Finsteres Licht
waren Constantin meine Erinnerungen ein Dorn im Auge?
Um den Schein zu wahren, stöberte ich fleißig weiter, obwohl ich wusste, dass ich nichts finden würde, was mich weiterbringen könnte. Nach einiger Zeit holte Levana mich aus meiner Trance. Ich setzte mich mit der bockigen Miene eines verzogenen Mädchens auf.
„Es wird genauso schwer sein, wie an deine Energiequelle zu gelangen. Du solltest geduldig sein.“
Ihr Tonfall wa r selbstgefällig und spöttisch. Das regte mich noch mehr auf, als die Tatsache, ohne ihren Willen niemals an meine Erinnerungen zu kommen.
„Wer’s glaubt“, murrte ich, stand auf und marschierte gereizt auf die leere Wand zu.
Amüsiert über meinen Ärger, schmunzelte Levana süffisant und zauberte die Tür herbei. Ich fragte nicht nach unserem nächsten Treffen, da sie mich sowieso immer von einem Bediensteten holen ließ.
Übellaunig wie ich war, suchte ich nach Ruhe und Abstand im Wald und traf prompt auf Aris, der sich gerade auf den Weg zu Nitsa machte, wie ich annahm.
„Na Prinze s schen, wie geht’s? “, zog er mich auf.
Von wegen Prinze s schen. Einer Prinzessin würde man nicht so einfach das Gedächtnis stehlen. Naja, wenn man Constantin als seinen Vater oder Großvater hatte, anscheinend doch, korrigierte ich mich.
„Geht so!“
„Worüber regst du dich auf?“
„Nichts weiter. Ich komme gerade von der Hexe!“, stieß ich verächtlich aus.
„Oh. Das erklärt alles.“
„Bist du auf dem Weg zu deiner Mutter?“, fragte ich in der Hoffnung, ihn begleiten zu dürfen.
„Ja. Ich hab etwas für sie aus Besov besorgt.“
Er deutete auf seinen Rücken, an dem ein schwarzer Rucksack hing.
„Dürfte ich vielleicht mitkommen?“
Ic h setzte meinen Schmollmund auf.
„Natürlich. Sie wird sich freuen.“
„Super!“
Ich lachte, klatschte in die Hände und sprang vor ihm in die Luft. Ich freute mich auf sie. Seit unserem ersten Treffen hatte ich keine Gelegenheit sie zu besuchen . I ch fand sie ausgesprochen nett. Was natürlich nicht nur am aufgewärmten Blut lag, welches ich bestimmt wieder von ihr bekommen würde. Mein Ärger war wie weggeblasen.
„Was ist i m Rucksack?“, fragte ich neugierig.
„Ein paar Dinge die sie gut gebrauchen kann.“
Ich verstand, dass er über den Inhalt nicht mehr verraten wollte. Seinem prüfenden Blick zu urteilen, der im sekundenbruchteil die Gegend um uns herum kontrollierte, folgerte ich, dass es an möglichen unerwünschten Zuhörern lag. Ich inspizierte die Umgebung ebenfalls, nahm aber niemanden außer uns beiden wahr.
„Wie geht e s mit Levana voran?“, e rkundigte sich Aris vorsichtig.
Seit wir uns nicht mehr jeden Tag sehen oder miteinander reden konnten, bekam er nicht mehr so viel von mir mit.
„Überhaupt nicht. Weder auf der Suche nach meiner inneren Energie“, ich fuchtelte mit den Händen theatralisch in der Luft herum, „noch auf der Suche nach meinen Erinnerungen.“
„Das wird schon.“
Sein Aufmunterungsversuch war lieb gemeint, nutzte aber nichts. Sein Lächeln allerdings heiterte mich tatsächlich auf. Ich vermisste es. Es war sowieso schon so selten vorhanden und wir sahen uns kaum noch . Ich musterte sein Gesicht und die verführerischen Haarsträhnen in seinen Augen. Ob sich eventuell doch etwas mehr aus uns entwickeln könnte? Oder reichte unsere Zuneigung nur für eine innige Freundschaft? Wie auch immer. Im Augenblick war ich froh, ihn an meiner Seite zu wissen. Ich erfreute mich an seiner Nähe und schlenderte mit ihm durch den Wald.
Aris klopfte wieder fünf Mal mit dem löwenförmigen Türklopfer im gleichmäßigen Rhythmus gegen die Holztür.
„Reicht es nicht einmal dagegen zu hämmern oder ist das euer geheimes Zeichen?“, zog ich ihn belustigt auf.
„Ahm…“, mehr brachte er nicht heraus.
Nitsa öffnete mit einem breiten Grinsen die Tür und bat uns in ihr Holzhäuschen.
„Wir vereinbarten das Klopfen, weil ich es so woll te“, erklärte sie anstatt Aris.
„Ich öffne meine Tür nicht für J edermann.“
Ernsthaft betrachtet, konnte ich das nachvollziehen. Andererseits, ein , von einem erwachsenen, mit Reißzähnen ausgestatteten und manchmal blutrünstig aussehenden Wharpyr , ausgeführtes Klopfzeichen an der Tür seiner Mutter, wirkte irgendwie lächerlich . Aber auch irgendwie süß.
„Wie geht es euch beiden?“, erkundigte sie sich und bedeutete mir im Wohnzimmer Platz zu nehmen.
„Danke, gut“, war meine knappe Antwort.
Ich freute mich hier
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