Romy Schneider - die Biographie
»Ich filme, ich filme«
Mit 42 Jahren, 1981, sinniert Romy Schneider über Nachwuchsschauspielerinnen und meint am Beispiel der damals 26-jährigen Eva Mattes: »Die ist sehr jung, hat viel Talent, ist aber längst nicht so fotogen, wie ich es war. Ich denke, so hättest du ja auch anfangen können, so anzufangen, mit einem richtigen Alltag. Ein bißchen Film und später mehr Theater. Diese jungen Schauspielerinnen sind heute sehr viel sicherer, als ich es damals war oder heute bin.« 67
28 Jahre zuvor, am 15. Juli 1953, sitzt Romy Schneider im Frühzug Richtung München. Sie ist vierzehn Jahre alt, trägt das hellblaue Kleid ihrer Mutter, deren hochhackige weiße Schuhe, die ihr glücklicherweise passen, und schließt aus der Aufmerksamkeit mitreisender Herren erfreut, dass diese sie mindestens für siebzehn halten. In der Tasche hat sie lediglich fünf Mark und hofft, dass niemand, vor allem nicht der Ober im Speisewagen, ihr das geringe Reisebudget ansieht. Einen Tag zuvor hat sie in Berchtesgaden einen Anruf von Magda Schneider erhalten, die sie nach München beordert. Den Zweck der Reise erfährt sie nicht, wie sie selbst später erzählt. In anderen Berichten, darunter Magda Schneiders Autobiographie, hat diese ihrer Tochter gleich die Überraschung verraten, worauf die Kleine mit einem Freudenausbruch reagiert habe. Romy bezieht ein Apartment im »Bayerischen Hof« und sieht zum ersten Mal das von ihr erträumte Luxusambiente der Filmstars aus der Nähe, weiß jedoch nicht, wie sie sich darin verhalten soll. Sie bestaunt die Knöpfe neben der Zimmertür, auf deren Signal Personal käme, um nach ihren Wünschen zu fragen. Zunächst bleiben sie jedoch ungedrückt. Der künftige Weltstar weiß nicht, was er sich denn, außer vielleicht einem Zitronensaft, bestellen sollte, und beschließt überdies, erst die Mutter beim Bedienen der Vorrichtung zu beobachten.
Auf der Fahrt ins Hotel erläutert Magda Schneider ihrer Tochter den Grund des Besuches näher. Der ProduzentKurt Ulrich hatte sie gefragt, ob sie sich vorstellen könnte, dass ihre Tochter an ihrer Seite in dem geplanten Film
Wenn der weiße Flieder wieder blüht
spielt. Magda Schneider überlegt, ruft ihren geschiedenen Gatten an, der die Entscheidung ihr überlässt. Gábor von Vaszary, der später das Drehbuch zum Film
Monpti
schreiben wird, dokumentiert in seinem Buch
Romy
, dass Magda Schneider ihrer Tochter keinerlei Informationen geben wollte, wie sie sich bei den Probeaufnahmen zu verhalten hätte. Sie sollte nach ihrem Empfinden agieren, dann würde sich herausstellen, ob sie begabt sei.
Das erste Treffen mit Filmleuten findet in einem Münchner Spital statt. In einem Krankenzimmer voll mit ihr unbekannten Leuten versteckt sich Romy hinter Magda Schneiders Rücken. Später lässt sie sich die Namen der Herren auf Papier notieren und lernt sie auswendig, damit sie diese in Zukunft korrekt ansprechen kann. Der wegen eines bandagierten Beines im Bett liegende Regisseur Hans Deppe begutachtet die artig mit Knicks Grüßende und bestellt sie für Probeaufnahmen nach Berlin. Mit Erleichterung registriert Romy seinen Berliner Dialekt, der ihr besser verständlich ist als der bayrische.
Mit dem Schlafwagen treffen Mutter und Tochter tags darauf in Köln ein, wo Magdas zweiter Ehemann seinen Hauptwohnsitz hat. Diese Art zu reisen sagt Romy zu, im Zug zu schlafen findet sie angenehm. Voraussetzung dafür, so notiert sie in ihr Tagebuch, sei freilich, dass man nicht über einer Wagenachse liege, und sie ergänzt, woher sie zu jener Zeit die Grundlagen für ihre Beurteilungen bezieht: »Das […] hat Mammi gesagt.« 68 Sie genießt es, nicht mehr zur Schule zu müssen, gleichzeitig fehlen ihr die Freundinnen, Gleichaltrige, mit denen sie über ihre neuen Eindrücke sprechen möchte. Die Ruinen und der Schutt in Köln bringen ihr erstmals bedrückend den nur acht Jahre zurückliegenden Krieg vor Augen, von dessen Spuren sie in der Schönau oder Goldenstein nichts bemerkte hatte.
Als sie am 1. September 1953 in Berlin eintrifft, kann sie den Text ihrer Rolle längst auswendig. Den Part eines jungen Mädchens, das für ihren fernen, berühmten Vater schwärmt, erscheint ihr vertraut. »Ich kann mir gut vorstellen, wie ich in so einem Fall reagieren würde. Ich kann das bestimmt spielen.« 69 In der Nähe des Flughafens befinden sich die Ufa-Ateliers, in denen sie tags darauf ihr Vorsprechen hat. Der erste Eindruck ist ernüchternd, stimmt nicht mit jenen
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