Finster
sein Hemd. Jetzt wird’s langsam spannend, stimmt’s?« Er wippte weiter grinsend auf und ab.
»Ich hab meins leider zu Hause vergessen«, sagte Eileen. »Dieser alte Knabe war so nett, mir seins zu leihen.«
Kirkus hüpfte weiter, aber sein Grinsen verschwand, während er eine Braue hochzog. »Du willst mich wohl auf den Arm nehmen.«
»Überhaupt nicht«, meinte Eileen todernst.
»Und warum bist du nass?«
»Ein paar Tropfen Regen, altes Haus.«
Er wippte immer noch, aber seine Brauen zogen sich über der Nase zu einem Strich zusammen. »Und die Verletzungen?«, fragte er. Er blickte von Eileen zu mir, wippte und runzelte die Brauen, nun weniger Tambourmajor, sondern eher strenger Schuldirektor, der einem Streich auf die Schliche kommen will. »Wir hatten ein bisschen Ärger.«
Eileen sah zu mir, als ich das sagte.
»Mit einem Hund. Draußen im Moor. Ein riesiges Vieh mit glühenden Augen.«
»Verstehe.« Er holte tief Luft, sank in sich zusammen, richtete sich wieder auf und legte den Kopf in den Nacken. »Treibt ruhig eure Späße mit mir.«
Plötzlich fühlte ich mich mies. Kirkus war ein anmaßender und arroganter Trottel, aber das war keine Entschuldigung dafür, ihn zu verspotten. »Hey«, sagte ich. »Tut mir leid.«
»Mir auch«, meinte Eileen. »Wir hatten eine harte Nacht.«
»Ah.« Unsere Reue schien ihn mit Befriedigung zu erfüllen. »Schon in Ordnung.«
»In Wirklichkeit«, erklärte ich ihm, »sind wir vor ein paar Minuten von einer Bande Jugendlicher überfallen worden. Sie haben uns verprügelt und Eileens Hemd runtergerissen.«
»Dumme Sache«, sagte Kirkus.
Achselzuckend sagte Eileen: »Tja, wir sind ihnen entkommen. Aber du solltest aufpassen, dass du ihnen nicht über den Weg läufst.«
»Ich bin durchaus in der Lage, ganz famos auf mich selbst aufzupassen«, entgegnete er.
»Sei einfach vorsichtig«, sagte Eileen. »Das sind fiese Schweine. Sie haben mir ins Haar gepisst.«
Kirkus betrachtete ihre Haare, schnüffelt ein paarmal in der Luft und trat einen Schritt zurück.
»Wir wollen nicht, dass es jeder erfährt«, erklärte ich. »Eigentlich wollen wir nicht, dass überhaupt jemand davon weiß.«
»Es ist schrecklich erniedrigend«, fügte Eileen hinzu. »Und widerlich.«
»Wir haben dich ins Vertrauen gezogen«, sagte ich.
»Und wir hoffen, dass du uns nicht enttäuschst«, ergänzte Eileen.
»Klaro.« Kirkus nickte steif, wippte auf und ab und sagte: »Ich schweige wie ein Grab.«
»Danke«, sagte Eileen.
»Danke, Rudy«, sagte auch ich.
»Ich danke euch für die Warnung. Wenn die kleinen Rowdys mir krumm kommen, werden sie es bitter bereuen.«
Ich streckte die Hand aus und tätschelte seinen Arm. »Schlag sie tot!«
»Wo seid ihr ihnen begegnet?«, fragte er.
Eileen wandte sich um und zeigte hinter uns. »Ein paar Straßen weiter.«
Das Wohnheim, in dem Kirkus wohnte, lag in der Richtung.
Stirnrunzelnd fragte er: »Wie viele Schläger waren es?«
»Sechs oder sieben«, sagte ich.
Er nickte forsch.
»Ich schätze, du musst an ihnen vorbei, um nach Hause zu kommen«, fügte ich hinzu.
»Allerdings.«
»Vielleicht sind sie schon weitergezogen«, warf Eileen ein.
Kirkus richtete sich auf und warf den Kopf in den Nacken. »Gar wohl weiß die Gefahr, Cäsar sei noch gefährlicher als sie«, zitierte er.
»Wenn du es sagst«, meinte ich.
»Danke«, sagte er und ging an uns vorbei.
»Viel Glück«, wünschte ich ihm.
»Mach ihnen die Hölle heiß«, sagte Eileen.
Während Kirkus mutig den Bürgersteig entlangschritt, überquerten wir die Straße. Nach der Hälfte des Häuserblocks warfen wir beide einen Blick zurück. Kirkus war nirgendwo zu sehen.
»Hoffentlich tut er ihnen nicht weh«, sagte Eileen.
Ich kicherte und kam mir ein wenig gemein vor.
»Armes Schwein«, meinte Eileen.
Wir mussten beide lachen.
»Weißt du«, sagte ich, »er wäre gar kein so schlechter Kerl, wenn er nicht durch die Gegend laufen und den beschissenen allwissenden Snob spielen würde.«
»Oder den bepissten allwissenden Snob.«
Wieder lachten wir.
An der nächsten Kreuzung erreichten wir den Grand Market.
»Vielleicht willst du lieber draußen warten«, schlug Eileen vor. »Ich gehe rein und hole das Zeug.«
Ich nickte.
»Geh nicht weg.«
Sie ging in das Geschäft. Ich trat um die Ecke, weg von der Hauptstraße, und stellte mich dicht an die Mauer. Ein paar Leute kamen vorbei, doch niemand kümmerte sich um mich.
Eileen blieb lange weg. So kam es mir
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