Firebird
auf ihn gewartet. »Jeder hier weiß, was wirklich passiert ist«, sagte die Große. »Man redet nur nicht gern darüber.«
»Soll das heißen, sie hat ihn ermordet?«
»Ich weiß nicht genau, wie sie es angestellt hat. Es hat keine Augenzeugen gegeben, also kann ich das nicht so genau sagen.«
»Aber Sie denken, sie hätte ihn getötet und ins Meer geworfen.«
»Ja. Vielleicht hatte sie eine Schusswaffe. Vielleicht hat sie ihm auch einfach erzählt, am Himmel würde etwas Seltsames vorgehen, und ihn damit dazu gebracht, auf den Felsvorsprung hinauszugehen. Vielleicht hatte sie einen Komplizen, jemanden, der ihr geholfen hat, die Leiche loszuwerden. Sie besaß haufenweise Geld, also hätte sie auch jemanden dafür bezahlen können.«
»Die Leiche wurde nie gefunden«, sagte ihre leutselige Freundin. Irgendwie schien dieser Punkt sie mit Stolz zu erfüllen.
An diesem Abend nahm ich ein Taxi und ließ mich zu dem Haus fahren, das den Robins gehört hatte. Es stand ganz oben auf einer Kuppe mit Blick auf das Meer. Kein anderes Anwesen, kein anderes Haus war auch nur in Sichtweite.
Ein Z U VERKAUFEN -Bild blinkte auf, als ich mich näherte, dazu ein Code, der es dem potentiellen Käufer ermöglichte, den Makler zu kontaktieren.
Das Haus sah in natura imposanter aus als auf den Bildern. Es war nicht so groß wie die meisten anderen Eigenheime auf der Insel, verbreitete aber eine Atmosphäre der Stille: einstöckig, kleine Fenster mit dunkelgrünen Läden, ein Schrägdach und ein Kamin. Der bisher erste Kamin, den ich auf dieser Insel gesehen hatte. Tolivarbäume beschatteten das Grundstück, das zu drei Seiten von einer Hecke begrenzt wurde, die einen Schnitt hätte vertragen können.
Ich schlenderte um das Grundstück herum, ging hinaus auf den Felsvorsprung und brachte mehrere Minuten damit zu, auf die See hinauszustarren. Von hier aus ging es drei Stockwerke tief hinab bis zum Wasser, das die aufziehende Flut über die Felsen spülte.
Ich hatte mich informiert. Es war nie eine Waffe gefunden worden. Und die Ehebruch-Theorie fand nirgends Erwähnung.
Es gab keinerlei Beweise, die Elizabeth oder irgendjemand anderen mit seinem Verschwinden in Verbindung hätten bringen können. Sie war nie beschuldigt worden, auch wenn die Medien berichtet hatten, sie hätte die Aufmerksamkeit der Ermittler erregt. Aber der einzige Grund dafür schien zu sein, dass sie seine Ehefrau gewesen war, und in Fällen wie diesem war die Ehefrau automatisch die Hauptverdächtige.
Die Eigentümerin des Windraben , Ilena Kataiya, erzählte mir, dass Elizabeth eine langjährige Freundin gewesen sei. Ilena war klein, stämmig und trotz ihres fortgeschrittenen Alters immer noch energiegeladen. Stets räumte sie irgendwelche Dinge hin und her, wischte den Tresen, gab Daten ein, richtete Vorhänge. Gewöhnlich war sie liebenswürdig, doch als ich sie nach Robins Verschwinden fragte, klang ihre Stimme erbittert. »Es hat ihr das Herz gebrochen«, sagte sie. »Dass irgendjemand auf den Gedanken kommen kann, sie hätte es getan. Sie hätte ihren Mann ermordet.«
»Standen sie sich nahe?«, fragte ich.
»Sie waren wie die meisten Ehepaare, schätze ich.« Sie zwinkerte. »Sie kamen zurecht. Ich meine, es kann nicht ganz einfach gewesen sein, mit ihm verheiratet zu sein. Er hatte ständig nur Physik im Kopf. Ich erinnere mich nicht, ihn je über irgendetwas anderes sprechen gehört zu haben, als über das, woran er gerade gearbeitet hat. Ich weiß noch, als Kevin in der Schule einen Preis gewonnen hat. Beim Schwimmen. Kevin war ein toller Schwimmer. Das ist er noch.«
»Ist Kevin Ihr Sohn?«
»Ja.« Sie nickte bekräftigend. »Er hatte den ersten Platz im Küstenwettkampf belegt. Ich wollte ihnen seinen Pokal zeigen, aber Chris hätte sich kaum desinteressierter zeigen können. Er war ein Typ, der, wenn er in Gesellschaft war, entweder unentwegt über schwarze Löcher geredet oder auf die Uhr gesehen hat. Aber Sie wissen ja, wie das ist – viele Männer sind so.«
Ich hatte nicht viele kennengelernt, die ihre Zeit damit verbrachten, über schwarze Löcher zu reden, aber ich ging nicht weiter darauf ein. »Ilena, ist es möglich, dass Elizabeth dahinter gesteckt hat?«
»Nein«, sagte sie. »Nicht in einer Million Jahren.« Sie dachte noch einmal darüber nach. Schüttelte den Kopf. »Auf keinen Fall.«
»Sie sagt, sie hätte in der Nacht geschlafen und nicht gehört, wie der Gleiter angekommen ist. Wie ist das möglich?«
»Ich glaube,
Weitere Kostenlose Bücher