Fire - Thriller
wir an der letzten Reklametafel und dem letzten Funkturm vorbei. Hier begann der dichte Regenwald, den wir für Stunden nicht wieder verlassen würden.
Manchmal öffneten sich klar umrissene Felder, auf denen Baumstümpfe wie Grabsteine standen, soweit der Blick reichte.
Meistens jedoch fuhren wir durch einen Tunnel aus Palmen, Mahagoni und von Ranken umwickelten Bäumen, die ich noch nie in meinem Leben gesehen hatte. Blätter und niedriges Gestrüpp schlugen und raschelten an den Seiten unseres Wagens entlang.
Spätnachmittags näherten wir uns der Küste. Wir fuhren über Gezeitenebenen, dann über weites, offenes Grasland, das in völligem Widerspruch zu dem Dschungel stand, den wir soeben verlassen hatten.
Im orangen Licht des Sonnenuntergangs erblickte ich ein rosafarbenes Meer aus Abertausend wunderschönen Flamingos.
Schließlich mussten wir Pause machen. Wir waren beide zu müde, um weiterzufahren. Während ich in den Schlaf glitt, fragte ich mich, wie viele Väter ihren Kindern erzählen konnten, dass sie eine Nacht in einem echten afrikanischen Dschungel verbracht hatten.
69
Einige Stunden später wachte ich wieder auf. Moses bereitete schon das Frühstück auf der Heckklappe unseres Wagens vor.
Dosenwürstchen, ein paar zerquetschte Tomaten und einen Zweiliterkrug Wasser.
»Sieht gut aus, Moses. Danke«, sagte ich.
»Dort ist ein Fluss. Da drüben, wenn du dich waschen willst.« Er deutete mit dem Kinn auf die andere Seite der Straße. Ich sah, dass sein Hemd nass war. »Es ist nicht weit.«
Ich ging um eine riesige Ansammlung Dornengestrüpp herum und kämpfte mich weiter mit den Armen den Weg entlang, den Moses scheinbar bereits geschlagen hatte.
Nach etwa fünfundzwanzig Metern betrat ich das aus Schlamm und Kies bestehende Ufer eines breiten Flusses, dessen Wasser sich wie eine starre Oberfläche aus grünem Glas vor mir erstreckte.
Als ich einen Schritt auf das Wasser zuging, versank ich bis zum Knöchel im Schlamm.
Doch als ich wieder zurückgehen wollte, wurde mein Schuh einfach von meinem Fuß gesaugt. Mist. Ich wollte mich waschen, nicht schmutziger werden.
Ich blickte das Ufer auf und ab und überlegte, wo sich Moses gewaschen haben könnte.
Zuerst wollte ich allerdings meinen Schuh wiederhaben. Ich griff nach unten in den Glibber. Angenehm kühl war es dort.
Plötzlich brodelte das Wasser vor mir. Etwas, das aussah wie ein grober Holzstamm, ploppte an die Oberfläche.
Dann erkannte ich es – ein ausgewachsenes, waschechtes Krokodil! Seine schwarzen Augen waren auf mich gerichtet. Zeit fürs Frühstück, was?
Scheiß, scheiße, scheiße. Leb wohl, Schuh. Leb wohl, Bein oder Arm?
Ich wich ganz langsam nach hinten. Bisher ließ das Krokodil nur den oberen Teil seines gemusterten Rückens sehen. Und seine gewölbte Schnauze, dahinter die starren, auf mich gerichteten Augen.
Beim nächsten Schritt blieb ich wieder mit dem Fuß im Schlamm stecken. Und fiel hin! Als wäre dies das Zeichen für das Krokodil, sprang es vorwärts.
Dieses drei oder vier Meter lange Tier peitschte aus dem Wasser und sprang direkt auf mich zu.
Ich versuchte, meine Beine aus dem Schlamm zu ziehen, wenn auch nur, um den unvermeidlichen Biss noch einen Moment hinauszuzögern. Wieso konnte so etwas passieren? Die Leute hatten recht gehabt – ich hätte nicht nach Afrika kommen sollen.
Plötzlich explodierte ein Schuss hinter mir!
Dann ein zweiter!
Das riesige Krokodil gab ein seltsames, schrilles Geräusch von sich, das sich gleichzeitig wie ein Keuchen und ein Schrei anhörte. Es hob die Vorderbeine in die Luft und klatschte nach hinten in den Schlamm. Eine rote Flüssigkeit sickerte seitlich aus seinem Kopf. Es zuckte und wirbelte noch einmal mit seinem Körper, dann zog es sich eilig ins Wasser zurück und verschwand.
Ich drehte mich nach hinten, wo Moses mit der Beretta in der Hand stand.
»Es tut mir so leid. Ich wollte noch sagen, dass du das hier mitnehmen sollst. Nur für den Fall.«
70
Afrika! Gab es etwas Vergleichbares auf der Welt? Ich glaubte nicht.
Wir erreichten Porto Novo am nächsten Tag und beschlossen, es wäre für mich das Beste, den Bus nach Lagos zu nehmen. Ein Mann stand an der Bushaltestelle vor der öffentlichen Toilette. Er versuchte, mir Eintritt abzuknöpfen, bis ich drohte, ihm auf die Schuhe zu pinkeln. Lachend trat er zur Seite.
Schließlich trennten Moses und ich uns. Stolz fuhr er mit seinem Transporter fort. Mir war nicht klar, ob er ein barmherziger Samariter
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