Finsteres Verlangen
Terrorgruppen in aller Welt gearbeitet zu haben, vor allem für solche mit einer Vorliebe fürs Arische. Er hatte durchaus auch Geld von Leuten genommen, die nicht darauf aus waren, die Welt für Fanatiker sicher zu machen, aber er schien doch lieber für die Fanatiker zu arbeiten. Er hatte Verbindungen zu Geheimorganisationen, die darauf spezialisiert waren, hellhäutige Leute an der Macht zu halten oder sie in Positionen zu bringen, wo sie Macht über die weniger hellhäutigen Leute hatten.
In der Akte befand sich eine Liste von Komplizen, und zu einigen gab es sogar ein Bild. Es waren ein paar Polizeifotos darunter, aber die meisten waren körnige Überwachungsaufnahmen, die schon mal durch ein Fax gelaufen waren. Gesichter im Profil, Gesichter von Männern, die gerade in ein Auto sprangen, die in fernen Ländern ein Gebäude verließen oder betraten. Es sah fast so aus, als wüssten oder fürchteten sie, dass sie fotografiert wurden. Zwei waren darunter, die ich mir immer wieder herausgriff – zwei Männer, einer mit Hut im Profil aufgenommen, der andere in einer unscharfen Nahaufnahme.
O’Brien kam um den Schreibtisch herum neben mich und betrachtete die Aufnahmen, die ich nebeneinander gelegt hatte. »Kennen Sie die?«
»Ich bin mir nicht sicher.« Ich strich am Rand der Bilder entlang, als könnte ich damit ihrem Geheimnis näherkommen.
»Sie haben sie sich wiederholt angesehen«, sagte sie.
»Ich weiß. Nicht weil ich sie kenne. Es kommt mir aber vor, als hätte ich sie irgendwo gesehen. Kürzlich erst. Ich komme nicht darauf, aber ich weiß, dass ich sie gesehen habe, oder zwei Leute, die ihnen sehr ähneln.« Angestrengt blickte ich auf die grobkörnigen Schwarzweißbilder, die aussahen wie die x-te Kopie der Kopie eines Faxes. War überhaupt noch nachzuvollziehen, wo das Original herstammte?
O’Brien ahnte, was ich dachte, denn sie sagte: »Das sind schlechte Überwachungsfotos, die außerdem gefaxt wurden. Da würde man kaum seine eigene Mutter erkennen.«
Ich nickte, dann nahm ich die Aufnahme von dem großen Dunkelhaarigen in die Hand. Er stieg gerade in ein Auto ein. Hinter ihm war ein älteres Gebäude zu sehen, das mir aber nichts sagte. Der Mann blickte nach unten, als achtete er auf den Bordstein, sodass von seinem Gesicht nicht viel zu sehen war. »Vielleicht würde ich ihn auf einer Frontalaufnahme erkennen. Oder ist das alles, was Interpol von ihm hat?«
»Sie haben alles geschickt, was sie haben, sagen sie jedenfalls.« Ich sah ihr an, dass sie es nicht glaubte, aber sie musste so tun, als täte sie es. »Man ist ziemlich besorgt, dass noch mehr von Heinricks Freunden in den Staaten sind. Wir werden Kopien der Fotos an die Streifenkollegen verteilen, mit der Anweisung, sie zu verfolgen und zu melden, aber nicht festzunehmen.«
»Sie meinen, die sind so gefährlich?«, fragte ich.
»Sie haben Heinricks Lebenslauf gelesen. Was glauben Sie denn?«
Ich zuckte die Achseln. »Ja, klingt gefährlich.« Ich ging noch mal die Liste der Komplizen durch. »Die sagen mir alle nichts.« Ich schloss die Akte und legte sie hinter die zwei Fotos. Dann nahm ich das zweite in die Hand, auf dem ein Mann mit hellen Haaren zu sehen war. Sie sahen weiß aus. Sie waren weiß oder weißblond. Im Hintergrund war nichts zu erkennen, das Aufschluss über seine Körpergröße gegeben hätte. Es war eine Nahaufnahme, Kopf mit Oberkörper. Er beugte sich gerade redend über einen Tisch. Er war recht gut erkennbar, aber ich wusste trotzdem nicht, wo ich ihn hinstecken sollte.
»Wurde das mit einer versteckten Kamera aufgenommen?«
»Warum fragen Sie?«
Ich drehte ihr das Foto hin, damit sie gerade darauf blicken konnte. »Zum Einen ist es aus einem sonderbaren Winkel aufgenommen, etwa aus Hüfthöhe. Normalerweise fotografiert man so nicht. Zweitens redet er, sieht aber nicht in die Linse. Es wirkt sehr natürlich. Ich möchte wetten, dass er von der Kamera nichts ahnte.«
»Da könnten Sie recht haben.« Sie nahm mir das Foto ab und betrachtete es eingehend. »Inwiefern spielt es eine Rolle, wie es aufgenommen wurde?« Dabei sah sie mich kalt und misstrauisch an, mit dem Blick des Polizisten, der erfahren wollte, was ich wusste.
»Hören Sie, ich habe zugesehen, als man Heinrick und seinen Freund befragt hat. Aus denen ist nichts rauszukriegen. Sie können sie für zweiundsiebzig Stunden festhalten, sie aber nicht zum Reden zwingen.«
»So ist es.«
»Wir könnten versuchen, sie zu ködern, indem wir
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