Fire - Thriller
Geld zurück, das er nicht ausgegeben hatte.
»Ja«, sagte er nur. »Das werde ich tun.«
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»Sampson?«
»Ja?«
»Das ist echt total scheiße, weißt du das? Ich hasse dich.«
»Du hättest Zahl nehmen sollen, Bree.«
Das Haus auf der Eighteenth Street war jetzt ruhig. Kein Trubel mehr wie in der Mordnacht. An diesem Morgen hatten Bree und Sampson alles für sich. Nicht, dass sie sich darum gerissen hätten, hier zu sein.
Deswegen hatten sie am Eingang eine Münze geworfen.
Sampson bekam das Elternschlafzimmer.
Bree das Kinderzimmer.
Sie blies in einen Latexhandschuh, streifte ihn sich über, schloss die Tür auf und öffnete sie bis zum Anschlag, bevor sie eintrat. Mit gesenktem Kopf eilte sie die Treppe hinauf.
»Ich hasse dich, John«, rief sie.
Die Leichen der Kinder waren natürlich fortgebracht worden, doch überall waren noch die Reste des Fingerabdruckpuders zu sehen. Ansonsten hatte sich der Tatort nicht verändert. Die gelben Steppdecken waren mit Blut vollgesaugt, das in großem Stil auch über Stockbett, Teppich, Wände und Decke gespritzt war. An der gegenüberliegenden Seite standen, als wäre nichts geschehen, zwei kleine Schreibtische.
Ayana Abboud war zehn Jahre alt gewesen, ihr Bruder Peter sieben.
Den Mord an ihrem Vater, Basel Abboud, konnte sie um einiges leichter verstehen. Seine Kolumnen in der Washington Times waren schon früh ein beharrlicher Aufruf für eine Intervention des US-Militärs in Darfur mit oder ohne Beteiligung des UN-Sicherheitsrats gewesen. Er hatte von weit verbreiteter Korruption sowohl in Afrika als auch in Washington geschrieben. Klar, dass er Feinde auf mindestens zwei Kontinenten gehabt hatte.
Gehörten sie zu der Art von Feinden, die sich auch über die Ehefrau und Kinder hermachen? So sah es wohl aus. Alle vier waren in ihrem Haus abgeschlachtet worden.
Bree begann, sich einmal langsam im Kreis zu drehen, und versuchte, so zu tun, als sähe sie alles zum ersten Mal. Was fiel ihr auf? Was war bisher übersehen worden? Was würde Alex sehen, wenn er hier statt in Afrika wäre?
Afrika! Zum ersten Mal begriff sie, warum er dorthin gefahren war. Diese Art von Gewalt – Afrika war der Ort, woher diese Gewalt kam. Diese Warnung ließ sich wahrscheinlich nur in ihrem vollen Umfang im Kontext von Lagos, Sierra Leone und Darfur verstehen.
Klar, die Mörder bemühten sich nicht, ihre Spuren zu verwischen oder irgendetwas zu verstecken. Fingerabdrücke waren überall deutlich sichtbar, wo es Blutspuren gab. Unzählige unsichtbare waren im ganzen Haus verteilt – auf den Wänden, den Betten, den Leichen.
Das Abendessen war hastig in der Küche eingenommen worden: die Reste von Schweinekoteletts, aus einem gro ßen Becher in Schälchen verteilte Eiscreme, Limonade und Schnaps.
Man stelle sich nur mal vor, wie dumm oder wie gleichgültig die Mörder dem Risiko gegenüber sein mussten, wegen dieser grausamen Tat geschnappt und zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt zu werden.
Bree brauchte nicht erst auf die Ergebnisse zu warten, um zu wissen, dass keiner dieser Fingerabdrücke in der FBI-Datenbank zu finden war. Sie vermutete stark, dass diese Mörder junge Afrikaner ohne Vorstrafen in den USA waren. Höchstwahrscheinlich gab es auch keine Unterlagen darüber, dass sie überhaupt ins Land eingereist waren. Einige Fingerabdrücke würden mit denjenigen übereinstimmen, die in Eleanor Cox’ Haus gefunden worden waren, andere wiederum nicht. Die Mörder waren halbwilde Geister, die jemand Älteres für seine Drecksarbeit benutzte, dachte sie. Sehr effiziente Jungs. Und bereits völlig durchgeknallt. Gott, sie hasste diesen Menschen, der die Fäden in der Hand hielt.
Als sie ihre Drehung beendet hatte, blickte sie wieder auf die Betten der Kinder. In dem Moment hörte sie vom Fenster hinter sich ein leises klopf-klopf .
Bree wirbelte herum und schrie beinahe erschreckt auf. Sie hatte schon immer Angst, einmal von hinten erschossen zu werden.
Ein kleiner Junge hing mit weit aufgerissenen Augen an den Gitterstäben vor dem Fenster. Als sich ihre Blicke trafen, nahm er eine Hand von den Stäben und winkte Bree zu sich.
»Ich habe die bösen Mörder gesehen. Ich habe alles gesehen«, sagte er leise, damit nur sie es hören konnte. »Ich weiß, wer die Mörder sind.«
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»Bitte. Ich kann Ihnen erzählen, was im Haus passiert ist. Alles«, kam die Stimme des Jungen ge dämpft durch die Scheibe. Er konnte nicht älter als elf oder zwölf sein.
Entweder
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