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Finster

Titel: Finster Kostenlos Bücher Online Lesen
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ließ mich stehen. Sie ging an der Tür der Fishers vorbei, ohne hineinzusehen.
    Ich folgte ihr eilig.
    Als ich die Tür passierte, musste ich unwillkürlich hineinblicken.

    Mrs. Fisher stand vornübergebeugt und auf ihren Stock gestützt im Eingang. Sie glotzte mich durch ihre dicken Brillengläser an. Ihre Augen wirkten groß wie Eier. Ich zuckte zusammen und sagte: »Oh, hallo.«
    »Selber hallo«, antwortete sie grinsend.
    Ich musste stehen bleiben.
    »Was hast du denn da an, Eddie?«
    »Ein Vampirkostüm. Für Halloween.«
    »Und was trägt Holly?«, fragte sie.
    Holly?
    Ich wich zurück, als Mrs. Fisher in den Flur humpelte. Eileen war am Fuß der Treppe stehen geblieben.
    »Hallo, Mrs. Fisher«, sagte sie.
    »Komm her und lass mich dich ansehen, Holly.«
    Eileen lächelte und kam näher.
    »Was ist das für eine Verkleidung?«, fragte Mrs. Fisher sie.
    »Das sind meine normalen Sachen.«
    »Ach so.«
    Mrs. Fisher trug ein weites graues Sweatshirt mit dem alten Logo der Willmington University. Um das Logo stand in violetten Buchstaben HOME OF THE BRAVES. Sie hatte sich ein weißes Badetuch um die Taille gewickelt, das fast bis zu ihren Knien reichte. Darunter waren ihre dicken Beine nackt. Ihre Füße steckten in blauen Turnschuhen ohne Schnürriemen.
    »Ich dachte, du hättest ebenfalls dein Halloweenkostüm an«, sagte sie.
    »Heute Nacht nicht«, antwortete Eileen.
    »Eddie hat seins schon.« Sie blickte mich mit ihren
riesigen Augen an und sagte: »Komm rein und zeig es Walter.«
    »Wir müssen wirklich weiter.«
    »Dauert doch nur’ne Sekunde. Gönn ihm den Spaß.« Sie streckte den Arm nach mir aus, aber ich machte einen Seitwärtsschritt zur Treppe, und sie verfehlte mich. »Sei nicht so schüchtern, Eddie.«
    »Es ist schrecklich spät«, sagte ich. »Ich zeige es Walter ein anderes Mal, okay?«
    »Tja …«
    »Bis bald, Mrs. Fisher«, sagte Eileen.
    »Gut. Geht hoch. War schön, dich mal wiederzusehen, Holly.«
    »Danke«, sagte Eileen. »Ebenfalls.«
    »Mein Gott, du bist gewachsen.«
    »Danke.«
    »Immer noch schön wie ein Sommermorgen.«
    »Sie auch. Bis dann.«
    Am Fuß der Treppe blickten wir uns zu ihr um. Sie winkte zum Abschied mit ihrem Stock.
    »Gute Nacht«, sagte ich.
    »Schlaft gut.«
    Wir eilten nach oben. Mich hatte die Begegnung angewidert, aber Eileen lächelte.
    Der Flur im ersten Stock war in trübes gelbes Licht getaucht. Alle Türen waren geschlossen.
    »So schlimm ist sie gar nicht«, flüsterte Eileen.
    »Wenigstens hat sie sich nicht darüber beschwert, dass du mit mir hochgehst.«
    »Vielleicht, weil sie mich für Holly hält.«

    »Sie mochte Holly sehr gerne.« Ich schloss die Tür auf und fügte hinzu: »Alle konnten sie gut leiden. Wahrscheinlich ist das immer noch so. Nur bei mir nicht.«
    Wir traten ein, und ich schloss die Tür.
    »Ich bin auch nicht mehr so begeistert von ihr«, sagte Eileen.
    Während sie ihre Bücher auf den Wohnzimmertisch vor dem Sofa legte, ging ich in die Küche und stellte die Einkaufstüte auf die Arbeitsfläche. Ich griff unter meinen Umhang und zog die Büchertasche vom Rücken. Als ich sie auf den Tisch warf, kam Eileen herein.
    »Ich gehe unter die Dusche, okay?«
    »Klar. Ich gebe dir einen frischen Waschlappen und ein Handtuch.«
    Sie folgte mir zum Badezimmer.
    Ich schaltete das Licht an und ging zum Wandschrank mit der Wäsche. Oben aus dem Schrank holte ich einen weichen pinkfarbenen Waschlappen und ein dazu passendes Handtuch. Ich hatte die Sachen letztes Jahr gekauft, damit Holly sie benutzen konnte, wenn sie über Nacht blieb.
    Ich brachte die Wäsche zu Eileen ins Bad.
    »Könnte sein, dass ich ein paar Verbände brauche, wenn ich fertig bin«, sagte sie.
    Ich öffnete den Arzneischrank und zeigte ihr, wo die Sachen waren.
    »Ich beeil mich«, sagte sie.
    »Lass dir Zeit. Keine Hektik.«
    »Fang ruhig schon mit dem Rum an. Du musst nicht auf mich warten.

    »Okay. Bis gleich.« Ich ließ sie allein und schloss die Tür.
    Aber ich trank noch keinen Rum. Stattdessen ging ich ins Schlafzimmer. Ich schaltete das Licht an und stellte mich vor den Spiegel. Mein Haar war wirr, mein Gesicht schmutzig und zerkratzt. Ich öffnete den Umhang, fletschte die Zähne und knurrte den Spiegel an.
    Großer böser Vampir.
    Klar.
    Aber ein bisschen verwahrlost und beängstigend sah ich schon aus.
    Das hätte ich mal bei Kirkus probieren sollen.
    Oder bei der Fahrradhexe.
    Beinahe hätte ich lachen müssen, doch plötzlich tauchte vor meinem

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