Finsteres Licht
informierte Chiara mich hastig, bevor sie mit ihrem Mann den altertümlichen, aber nobel und antik eingerichteten Raum verließ.
Aris stand stumm vor mir. Er prüfte meinen Ausdruck und setzte an, um etwas zu sagen. Kurz bevor er seine Lippen öffnete, zögerte er und hielt inne.
Jetzt musterte ich ihn. Sein Gesicht war markant. Männliche kantige Züge zierten es. Verirrte Strähnen seines glänzenden schwarzen Haares hingen ihm in die Stirn und teilweise über seine pechschwarzen, tiefsinnigen Augen. Etwas flackerte in ihnen auf. Interesse vielleicht?
„Was?“, fragte ich ungehalten und neugierig.
Ich überspielte meine Verlegenheit, dabei erwischt worden zu sein, wie ich ihn anstarrte, mit einem schroffen Tonfall.
„Ich habe nichts gesagt“, entgegnete er ausdruckslos und unantastbar.
„Aber Sie wollten etwas sagen.“
„Wo soll ich Sie hinbringen?“
„Dann eben nicht.“
„Wollen Sie auf Ihr Zimmer zurück?“
Sicher nicht. Ich hatte schon zu vi el Zeit dort drinnen verbracht. Allein. Eingesperrt. Und o hne Unterhaltungsmöglichkeiten.
„Nein. Ich würde gerne etwas spazieren gehen, wenn es Ihnen keine Umstände macht.“
Es war mir ernst damit, dass ich spazieren gehen und ihm nicht zur Last fallen wollte.
„Immer zu I hren Diensten!“
Aris verbeugte sich knapp. Nicht so tief wie bei meinen neuen Großeltern . Es fühlte sich komisch an, sie so zu betiteln, da sie mir total fremd waren. Und definitiv fühlte es sich noch eigenartiger an, dass sich dieser Muskelberg vor mir verbeugte.
„Sie können das echt gut, aber Ihr Grinsen ist mir nicht entgangen!“
Seine Lippen haben amüsiert gezuckt. So als ob es ihm irgendwie Spaß machte, wie ich verlegen auf sein edles, höfliches und untergebenes Getue reagierte.
„Wie ich höre, soll ich Sie lehren, wie man sich bei Hofe zu benehmen hat .“
„Noch geschwollener geht e s wohl nicht mehr, oder?“
Jetzt zuckten seine Lippen nicht nur ein wenig. Ein breites Grinsen zog sich über seine Wangen.
„Kommen Sie mit Sarah. Ich zeige ihnen das Anwesen.“
Er bedeutete mir erheitert und in einer etwas lockereren Art, ihm zu folgen. Glücklich über seinen Humor, tat ich das dann auch.
Aris führte mich in der Burg herum und erklärte mir, wann alles errichtet oder saniert wurde. Welcher verstorbene König diesen Tisch besessen, oder welcher tote Maler jenes Gemälde erschaffen hatte. Beinahe in jedem Raum gab es Kommentare zu irgendetwas, die ich mit „ Oh’s“ und „ Ah’s“ unterstrich, denen ich aber kaum folgen konnte. Jeder Raum für sich war eine Besonderheit und mit Gemälden, antiken Möbeln, teilweise kombiniert mit etwas moderneren Stücken und Accessoires, edle n Tapeten, Vorhänge n und Teppiche n ausgestattet . Die Farben waren perfekt abgestimmt, alles passte zusammen . Das Kaminzimmer lud zum romantischen Kuscheln auf dem riesigen, weichen Sofa ein. Im Speisesalon stand ein Tisch, natürlich aus massivem Holz, edel und robust, an dem locker schätzungsweise zwanzig Leute Platz hatten. Ich zählte die dazu passenden Stühle, mit ihren hohen königlichen Lehnen, nicht ab. Aber er war unbestreitbar groß. Es gab ein Empfangszimmer, welches einem einladenden Wohnzimmer glich und mit einer Bar ausgestattet war. Traumhaft h errliche Badezimmer und Schlafgemächer. Eine Bibliothek mit mehr Büchern, als ein Mensch während seiner durchschnittlichen Lebensdauer lesen könnte und ein Fitnessstudio, speziell für übernatü rlich starke Wesen angefertigt.
Am meisten gefiel mir der großzügige und zur Entspannung einladende Poolbereich. Mitten im Raum bildete ein ausgedehntes, s-förmig abgerundetes Wasserbecken das Zentrum der Oase. Abseits, in einer idyllischen runden Nische, befand sich ein kreisrunder Whirlpool für eine größere Anzahl von Personen. Sandfarbene, in verschiedenen Blautönen gehaltene und weiße Fliesen schm ückten Wände und Böden mit aufwä ndigen Verzierungen und schufen in ihrem perfekten Zusammenspiel ein traumhaftes karibisches Ambiente . Verschiedene Pflanzen, Palmen, bequeme Liegestühle und Tisch chen mit Glasplatten schufen lauschige Plätzchen zum Erholen. In einer anderen Ecke luden zwei aus kunststoffgeflochtenen, cappuccinofarbene Sofas und Sesseln rund um den dazu passenden niedrigen Tisch im Lounge-Stil zum gemütlichen zusammensitzen ein. Wie auch der Rest de r Burg wurde anscheinend auch hier nicht an Kosten und Luxus gespart.
„Ich glaube, ich brauche einen Badeanzug“,
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