Finster
gerochen? Ich habe ihren Gestank wahrgenommen, als sie auf mir lagen, aber vorher habe ich nichts gerochen.«
»Ich auch nicht.«
»Ich meine, wir hätten sie hören oder irgendwas von ihnen mitkriegen müssen . Das ergibt einfach keinen Sinn.«
»Stimmt.«
»Und der Gedanke, dass sie dicht bei uns waren, während wir … all das gemacht haben.« Sie erschauderte in meinen Armen. »Und wir haben es nicht einmal geahnt.«
»Ninja-Penner«, flüsterte ich.
Sie lachte leise, ihr Atem blies heiß gegen meinen Hals, und ich spürte, wie ihr Körper bebte. »Sehr witzig«, raunte sie.
Danach sagten wir eine Weile nichts mehr. Wir hielten uns einfach nur in den Armen. Sie hörte auf zu zittern. Ich fühlte das langsame, leichte Heben und Senken ihrer Brust.
»Ich glaub, wir waren jetzt lange genug hier«, sagte ich.
»Meine Knie bringen mich um«, meinte sie.
»Mich auch.«
»Meine Knie berühren dich doch nicht mal.«
Wir mussten beide ein wenig lachen.
»Du bist ziemlich lustig für einen Schlaumeier«, sagte ich.
»Ich bin kein Schlaumeier. Kirkus ist ein Schlaumeier.«
»Das bildet er sich bloß ein.«
»Hoffentlich kommt er gut nach Hause.«
»Meinst du, er hat uns geglaubt?«, fragte ich.
»Die Sache mit der Jugendbande? Ja. Das hat er bestimmt geglaubt.«
»Nette Ausschmückung, die Pisse im Haar.«
Sie lachte. »Hast du mitgekriegt, wie er geschnüffelt hat? Sein Gesichtsausdruck, man könnte meinen, er hätte es wirklich gerochen.«
Ich drückte mein Gesicht in ihr Haar. Es klebte feucht an ihrem Kopf.
»Wie riecht es?«
»Gut.«
»Hoffentlich war nichts Ekliges im Fluss.«
»Du kannst ein schönes Bad nehmen, wenn wir bei mir sind.«
»Ich kann’s kaum erwarten.«
»Bist du startklar?«
»Ich hoffe, ich kann überhaupt noch aufstehen.«
Ich wusste genau, was sie meinte; meine Knie fühlten sich ebenfalls wie zerschlagen an.
Wir lösten uns voneinander. Eileen hob ihren Bücherstapel auf und drückte ihn sich an die Brust. Ich nahm mit einer Hand die Einkaufstüte, mit der anderen hielt ich meinen Umhang zu.
Meine Knie knackten, als ich aufstand.
Eileen stöhnte. »Beim nächsten Mal sollten wir Knieschoner mitnehmen«, sagte sie.
»Das ist wirklich eine gute …«
Ring-ring-ring.
Es war zu spät, um sich zu ducken.
Sie kam von links den Bürgersteig entlanggerollt, eine
dürre alte Hexe in schwarzer Stretchhose und mit verkehrt herum aufgesetzter Baseballkappe. Die Fahrradreifen summten leise, fast lautlos über den Asphalt.
Während sie auf die Einfahrt zufuhr, wandte sie den Kopf in unsere Richtung.
Dunkle Schatten verbargen ihr Gesicht.
Sie sieht uns, dachte ich, obwohl ich ihre Augen nicht erkennen konnte.
Als sie das Ende der Einfahrt erreicht hatte, drehte sie sich noch weiter um, so dass sie uns nicht aus den Augen verlor. Sie behielt uns im Blick, bis sie hinter der Hecke des Nachbarhauses verschwand.
Eileen und ich standen reglos und still nebeneinander.
Von rechts ertönte das Ring-ring-ring der Fahrradklingel.
Eileen sah mich an. »Was zum Teufel war das?«
»Die Fahrradhexe«, sagte ich.
»Du kennst sie?«
»Eigentlich nicht.«
Ring-ring.
Das Geräusch kam aus größerer Ferne.
»Ich will hier weg«, sagte Eileen.
»Verschwinden wir.«
24
»Mein Gott, die Kirche«, sagte Eileen, als wir die letzte Straße auf dem Weg zu meinem Wohnhaus überquerten. »Es gibt nichts Lustigeres als eine alte Kirche mitten in der
Nacht. Ich bin gespannt, wer dort auf uns wartet, um uns zu Tode zu erschrecken.«
»Niemand, da bin ich sicher.«
»Ich bin mir über gar nichts mehr sicher«, sagte sie.
»Wenn du dir unbedingt Sorgen über etwas machen willst, wie wäre es dann mit Mr. und Mrs. Fisher?«
»Ach, die sind harmlos.«
»Wenn sie uns in diesem Zustand sehen …« Ich schüttelte den Kopf.
»Tja, erzähl ihnen doch einfach, wir wären von einer Bande jugendlicher Herumtreiber überfallen worden.«
»Klar.«
»Bei Kirkus hat’s geklappt.«
»Kirkus ist ein Idiot.«
Ich ging voraus und schloss uns auf. Nachdem ich Eileen hereingelassen hatte, machte ich die Tür leise wieder zu. Ich schlich durch den Flur, und Eileen folgte mir.
Die Tür der Fishers stand offen, Licht ergoss sich in das Halbdunkel des Flurs. Ich konnte ihren Fernseher hören. Die Musik klang wie aus Halloween .
»Na toll«, murmelte ich.
»Kein Problem«, flüsterte Eileen.
»Ich trage einen Vampirumhang.«
»Sie werden bloß denken, du bist durchgedreht. Komm schon.« Eileen
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