub schon.«
»Sie müssen in der Lage gewesen sein, uns zu sehen«, sagte sie. »Sie wussten genau, wo wir waren … und wo sie hinfassen mussten und … sonst hätten sie all das nicht tun können. Aber es war stockdunkel da unten.«
»Nicht völlig«, sagte ich.
»Wir konnten sie überhaupt nicht sehen. Wir konnten uns nicht mal gegenseitig erkennen.«
»Wahrscheinlich waren sie so lange da unten, dass ihre Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt haben.«
»Aber es war so dunkel. Mein Gott, war es dunkel.« Sie drückte sich enger an mich. Der Betonboden schmerzte an meinen Knien. »In so einer Dunkelheit kann man nichts erkennen, egal wie lange man dort ist.«
»Aber sie müssen etwas gesehen haben.«
»Ich weiß, ich weiß. Sie waren wahrscheinlich die ganze Zeit da. Haben einfach ruhig dort gestanden. Man sollte meinen, dass man zumindest hätte hören müssen, wie sie atmen.«
Oder sich ausziehen, dachte ich.
Wenn sie sich nicht schon ausgezogen hatten, ehe wir kamen.
Vielleicht hatten sie nackt im Fluss gebadet.
Nicht gerade wahrscheinlich, in einer kühlen Nacht wie dieser.
»Oder wir hätten sie riechen müssen«, sagte Eileen. »Hast du sie
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