Fire after Dark - Gefährliche Erfüllung: Band 3 (German Edition)
machen«, erklärt Andrei beinahe grob. »Sie wissen, was ich will. Wie lautet die Antwort?«
Nicolai setzt bedächtig die Pelzmütze ab, legt dabei die glänzende, haarlose Stelle auf seinem Kopf frei, dann sagt er: »Ich kann es Ihnen nicht verhehlen, Andrei, dies ist einer der komplexesten Fälle, mit denen wir es hier jemals zu tun hatten. Meine Experten waren in ihren Analysen außergewöhnlich gewissenhaft.«
Andrei wird sehr still. »Und?«
Ich schaue zu Andrei. Seine Lippen sind aufeinandergepresst, die Unterlippe steht auf die für ihn so typische, dickköpfige Art und Weise hervor. Seine Augen brennen intensiv. Ich weiß, wie viel ihm daran liegt, die richtige Antwort zu hören. Das Gemälde, das er gekauft hat, hat uns allesamt Nerven gekostet. Ich bin auch nervös: Mein Herz pocht, und mein Atem geht schwer. Ich merke, dass ich die Hände in den Manteltaschen zu Fäusten geballt habe.
Nicolai hat eindeutig eine Vorliebe für Theatralik. In aller Gemütsruhe legt er seinen Mantel über die Rückenlehne seines Schreibtischstuhls, dann geht er quer durch den Saal zur Staffelei. Er nimmt einen Zipfel des Tuches über der Leinwand in die Hand, hält kurz inne und zieht den Stoff dann langsam zur Seite. Und da ist es, in all seiner Pracht: das strahlende, wunderbare Gemälde, das ich zuletzt in einem kroatischen Kloster sah. Die Madonna sitzt immer noch heiter in ihrem bezaubernden Garten, ihr Kind auf den Knien, umgeben von Heiligen und Mönchen. Es ist wirklich ein herausragendes Gemälde, und in dem Augenblick, als mein Blick darauf fällt, erstarkt mein Glaube daran von neuem. Das Gemälde ist ein Original. Ganz sicher. Könnte etwas, das kein Meisterwerk ist, derart anmutig sein?
Der plötzliche Anflug von Traurigkeit überkommt mich ganz überraschend. Trauer erfüllt mich, als ich mich daran erinnere, was in dem Kloster sonst noch geschah: das wunderbare Wiedersehen, das ich dort mit Dominic erlebte. Es hatte den Anschein, als sei unsere Beziehung neu entflammt und stärker denn je. Doch jetzt sind wir wieder getrennt, und ich fürchte, dieses Mal werden wir keine Brücke mehr zueinander schlagen können.
Er nimmt vor meinem inneren Auge Gestalt an, wie er bei unserer letzten Begegnung aussah, und ich sehe ihn so deutlich und lebendig, dass ich unwillkürlich die Luft einziehe. Aber sein schönes Gesicht ist angespannt vor Wut und Angst, und seine Augen funkeln. Ich höre wieder seine Worte: »Schwöre mir bei deinem Leben, dass nie etwas zwischen dir und Dubrovski vorgefallen ist. Komm schon, Beth. Schwöre!«
Aber das konnte ich nicht. Ich war mir nicht sicher. Und das trieb uns auseinander. Das kostbare Vertrauen zwischen uns war zerbrochen. Für immer?
Nein. Das werde ich nicht zulassen. Ich werde dafür sorgen, dass es nicht so kommt.
Andreis Stimme, rau und hart, bringt mich in die Gegenwart zurück. Ich sehne mich so sehr danach, mit Dominic zusammen zu sein, ich will nicht hier sein, in diesem fremden Land mit dem Mann, der die Ursache für all unsere Probleme ist. Das ist der pure Wahnsinn.
»Kommen Sie, Nicolai! Wie lautet die Antwort?«
Nicolai setzt seine Brille auf und mustert das Gemälde, macht mit seiner Zunge leise klickende Geräusche. Schließlich sagt er: »Der Pinselstrich ist überragend, die Farben sind in ihren Schattierungen absolut meisterhaft. Sie stimmen genau mit dem überein, was man von einem Genie wie Fra Angelico erwartet. Alles, die Komposition, die lineare Perspektive, der Stil … es ist beinahe vollkommen.«
»Beinahe?«, platzt es aus Andrei heraus.
Nicolai nickt bedauernd. »Vollkommen, bis auf eine Sache. Die Analyse der Farbpigmente und der Leinwand besagt, dass das Bild nicht älter als zweihundert Jahre sein kann. Es ist eine überaus geniale, höchst entzückende, sehr aufregende Arbeit. Ein wundervolles Werk von einem großen Talent, aber nicht aus der Hand von Fra Angelico.« Nicolai schaut Andrei an, der wie erstarrt ist. »Es tut mir leid, Andrei, aber es besteht kein Zweifel: Ihr Gemälde ist eine Fälschung.«
2. Kapitel
Ich renne Andrei förmlich durch den Winterpalast hinterher. Mit großen Schritten schreitet er vor mir aus. Ich hoffe, er kann sich an den Weg nach draußen erinnern, denn ich habe keine Ahnung, wo wir uns befinden. Wir sind bereits durch ellenlange Flure gegangen und mindestens eine Treppe hinuntergestiegen.
1500 Räume. Sollte er sich nicht auskennen, könnten wir hier ziemlich lange herumlaufen.
Aber Andrei kennt
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