Finsteres Verlangen
nicht wie das örtliche Werwolfrudel riecht, Anita. Der würde mir bloß entgegenhalten, dass das eine Schutzbehauptung der Werwölfe ist.«
»Ich glaube Jason.«
»Vielleicht glaube ich ihm ja auch, aber das spielt überhaupt keine Rolle, Anita. Wirklich nicht. Die Leute hier haben eine Scheißangst. In diesem Augenblick wird im Senat ein Eilantrag gestellt, dass die Schädlingsgesetze in Missouri wieder in Kraft treten sollen.«
»Die Schädlingsgesetze, du lieber Himmel, Zerbrowski. Sie meinen doch nicht, wie es an der Westküste in manchen Staaten noch gehandhabt wird?«
»Doch, erst erschießen, dann den Bluttest machen. Wenn’s ein Lykanthrop war, war’s Notwehr, kein Mord, und es gibt keinen Prozess.«
»Das kommt niemals durch«, sagte ich und war mir dabei fast sicher.
»Im Augenblick vermutlich nicht, aber wenn noch ein paar Frauen zerfleischt werden, dann weiß ich’s nicht.«
»Ich möchte ja sagen, so dumm sind die Leute nicht.«
»Aber Sie wissen es besser«, ergänzte er.
»Ja.«
Er seufzte. »Es gibt noch mehr.« Er klang geradezu unglücklich.
Ich richtete mich ein bisschen gerader auf, sodass Nathaniel wieder nachrücken musste. »Das klingt nach einer wirklich schlechten Nachricht, Zerbrowski.«
»Ich will bloß nicht mit Ihnen und Dolph und dem Oberboss gleichzeitig Streit haben.«
»Was ist los, Zerbrowski? Weshalb werde ich sauer auf Sie sein?«
»Erinnern Sie sich, Anita: Bis eben hat Dolph noch die Ermittlungen geleitet.«
»Sagen Sie es einfach.« Mein Magen hatte sich schon zusammengeballt.
»Der Täter hatte am ersten Tatort eine Botschaft hinterlassen.«
»Ich habe keine gesehen.«
»Sie war an der Hintertür angebracht. Dolph hat Sie absichtlich davon ferngehalten. Ich habe erst später davon erfahren.«
»Wie lautete die Botschaft, Zerbrowski?« Eine für mich? Oder über mich? Mir ging vieles durch den Kopf.
»Die erste lautete: Die haben wir auch genagelt.«
Ich brauchte ein paar Sekunden um zu kapieren. Zwischen dem ersten Mord, wo das Opfer an die Wohnzimmerwand genagelt gewesen war, und den Lykanthropenmorden gab es keine Verbindung bis auf diese sonderbare Botschaft.
»Sie denken an den Toten in Wild Wood«, sagte ich. »Aber die Botschaft kann alles Mögliche heißen, Zerbrowski.«
»Das dachten wir auch, bis das zweite Vergewaltigungsopfer gefunden wurde, das, wo Dolph Sie nicht hinzurufen wollte.«
»Da gab es auch eine Botschaft«, schloss ich.
»Wieder eine genagelt.«
»Muss trotzdem nichts mit dem männlichen Opfer zu tun haben.«
»Heute heißt die Botschaft: War nicht genug übrig für eine Kreuzigung.«
»Der Irre, der die Frauen abschlachtet, ist nicht so methodisch, so ordentlich wie der Täter vom ersten Mord.«
»Ich weiß«, sagte Zerbrowski. »Aber wir haben von den Nägeln und der Kreuzigung nichts verlauten lassen. Nur der Mörder kann davon wissen.«
»Einer der Mörder«, sagte ich. »Für die Kreuzigung waren mindestens zwei nötig.« Mir fiel etwas ein. »Stammt das Sperma von verschiedenen Männern?«
»Nein.«
»Heißt also, der Täter will uns wissen lassen, dass die Morde zusammenhängen. Warum?«
»Warum wohl teilen uns diese Irren etwas mit? Es amüsiert sie, Anita.«
»Was haben Sie über das erste Opfer ausgegraben?«
»War ein ehemaliger Soldat.«
»So ein Haus mit überdachtem Pool kann man sich von der Soldatenpension nicht leisten.«
»Er war Importeur. Ist um die Welt gereist und hat Zeug mitgebracht.«
»Rauschgift?«
»Haben wir nicht gefunden.«
Mir fiel noch etwas ein; bei nur zwei Stunden Schlaf eine Glanzleistung. »Welche Länder hat er häufig besucht?«
»Wieso?«
Ich erzählte ihm von Heinrick, was er über den Flurfunk noch nicht gehört hatte.
»Wenn der Tote in dieselben Staaten gereist ist, könnte das was bedeuten.«
»Ein Indiz«, sagte Zerbrowski, »ein echtes Indiz, ich glaube, ich wüsste gar nicht, was ich damit anfangen sollte.«
»Sie haben viele Indizien, sie nützen nur nichts.«
»Ach, das ist Ihnen auch schon aufgefallen.«
»Selbst wenn sich herausstellt, dass Heinrick den Toten gekannt hat, weiß ich noch immer nicht, was das bedeutet.«
»Ich auch nicht. Kommen Sie einfach so schnell wie möglich her. Und bringen Sie keinen Gestaltwandler mit.«
»Geht klar.«
»Das hoffe ich.« Kurz redete er mit jemand anderem, dann sagte er zu mir: »Beeilen Sie sich«, und legte auf. Ich glaube, Dolph hat uns allen abgewöhnt, auf Wiedersehen zu sagen.
53
I ch hatte ja mit
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