Finsteres Gold
lacht.
Ich presse meine Lippen einen Augenblick lang aufeinander und mache dann die ganze Stimmung kaputt. »Du vertraust mir nicht, stimmt’s?«
»Doch«, antwortet er zu schnell.
»Ach ja, hmm. Okay.«
Obwohl die Dusche so viel Lärm macht, höre ich, wie er verärgert ausatmet.
Der Abfluss verschluckt das Wasser.
»Du weißt«, sagt er, »dass ich dich wirklich wahnsinnig liebe.«
»Du sagst die perfekten Boyfriend-Worte.« Ich steige aus der Dusche und schnappe mir ein Handtuch.
Er lacht. »Und was ich tue, ist etwas anderes? Ich meine, du regst dich doch dauernd über das ganze Macho-Alphatier-Gehabe auf.«
»Na ja, darüber und über deine heimliche Vorliebe für Frolic.«
»Du hast versprochen, das niemals zu erwähnen!«, sagt er und tut so, als würde er sich ärgern.
»Nein, ich habe versprochen, die Geschichte mit dem Hydranten niemals zu erwähnen.«
»Zara!« Er lacht sich fast kaputt.
»Oder das Verbellen des Staubsaugers.«
»Jetzt reicht es aber«, mahnt er, aber er lacht immer noch. »Obwohl du so gemein bist, sind wir heute Abend verabredet. Und du gehst mit mir zu dem Ball.«
Ich stelle mir vor, wie er sich beim Lachen den warmen Bauch hält. Ich schließe die Augen. »Glaubst du, du kannst Dev dazu bringen, dass er Issie einlädt?«
»Ich versuch’s.«
»Cool.«
Später am Abend holt Nick mich ab. Er klopft nicht, sondern kommt einfach herein, als würde er hier wohnen oder so, aber das tut er eigentlich auch.
»Ich entführe Ihre Enkeltochter«, ruft er Betty zu, die in der Küche das Geschirr vom Abendessen spült. Ich bin wegen meines verletzten Arms vom Spüldienst befreit. Eins zu null für mich!
»Gut. Behalt sie eine Weile. Sie hockt so verdammt oft an meinem Computer, dass sie ihre Finger gar nicht mehr strecken kann.« Sie kommt ins Wohnzimmer und trocknet sich lächelnd die Hände an einem hellgelben Geschirrtuch ab. »Viel Spaß, ihr zwei. Kommt nicht zu spät wieder.«
Ich stürze mich auf sie und küsse sie auf die Wange. Sie tätschelt mein Gesicht und sagt: »Du bist ein Goldschatz.«
Nick gibt ihr ebenfalls einen allerdings übertrieben lauten Schmatz auf die Wange. Dann nimmt er sie in seine starken Wolfsarme und schwenkt sie im Kreis herum.
»Und du bist einfach nur frech«, lacht sie und schlägt mit dem Handtuch nach ihm. »Jetzt aber ab mit euch!«
Wir machen, dass wir in Nicks Mini kommen, in dem es immer ein bisschen nach Hund riecht. Ich versuche, mich anzuschnallen, aber meine Hände sind so kalt, dass ich es nicht schaffe. Außerdem kommt das verletzte Handgelenk erschwerend hinzu. Nick greift herüber zu mir und hilft mir. Seine Finger berühren meine Finger, und in meinem Innern wirbeln alle Organe durcheinander und verschmelzen dann miteinander. Seine Lippen sind wunderschön. Ich kann den Blick nicht abwenden … ich kann den Blick nicht von seinen Lippen abwenden. Ich muss ihn küssen. Ich richte mich auf und beuge mich zu ihm. Seine Lippen öffnen sich ein bisschen. Die Welt verschwindet. Es gibt nur noch seinen Mund und meinen Mund. Seine Hand legt sich auf meinen Rücken. Stark liegt sie dort, zuverlässig. Ich drücke mich an ihn.
»Wo sind deine Handschuhe?«, murmelt er, und sein Atem streicht über meine Lippen.
»Vergessen«, murmle ich zurück.
»Soll ich sie holen?«
Ich schüttle den Kopf, aber er springt trotzdem aus dem Mini. »Eine Sekunde.«
»Nick!«
»Meine Freundin hat keine kalten Hände.«
Er grinst und rennt zum Haus, springt mit einem Satz die Treppe hinauf und ist verschwunden. Ich lehne mich an das kalte Sitzpolster und schließe einen Augenblick die Augen. Ein paar schwere Wochen liegen hinter mir. Ich habe meinen Vater entführt und versehentlich einen Elf gerettet. Mein Wagen ist in die Luft geflogen, und meine Haut hat sich verfärbt. Nicht zu reden davon, dass wir in Spanisch eine Klausur geschrieben haben, dass ich für Kunst eine Arbeit abgeben muss und für den immerhin halb offiziellen Ball außer ein paar T-Shirts nichts anzuziehen habe. Ich blase meine Finger an und schaudere, weil … ich etwas spüre? Das krabbelige Spinnengefühl? Es ist da. Als ob viele Hundert Spinnentiere auf mir herumkrabbeln würden.
Etwas schreit. Es ist kein Tier, aber auch kein Mensch. Es ist definitiv kein guter Laut. Es klingt nach einem Schmerzensschrei. Aber es ist nicht sehr nah. Ich greife nach dem Türgriff, umklammere das kalte Metall mit den Fingern und lausche … Nichts.
»Astley?«, flüstere ich in die
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