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Finsteres Verlangen

Finsteres Verlangen

Titel: Finsteres Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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Tisch herum.
    Dolph bemerkte es. »Der geht nirgendwohin.«
    »Er hat mit dem Mord nichts zu tun«, sagte ich.
    Dolph wischte sich wütend übers Gesicht. »Sie konnten ihm für den ersten Mord kein Alibi geben.«
    »Sie suchen nach einem Serienmörder. Ein Verdächtiger, der für eines der verübten Verbrechen ein Alibi hat, ist meist auch an den anderen unschuldig.«
    Er schüttelte stur den Kopf. »Wir können ihn für zweiundsiebzig Stunden festhalten und werden das auch tun.«
    Ich schaute über die zertrümmerten Möbel und begegnete Zerbrowskis Blick. Es war fraglich, ob Dolph solche Entscheidungen noch treffen durfte.
    »In ein paar Tagen ist Vollmond«, sagte ich.
    »Wir werden ihn in einer gesicherten Einrichtung unterbringen«, sagte Dolph.
    Diese Einrichtungen unterstanden einer Bundesbehörde. Frisch gebackene Lykanthropen konnten sich dort melden und sicher sein, dass sie niemanden verletzen würden. Das ursprüngliche Konzept sah vor, dass man dort bleiben konnte, bis man sein Tier unter Kontrolle hatte, und dann sein normales Leben wieder aufnahm. Soweit die Theorie. Die Praxis sah so aus, dass man, einmal dort einquartiert, ob freiwillig oder unter Zwang, fast nie wieder herauskam. Die ACLU hatte einen jahrelangen Rechtsstreit angezettelt, um sie für rechtlos erklären zu lassen.
    Zerbrowski schaute mich mit wachsendem Entsetzen an und wirkte immer müder. Ich bezweifelte, dass er die Kraft aufbringen würde, Jason vor der Internierung zu bewahren, wenn Dolph ihm Druck machte. Dabei konnte ich nicht tatenlos zusehen. Das durfte nicht passieren.
    Ich wandte mich wieder Dolph zu. »Jason ist schon seit Jahren Werwolf. Er hat sein Tier restlos unter Kontrolle. Wozu ihn in eine gesicherte Einrichtung bringen?«
    »Er gehört dorthin«, sagte Dolph. Sein Hass hatte wieder die Oberhand.
    »Er gehört nicht ins Gefängnis, und das wissen Sie.«
    »Er ist gefährlich«, widersprach er wütend.
    »Wieso?«
    »Weil er ein Werwolf ist, Anita.«
    »Er muss also eingesperrt werden, weil er ein Werwolf ist.«
    »Ja.«
    Zerbrowski sah elend aus.
    »Eingesperrt, weil er ein Werwolf ist«, wiederholte ich. Ich wollte, dass er selbst hörte, was er redete, damit er mir widersprach, zur Vernunft kam. Aber er tat es nicht.
    »Ja«, sagte er. Und er sagte es auf Band und im Beisein von Zeugen und konnte es nicht mehr zurücknehmen. Es konnte und würde wahrscheinlich gegen ihn verwendet werden. Es gab nichts, was ich für ihn tun konnte, aber im selben Moment war klar, dass Jason nicht in der Einrichtung landen würde. Einerseits war ich erleichtert, andererseits war ich so erschrocken über Dolph, dass ich einen üblen Geschmack im Mund spürte.
    Zerbrowski schob Jason vor sich her zur Tür. »Wir werden Sie ein paar Augenblicke allein lassen, Lieutenant.« Er winkte mich mit dem Kopf hinaus.
    Dolph machte keinen Versuch, uns aufzuhalten. Er kniete am Boden und sah bestürzt aus, als hätte er seine Worte endlich gehört, endlich begriffen, was er getan hatte.
    Wir verließen den Raum, und Zerbrowski zog die Tür zu. Sämtliche Kollegen sahen uns an. Sie versuchten, desinteressiert zu erscheinen, aber jeder hatte eine Beschäftigung gefunden, die ihn in der Nähe dieser Tür festhielt. Ich hatte noch nie so viele Ermittler gesehen, die so eifrig dabei waren, den Papierkram auf ihrem Schreibtisch aufzuräumen, oder auf einem fremden Schreibtisch.
    Zerbrowski ließ seinen Blick über die Leute schweifen und sagte: »Lasst es gut sein, wir brauchen kein Publikum.«
    Alle sahen sich untereinander an mit der stummen Frage: Sollen wir auf ihn hören? Bei Dolph hätten sie es fraglos getan. Schließlich bewegten sie sich doch und kehrten an ihre Arbeit zurück. Den beiden, denen die vordersten Schreibtische gehörten, fiel ein, dass sie Anrufe zu erledigen hatten.
    Zerbrowski neigte sich dicht zu mir und sagte leise: »Gehen Sie und nehmen Sie Mr Schuyler mit.«
    »Was wird Dolph dazu sagen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung, aber Schuyler gehört jedenfalls nicht in eine dieser Einrichtungen.«
    »Danke, Sarge«, sagte Jason lächelnd.
    Zerbrowski erwiderte das Lächeln nicht, sagte aber: »Sie sind eine Nervensäge, Schuyler, aber kein Monster.«
    Das war so ein Moment cooler Übereinstimmung unter Männern. Frauen hätten sich jetzt umarmt. Aber die beiden waren Männer, da gab es nicht mal einen warmen Händedruck. »Danke, Zerbrowski.«
    Zerbrowski lächelte schwach. »Wie schön, dass ich heute wenigstens einen

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