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Finsteres Verlangen

Finsteres Verlangen

Titel: Finsteres Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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hörte.
    »Was ist los?«, fragte ich weiter flüsternd. Aus irgendeinem Grund wollte ich nicht, dass jemand verstand, was wir redeten. Vielleicht flüsterte Jason aus demselben Grund. Ich fragte nicht. Wenn er mit dem Drang kämpfte, die Treppe raufzurennen und sich im Blut zu suhlen, wollte ich das gar nicht wissen.
    Ich schlang die Arme um mich und versuchte, die Gänsehaut wegzureiben. »Los, ziehen wir uns Handschuhe an.«
    Er sah mich an, und trotz seiner Sonnenbrille merkte ich ihm an, dass es ihm schwerfiel, sich darauf zu konzentrieren, was ich redete, und die Bedeutung der Worte zu erfassen.
    »Fall mir jetzt bloß nicht in die präverbale Phase zurück, Jason, ich brauche dich jetzt.«
    Er holte langsam und sehr tief Luft, dann bewegte er seine Schultern, wie um etwas abzuschütteln.
    »Mit mir ist alles in Ordnung.«
    »Bist du sicher?«, fragte ich.
    »Ich komme klar, wenn du klarkommst.«
    Das löste bei mir Stirnrunzeln aus. »Werde ich noch mehr durchzustehen haben?«
    »Ich muss nicht die Treppe raufgehen, du musst es.«
    Ich seufzte. »Ich bin diesen ganzen Mist so leid.«
    »Welchen Mist?«
    »Alles.«
    Er lächelte. »Na komm, Marshal, ziehen wir uns Handschuhe an.«
    Kopfschüttelnd ging ich voraus durchs Esszimmer in die Küche. Die Schachtel stand auf der Theke neben einer nahezu vollen Mülltüte. Hier mussten eine Menge Kollegen zugange gewesen sein, wenn die Tüte schon so voll war. Wo waren die alle, und wo war Dolph?

20
    D olph stieß in der Küche zu uns, als ich Jason gerade mit den Handschuhen half. Es ist eine Kunst, sie anzuziehen, und für Jason war es das erste Mal. Es war also wie bei einem Kind mit dem ersten Paar Fingerhandschuhe: zu wenige Finger und zu viele Löcher.
    Dolph kam aus dem Esszimmer, wo wir auch hergekommen waren, nur dass er den Durchgang völlig ausfüllte, während Jason und ich locker zusammen durchgepasst hatten. Dolph ist gebaut wie ein Profiringer und zwei Meter vier groß. Ich war inzwischen daran gewöhnt, aber Jason tat, was die meisten Leute tun. Er sah an Dolph hinauf und musste schließlich den Kopf in den Nacken legen. Davon abgesehen benahm er sich. Bei ihm ein kleines Wunder.
    »Was hat er hier zu suchen?«, fragte Dolph.
    »Sie haben gesagt, dass ich einen Fahrer mitbringen darf, wenn ich selbst nicht fahrtüchtig bin. Jason ist mein Fahrer.«
    Dolph schüttelte den Kopf. Seine dunklen Haare waren so kurz geschnitten, dass die blassen Ohren sehr nackt aussahen. »Haben Sie eigentlich überhaupt keine normalen Freunde mehr?«, fragte er.
    Ich half Jason weiter in die Handschuhe und zählte im Stillen bis zehn. »Doch, aber die meisten sind Polizisten und die spielen nicht Chauffeur.«
    »Er braucht keine Handschuhe, Anita, weil er nicht hierbleibt.«
    »Wir mussten weit weg parken, und ich brauchte jemanden, der mich stützt und notfalls auffängt. Ich kann ihn nicht durch die Meute der Reporter zum Wagen zurückschicken.«
    »Doch, das können Sie.«
    Endlich war der letzte Finger an seinem Platz. Jason stand da und krümmte die Hände. »Wieso fühlen sie sich feucht und mehlig zugleich an?«
    »Keine Ahnung, aber das ist immer so«, antwortete ich.
    »Er geht, Anita, hören Sie?«
    »Wenn er sich auf die Vorderstufen setzt, knipsen sie ihn. Was ist, wenn ihn jemand erkennt? Wollen Sie wirklich, dass morgen in der Zeitung steht: Werwölfe fallen in Vorort ein?« Ich schlüpfte geübt in mein Paar Handschuhe.
    »Wow«, sagte Jason, »das war elegant. Bei dir sieht es so einfach aus.«
    »Anita!« Dolph brüllte fast.
    Wir blickten ihn beide an. »Sie brauchen nicht zu schreien, Dolph, ich kann Sie gut hören.«
    »Warum steht er dann noch hier?«
    »Weil ich ihn nicht zum Wagen schicken kann. Und er kann sich auch nicht vor die Tür setzen. Wo möchten Sie ihn haben, solange ich mir den Tatort ansehe?«
    Er ballte seine großen Hände zu noch größeren Fäusten. »Ich – will – ihn – weghaben.« Er quetschte die Worte einzeln durch die zusammengebissenen Zähne. »Es ist mir scheißegal, wo er hingeht.«
    Ich ignorierte seine Wut, weil es mich nicht weitergebracht hätte. Er war in übler Laune an einem üblen Tatort und in letzter Zeit auf Monster nicht mehr gut zu sprechen.
    Merlioni kam in die Küche, blieb aber im Durchgang zum Esszimmer abrupt stehen. »Was ist los?«, fragte er.
    Dolph zeigte mit dem Finger auf Jason. »Der verschwindet hier.«
    Merlioni sah mich an.
    »Sie hören gefälligst nicht auf sie, sondern auf mich!« Dolph

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