Finsteres Licht
jahrhundertelangen Streitereien überlasse ich lieber denen, die die nötige Macht besitzen. Letztendlich geht es doch nur darum. Constantin strebt nach Macht, genauso wie Antonius.“
„Wer ist Antonius?“, wollte ich wissen.
„Der Anführer des Vampyr-Adels.“
„Und welchen Streit fechten die beiden aus?“
Aris schaute in Gedanken verloren starr auf einen Punkt vor sich. Ich verstand. Er durfte auch darüber nicht sprechen.
„Wo wohnen Sie eigentlich?“ , wechselte ich das Thema, um ihn aus seiner Zwickmühle des Erlaubten und Untersagten Gesprächsstoffes zu befreien.
„Im Wald, nicht weit von hier.“
„Wohnen Sie zusammen mit Ihrer Mutter?“
„Sie hat eine Hütte in der Nähe von mir.“
„Das ist schön. So können Sie sich jederzeit besuchen . Und … sind Sie verheiratet ?“
„Sie meinen, ob ich liiert bin?“
Aris hob überrascht seine Augenbrauen und runzelte die Stirn.
Ich nickte.
„Nein. Ich habe noch nicht die R ichtige gefunden.“
„Und es gibt auch keine Freundin oder jemanden der Ihnen ins Auge gefallen ist?“
„Es gab mal jemanden, aber das ist lange her.“
„Warum hat es nicht geklappt?“
„ Es sollte nicht sein“, seufzte er und ich spürte, dass ihm dieses Thema unangenehm war.
„Das tut mir leid.“
„Muss es nicht.“
Tat es aber und deshalb suchte ich nach einem neuen Gesprächsstoff.
„Sie sagten vorhin, Sie waren noch nie außerhalb von Rumänien.“
„ Das stimmt . Ich war immer hier.“
„Wie lange ist immer? Mit anderen Worten, wie alt sind Sie?“
„ Siebenunddreißig .
„Dann stehen Sie in der Blüte Ihrer Jugend. “
Keine Ahnung woher, aber ich wusste, dass siebenunddreißig Jahre kein Alter für übernatürliche Wesen war.
„So zusagen.“
Er lächelte charmant und sammelte den nächsten Sympathiepunkt bei mir.
„Warum sind Sie hier geblieben? Macht Sie die Welt da draußen nicht neugierig?“
Kurze Überlegung.
„Es ist nicht erlaubt die Gegend ohne ausdrückliche Anordnung oder der Einwilligung von Constantin zu verlassen.“
„O h. Hält er alle hier gefangen?“
„Es ist zum Schutz für unsere Art.“
Anscheinend wird hier jedes freiheitsraubende Verbot hinter dem Schleier des Schutzes versteckt.
„Wissen Sie wie alt Sie sind?“
Nach konzentrierter Überlegung, gab ich zu, dass ich es nicht wusste.
„Vielleicht bin ich schon über Tausend Jahre alt, wer weiß“, scherzte ich allmählich über meine erbärmliche Unwissenheit. Aris lachte erheitert darüber.
„Wir könnten es aber herausfinden. Wann wurde meine Mutter geboren?“
Er dachte nach und entschuldigte sich dafür, dass er das nicht wusste. Wir plauderten noch eine ganze Weile über belanglose Dinge. Es war ein nettes und entspanntes Gespräch. Ich hätte ewig mit diesem Typ so dasitzen und seinen akzentbegleitenden Worte n zuhören können. Mit seinem charmante n Lächeln und spitzen Grinsen ab und zu , wickelte er mich mehr und mehr um seine Finger.
Der Butler von vorhin unterbrach uns , um uns mitzuteilen , dass Chiara und Constantin mich pünktlich um zwanzig Uhr zum Abendmahl erwarteten. Es wurde Zeit zu gehen. Aris brachte mich auf mein Zimmer und holte mich kurz vor zwanzig Uhr wieder ab um mich in das prunkvolle Esszimmer zu führen.
„Guten Abend“, grüßte ich beim E intreten.
„Kommen Sie Sarah. Setzen Sie sich zu uns.“
Constantin machte eine einladende Handbewegung und deutete auf einen leeren Stuhl.
Der langgezogene Tisch war für drei Personen gedeckt. Nicht mit Teller und Besteck, sondern mit wenig dezente n Krügen, den dazugehörigen glänzenden Pokalen und Blumengestecke auf einer geschmackvollen weißen Tischdecke und schwarzen eleganten Platzdeckchen. Kerzenschein rundete das Tischgedeck ab und erwärmte den Raum mit angenehm zartem Licht. Die Kristalllampe in der Mitte der Zimmerdecke leuchtete ebenfalls und erhellte den restlichen Raum. Constantin saß standesgemäß an der Kopfseite des Tisches , Chiara an seiner rechten Seite , kerzengerade, als hätten sie einen Stock verschluckt und ich nahm ihr gegenüber zu Constantins linker Hand Platz. Meine Haltung ließ wohl eher zu wünschen übrig, obwohl ich mich motivierte auf manierliche und hoffähige Weise zu sitzen, um nicht ganz so schlimm aus der Reihe zu tanzen.
„Wie war Ihr Tag?“, fragte Chiara auf diese aristokratische Weise, die ihr und ihrem Mann angeboren zu sein schien.
„Ahm … sehr nett. Danke der Nachfrage“, antwortete ich
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