Fire after Dark - Tiefes Begehren: Roman (German Edition)
presste? Für mich selbst ist alles ganz klar, und doch kann ich die Worte nicht über meine Lippen bringen, und ich weiß, wie immer ich es auch formuliere, es wird schuldbewusst klingen. »Wir haben uns nicht geküsst«, wiederhole ich dickköpfig. »Ich habe kein Interesse an Andrei Dubrovski, das schwöre ich bei meinem Leben.«
Dominic steht auf, steckt die Hände in die Taschen und tigert im Raum auf und ab, wie ein Anwalt, der vor Gericht einen Zeugen ins Kreuzverhör nimmt. »Vielleicht ist an Annas Worten doch mehr dran, als ich ihr zugestehen wollte. Sie meinte, du hast mit Andrei geflirtet. Und er habe dir Schmuck geschenkt – irgendwelche Rubinohrringe, die Tausende wert sein sollen. Stimmt das?«
»Ja, aber ich habe versucht, sie ihm zurückzugeben …«
»Ach ja?« Sein Blick gleitet zu meinen Ohren, und er sieht die Rubinohrringe funkeln. Sein Gesicht macht eine entsetzliche Veränderung durch, und er faucht: »Nicht entschlossen genug, wie ich sehe.« Seine Stimme trieft vor Verachtung. »Das darf ja wohl nicht wahr sein! Ausgerechnet jetzt gerade trägst du sie. Sein Geschenk an dich. Du trägst sie, damit ich sie sehe.« Er zieht eine Hand aus der Hosentasche. In der Hand hält er eine eckige Schachtel, braun und mit Goldumrahmung. Eine Schmuckschachtel. Für einen Ring . »Das wollte ich dir heute Abend geben.« Er lacht bitter auf und wirft die Schachtel auf das Sofa. »Aber vermutlich verblasst es im Vergleich zu dem, was Andrei dir geben kann, nicht wahr?«
Ich springe ebenfalls auf die Beine. Woher kommt nur diese plötzliche Wendung? Zorn rauscht durch meine Adern. »Seit wann geht es hier denn um mich? Was ist mit dir ?« Ich kann die kleine Schmuckschachtel mit dem Ring auf dem Sofa sehen. Obwohl sie winzig ist, ist sie doch groß genug, um all meine verlorenen Träume in sich zu bergen. Ich habe das Gefühl, als ob mir alles in einem Erdrutsch aus Wut, Misstrauen, Angst und Schuldgefühlen entgleitet.
»Vermutlich geht es um dich, seit ich herausgefunden habe, dass du Dubrovski zu küssen und seine Geschenke anzunehmen pflegst.« Dominics Stimme ist kalt, sein Gesicht wie versteinert.
»Ich habe ihn nicht geküsst!«, brülle ich. »Die Ohrringe sind ein Dankeschön für meine Arbeit, und ich habe sie erst heute bekommen, nur deshalb trage ich sie! Sie sind kein heimlicher Hinweis auf eine leidenschaftliche Begierde für deinen Chef, um Gottes willen!«
Wir stehen einander gegenüber, mit funkelnden Augen, schwer atmend vor Empörung und verletztem Stolz.
Dominics geballte Fäuste, an denen die Fingerknöchel weiß hervortreten, zeigen mir nur zu deutlich, welch heftige Emotionen in ihm toben. Wir versuchen beide, uns an den gesunden Menschenverstand zu klammern, aber das wird zunehmend schwerer, je mehr Dinge, die wir voreinander verborgen haben, ans Licht kommen. Wir stehen vor einem Abgrund finsterer Offenbarungen.
»Woher weiß Anna von den Striemen auf deinem Rücken?«, verlange ich lautstark zu wissen. Ich bin hier das Opfer! »Mehr will ich gar nicht wissen. Sag es mir einfach.«
Dominic atmet schwer, seine Lippen sind fest aufeinandergepresst, sein Gesichtsausdruck ist finster. Als er spricht, klingt seine Stimme stählern. »Und ich möchte, dass du bei deinem Leben schwörst, dass nie etwas zwischen dir und Dubrovski vorgefallen ist. Komm schon, Beth. Schwöre!«
Ich starre ihn an. Schwöre , befehle ich mir. Du bist unschuldig. Sag es ihm.
Aber dann taucht die Erinnerung auf. Ich lehne wieder gegen die kalte Steinwand in den Katakomben. Ein Mann vögelt mich kräftig von hinten, sein Gesicht bekomme ich nicht zu sehen. Er flüstert nur mit mir, darum höre ich auch seine Stimme nie richtig. Ich weiß in meinem Herzen, dass Dominic nie hundertprozentig bestätigt hat, dass er es war. Ich wünschte mir nur so sehr, dass er es war, also glaubte ich ihm. In Wahrheit besteht durchaus die Möglichkeit, dass es Andrei gewesen ist.
Schwöre es! Jetzt!
Aber ich kann nicht. Ich kann nicht bei meinem Leben schwören, dass nie etwas war. Weil die winzige Chance besteht, dass doch etwas war.
Dominics Gesichtsausdruck verändert sich. Echtes Entsetzen spiegelt sich darin. In seinen Augen kann ich beinahe sehen, wie alle seine Gewissheiten und seine Träume zerbrechen und zu Staub zerfallen. »Beth«, sagt er mit brüchiger Stimme. »Nein! Bitte, Beth, schwöre mir, dass zwischen euch beiden nie etwas war.«
Ich öffne den Mund, will etwas sagen. Aber ich kann nicht.
Er
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