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Finsteres Verlangen

Finsteres Verlangen

Titel: Finsteres Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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des zweiten Mordes mit mir zusammen gewesen ist. Wir können Ihnen Uhrzeiten nennen, wenn Sie wollen.«
    »Uhrzeiten wären gut«, sagte Zerbrowski. Er war mit seinem Stuhl ebenfalls vom Tisch abgerückt.
    Ich musste kurz überlegen und konnte dann ungefähre Zeiten für die vergangenen zwei Tage angeben. Leider konnte ich Jason kein Alibi für den ersten Mord geben, aber für den zweiten, da war ich mir ziemlich sicher.
    Zerbrowski gab sich alle Mühe, ein ausdrucksloses Gesicht zu machen, während er die Angaben notierte. Die ganze Befragung wurde aufgezeichnet, aber Zerbrowski schrieb sich trotzdem immer alles auf, genau wie Dolph. Hatte er vielleicht von ihm übernommen.
    Dolph blieb in der Nähe des Tisches stehen, während ich meine Aussage machte. Zerbrowski fragte ein paar Mal nach, um Missverständnisse auszuschließen.
    Jason blieb bei all dem sehr ruhig, hielt die Hände auf dem Tisch gefaltet, den Kopf gesenkt und sah nur flüchtig von einem zum anderen, ohne sich zu bewegen. Er erinnerte mich an einen Hasen, der sich tief ins Gras duckt und stillhält, damit die Hunde ihn nicht entdecken. Für einen Werwolf ein lächerlicher Vergleich. Aber er traf genau zu. Denn dass er ein Werwolf war, nützte ihm hier gar nichts. Die Gesetze der Menschen wurden meistens gegen ihn verwendet. Und manchmal brachten sie den Tod. Diese Gefahr bestand noch nicht, aber das konnte sich ändern.
    Ein Gestaltwandler, der des Mordes an einem Menschen angeklagt wurde, bekam einen schnellen Prozess und wurde hingerichtet. Wenn ein Gestaltwandler als Gewaltverbrecher galt, der Jagd auf Menschen machte, und der Polizei gelang es nicht, ihn zu verhaften, dann bekam man einen richterlichen Hinrichtungsbeschluss, genau wie für einen jagenden Vampir. Es war genau gleich geregelt. Für einen Vampir, der unter Mordverdacht stand, der sich der Verhaftung aber entzog und eine Gefahr für die Öffentlichkeit darstellte, wurde ein Exekutionsbeschluss erwirkt. Und wenn man den in der Hand hatte, durfte man ihn töten, sowie man ihn fand. Er bekam keine Gerichtsverhandlung, gar nichts, sondern wurde gejagt und zur Strecke gebracht. Ich hatte das auch ein paar Mal getan. Nicht oft, aber ein paar Mal.
    Vor einigen Jahren hatte es eine Bewegung gegeben, die die gleiche Regelung auf magiebegabte Menschen ausweiten wollte. Aber zu viele Menschenrechtsorganisationen waren dagegen Sturm gelaufen. Als magiebegabter Mensch war ich froh darüber. Als jemand, der selbst solche Exekutionsbeschlüsse ausführte, war ich mir nicht sicher, was in mir vorginge, wenn ich einen Menschen jagen und töten sollte. Ich hatte schon Menschen getötet, wenn sie mein Leben oder das Leben von Freunden bedroht hatten. Aber Notwehr, selbst proaktive Notwehr war damit nicht zu vergleichen. Eine menschliche Hexe oder ein menschlicher Hexer bekam einen Prozess, wurde er aber überführt, bei einem Mord Magie eingesetzt zu haben, bekam er unweigerlich ein Todesurteil. Zu neunundneunzig Prozent. Geschworene konnten sich nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass jemand, der mittels Magie töten konnte, unter den Lebenden blieb. Eines meiner Lebensziele war es, niemals einen Gerichtssaal von innen zu sehen.
    Ich wusste, Jason hatte nichts getan, aber ich wusste auch, wie es in unserem System für die lief, die nicht hundertprozentig Mensch waren: Deren Unschuld zählte mitunter nicht viel.
    »Kann jemand die Angaben bestätigen?«, fragte Zerbrowski.
    »Ein paar Leute, ja.«
    »Ein paar Leute«, wiederholte Dolph angewidert. »Sie wissen nicht mal, wer der Vater ist, oder?«
    Ich starrte ihn an wie ein Reh im Scheinwerferkegel.
    »Detective Reynolds hat uns ihr kleines Geheimnis verraten.« Er beugte sich nach wie vor über den Tisch, und ich stand an der Tischkante; wir waren auf Konfrontationskurs.
    »Und?«
    Er schnaubte. »Sie war nicht die Einzige, die am Tatort ohnmächtig geworden ist, und sie war auch nicht die Einzige, die gekotzt hat.« Er guckte, als hätte er etwas Entscheidendes unmissverständlich klargemacht.
    Ich sah ihn verständnislos an. »Verzeihung, was wollen Sie damit sagen?«
    »Tun Sie nicht so schamhaft, Anita, das steht Ihnen nicht.«
    »Ich tue nicht schamhaft, Dolph, ich verstehe nur überhaupt nicht, was Sie meinen.« Dann kam mir ein abwegiger Gedanke. Dolph dachte doch sicher nicht …
    Aber vielleicht doch. »Wollen Sie andeuten, ich sei schwanger?«
    »Andeuten, nein.«
    Ich entspannte mich ein wenig. Zu früh.
    »Ich frage, ob Sie wissen, wer der

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