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Finsteres Verlangen

Finsteres Verlangen

Titel: Finsteres Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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Stuhl setzen. Er zeigte keinerlei Reaktion, als Zerbrowski Jason langsam von seinem Platz wegführte. Dolph sah gar nicht hin. Sein gequälter Blick war allein auf mich gerichtet. »Ich wusste ja immer, dass Sie ein Monsterflittchen sind.«
    Ich merkte, wie ich hart und kalt wurde. Wenn ich nicht so müde, nicht so gestresst gewesen wäre, hätte ich vielleicht – aber es gab eigentlich keine Entschuldigung für das, was ich darauf sagte. Dolph hatte mich getroffen, und ich wollte ihn genauso treffen. »Was ist eigentlich aus Ihrem Enkelkinderproblem geworden, Dolph? Ist Ihr Sohn immer noch mit dieser Vampirfrau verlobt?«
    Ich spürte Zerbrowskis Reaktion und erkannte im selben Moment, dass nur ich davon gewusst hatte. »Sie sollten nicht die Leute verärgern, denen Sie sich anvertraut haben, Dolph.« Sowie es heraus war, wünschte ich, ich hätte es nicht gesagt, aber es war zu spät. Verdammter Mist.
    Dolph kam von seinem Stuhl hoch und warf den Tisch um, dass es krachte. Wir stoben auseinander. Zerbrowski stellte sich vor Jason und möglichst weit weg an die Wand, ich in die Ecke neben der Tür.
    Dolph zertrümmerte das Inventar. Anders kann man es nicht nennen. Die Stühle flogen gegen die Wand und der Tisch hinterher. Dann griff er sich einen Stuhl und ließ seine Wut daran aus, indem er ihn immer wieder auf den Boden schlug.
    Die Tür des Befragungsraums sprang auf. Kollegen mit schussbereiter Waffe drängten herein. Sie hatten sicher einen randalierenden Werwolf erwartet. Der Anblick eines randalierenden Lieutenants ließ sie auf der Stelle erstarren. Den Werwolf hätten sie wahrscheinlich munter erschossen, aber bei Dolph zögerten sie. Natürlich wollte sich auch keiner auf einen Ringkampf mit ihm einlassen.
    Die Metallbeine des Stuhls knickten weg, und Dolph brach in die Knie. Seine rauen Atemgeräusche füllten den Raum, als wären es die Wände, die schnaufend Luft holten und wieder ausstießen.
    Ich ging zur Tür und scheuchte alle hinaus, sagte Dinge wie: »Alles in Ordnung. Es geht ihm gleich besser. Wir brauchen Sie nicht.« Ich war mir nicht sicher, ob das stimmte, aber ich wollte wirklich, dass sie wieder gingen. Es tut niemandem gut, seinen Lieutenant durchdrehen zu sehen. Das erschüttert das Vertrauen in ihn. Mann, mit meinem war es auch nicht mehr weit her.
    Ich schloss die Tür hinter ihnen und blickte zu Zerbrowski. Wir sahen uns nur an und wussten beide nicht, was wir sagen oder was wir tun sollten.
    Dolphs Stimme kam wie aus tiefstem Innern, als müsste er sie wie einen Eimer Hand über Hand aus dem Brunnen ziehen. »Mein Sohn wird ein Vampir.« Er sah mich voller Schmerz und Wut an, und ich war vollkommen ratlos.
    »Sind Sie jetzt zufrieden?«, sagte er. Da erst bemerkte ich die Tränenspuren in seinem Gesicht. Er hatte bei seinem Wutanfall geweint. »Meine Schwiegertochter will ihn als Vampir, damit er für sie ewig fünfundzwanzig bleibt.« Er stieß einen Laut aus, halb Schrei, halb Stöhnen.
    Zu sagen, dass es mir leid tat, erschien mir unangemessen. Aber mir fiel nichts ein, was angemessen gewesen wäre. »Das tut mir leid, Dolph.«
    »Warum denn? Vampire sind doch auch Leute.« Neue Tränen rollten ihm übers Gesicht. Er weinte lautlos. Wenn man ihn nicht direkt ansah, bemerkte man es kaum.
    »Ja, ich bin mit einem Blutsauger zusammen und habe auch einige Freunde ohne Puls, aber ich bin nach wie vor nicht damit einverstanden, wenn Menschen zu Vampiren gemacht werden.«
    Jetzt überflügelte der Schmerz seine Wut. Das machte es zugleich schwerer und leichter, ihm in die Augen zu sehen. »Warum? Warum?«
    Ich glaube nicht, dass er mich fragte, warum ich dieser Meinung war. Es war wohl eher ein Verzweiflungsschrei: Warum ich? Warum mein Sohn, meine Tochter, meine Mutter, mein Land, mein Haus? Warum ich? Warum ist das Leben so ungerecht? Warum kann nicht jeder glücklich sein? Ich hatte darauf keine Antwort. Ich wünschte, ich hätte eine gehabt.
    Ich antwortete auf die einfachste dieser Fragen. »Das weiß ich nicht mehr. Aber es macht mir jedes Mal Angst, wenn ich jemanden als Vampir wiedertreffe, den ich vorher als lebendigen Menschen gekannt habe.« Ich zuckte die Achseln. »Es ist, ich weiß nicht, beunruhigend.«
    Er schluchzte. »Beunruhigend …« Halb lachte, halb weinte er, dann schlug er sich die Hände vors Gesicht und weinte hemmungslos.
    Zerbrowski und ich standen einfach nur da. Ich weiß nicht, wer sich hilfloser fühlte. Er nahm Jason und schob ihn vorsichtig um den

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