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Finsteres Verlangen

Finsteres Verlangen

Titel: Finsteres Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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sich mit dieser knochenlosen Schlaffheit um die eigene Achse, wie es nur Tote können. Ich weiß nicht, was der Unterschied zwischen Schlafen und Totsein ist, aber wenn man einen Arm bewegt, weiß man augenblicklich, ob es ein toter oder ein schlafender Arm ist.
    Asher lag nun auf dem Rücken, die Haare hatten sich um seinen Kopf ausgebreitet wie ein Heiligenschein, und hellrotes Blut glänzte auf Kinn, Hals und Brust. Die Narben taten seiner nackten Schönheit keinen Abbruch. Sie waren nicht das Erste, was man an ihm wahrnahm, nicht einmal das Dritte. Mit meinem Blut an sich sah er aus wie ein gefallener Gott, der den Tod gefunden hat.
    Trotz Übelkeit konnte ich nichts anderes als Schönheit an ihm sehen. Was war eigentlich los mit mir?
    Jason musste mir von Jean-Claude herunterhelfen. Er nahm mich in die Arme und hielt mich wie ein Kind. Ich war nackt. Er hob mich aus dem Bett, in dem ich ganz offensichtlich mit zwei Männern Sex gehabt hatte, doch Jason machte nicht den kleinsten Witz darüber. Wenn Jason so viel Munition zur Verfügung hatte und trotzdem nicht neckte, standen die Dinge schlimm.
    Ich lehnte den Kopf an seine Schulter, und das half gegen den Schwindel, machte die Welt ein bisschen stabiler. Er wollte sich mit mir vom Bett wegdrehen, aber ich sagte: »Stopp. Noch nicht.«
    Er hielt inne. »Was ist?«
    »Ich will mir das Bild einprägen.«
    »Welches?«
    »Wie sie da nebeneinanderliegen.« Auch Jean-Claude sah göttlich aus. Seine dichten lockigen Haare lagen achtlos um den Kopf verteilt und bildeten einen schwarzen Rahmen für sein bleiches Gesicht. Der Mund war leicht geöffnet, die Wimpern ruhten auf den Wangen. Er lag da, als wäre er nach einem leidenschaftlichen Schäferstündchen eingeschlafen, eine Hand auf dem Bauch, die andere an der Seite, ein Knie gebeugt. Nur er konnte sterben und so lebendig aussehen.
    »Anita, Anita.« Ich merkte, dass Jason mich schon ein paar Mal angesprochen hatte. »Wie viel Blut haben sie dir abgenommen?«
    Mein Mund war trocken, und die Antwort kam heiser. »Nicht sie beide, nur Asher.«
    Er zog mich näher an seine Brust. Seine Lederjacke knirschte. Seine nackte Brust war sehr warm an meiner Haut. »Er hat sich nicht bloß gesättigt.« Jason klang missbilligend, was bei ihm selten vorkam.
    »Er hat sich wohl hinreißen lassen.«
    Er fasste mich anders, damit er eine Hand frei hatte und mir die Stirn fühlen konnte. Das war ziemlich albern, da ich überall nackt war, aber unter Stress verfallen wir oft in unsinnige Gewohnheiten. Man fühlt an der Stirn, ob jemand Fieber hat, auch wenn derjenige nackt ist.
    »Du fühlst dich nicht fiebrig an. Eher ein bisschen zu kalt.«
    Da fiel mir etwas ein, und dass ich es vergessen hatte, zeigte, dass es mir schlechter ging, als mir bewusst war. »Blute ich noch am Hals?«
    »Ein bisschen.«
    »Ist das normal?«
    Er trug mich zum Badezimmer. »Bist du noch nie so schlimm gebissen worden?« Er öffnete mit einer Hand die Tür und stieß sie mit dem Knie auf.
    »Nicht ohne bewusstlos zu werden, non.« Ich runzelte die Stirn. »Habe ich gerade non anstatt nein gesagt?«
    »Jep.«
    »Scheiße.«
    »Ja«, sagte er. Er setzte sich auf den Rand der großen schwarzen Wanne und balancierte mich auf seinem Schoß, während er das Wasser aufdrehte. Es plätscherte aus dem Schnabel eines silbernen Schwans. Ich hatte den immer ein bisschen protzig gefunden, aber na ja, es war nicht mein Badezimmer.
    Die Übelkeit war vorbei, das Schwindelgefühl wurde schwächer. »Runter. Lass mich runter.«
    »Der Marmorboden ist kalt«, sagte er.
    Ich seufzte. »Ich will feststellen, ob ich schon wieder stehen kann.«
    »Versuche erst mal, auf meinem Schoß zu sitzen, ohne dass ich dich festhalte. Wenn das geht, hole ich Handtücher, und dann kannst du dich darauf setzen, aber glaub mir, du willst nicht nackt auf dem Marmor sitzen.«
    »Du bist so praktisch veranlagt.«
    »Sag’s nicht weiter, das ruiniert mein Image.«
    Ich lächelte. »Dein Geheimnis ist bei mir sicher.« Ich versuchte, mich aufzusetzen, während Jason an den Wasserhähnen drehte, um die richtige Temperatur hinzubekommen. Ich konnte aufrecht sitzen. Immerhin. Ich versuchte aufzustehen, und Jason musste mich abfangen, sonst wäre ich von den Marmorstufen gekippt, die zur Wanne hinaufführen.
    Er hielt mich wieder fest auf seinem Schoß. »Mach bloß nicht noch einmal so eine schnelle Bewegung, Anita.«
    Ich lehnte mich an ihn, mit seinem Arm als Sicherheitsgurt um meine Taille.

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