Firkin 02 - Die Frösche des Krieges
Haut zu sehen. Es roch nach dem feuchtem Verputz, der wie ein verrottender Vorhang aus Schutt, verfaulendem Laub und Algen von den Wänden hing. Es war ein Ambiente, das so ekelerregend und gleichzeitig so umwerfend tröstlich war wie der Anblick einer warmen nassen Hundedecke.
Der Techniker stand auf einer Art Kanzel über dem Teich und hatte den Eimer neben sich abgestellt. Im trübe beleuchteten höhlenartigen Raum der Kammer klang seine Stimme schwach und dünn, als er rief: »Alles Liebe von Pappi!« Er leerte den Eimer in den Tümpel und trat dann einen Schritt zurück.
Alles Liebe von Pappi! dachte Swinehunt. Pappi … Natürlich!
Plötzlich war es vorbei mit dem dumpfen Grunzen, das fast wie das Muhen von Kühen geklungen hatte. Die Viecher begannen zu fressen, der Teich geriet in Aufruhr und verwandelte sich in einen tumultuarischen Wirrwarr aus rauher Haut, peitschenden Zungen und reißenden Klauen. Im trüben Licht war nicht auszumachen, wie viele Kreaturen sich im Teich tummelten oder wie groß sie waren… Es war ein gespenstisches Bild. Zungen, schnell wie Geschosse, packten zappelnde Fische, kurz blitzten ihre kräftigen dicken Spitzen im feuchtklammen Zwielicht auf, bevor sie zuschnappten, festhielten und den Inhalt des Eimers in die riesigen amphibischen Speiseröhren zerrten. Einen kurzen Augenblick nur, dann war der Fischsnack verschwunden.
Einen kurzen Augenblick lang nur hatte wie ein Blitz das Licht des Bösen aufgeleuchtet.
Heimlich stahl sich Swinehunt in die Kammer. Der Tumult im Teich übertönte jedes Geräusch. Er schlich auf den Techniker zu, der am Geländer lehnte, versunken dem besessenen Schlingen und Würgen zusah und keine Ahnung hatte, wie versunken er schon im nächsten Moment sein sollte.
Das eiskalte Entzücken des Meuchelmörders erfaßte Swinehunt, blitzartig hatte er den Techniker an den Knöcheln gepackt, hochgehoben und über das Geländer geworfen, so schnell, daß kein unwillkürlicher Reflex, keine Abwehrreaktion mehr ausgelöst wurde. Einen winzigen Augenblick lang hing der Techniker zappelnd in der Luft, dann stürzte er, den Mund weit aufgerissen, in das schlammige Wasser. Die lauwarme Brühe strömte ihm durch die Kehle und drang in die Lungen ein. Er schlug wild um sich und versuchte verzweifelt, an die Oberfläche zu stoßen. In diesem finsteren rasenden Chaos aus fetzenden und um sich schlagenden Froschschenkeln hätte die Oberfläche überall sein können. Seine Lungen, vollgepumpt mit lauwarmer Flüssigkeit, schmerzten, als wollten sie jeden Moment zerreißen. Er hustete. Es war ein stummes, vom Wasser ersticktes Husten, ein unwillkürlicher Reflex, mit dem er die letzten wenigen Millibar Sauerstoff ausatmete, die noch in seinen schon ziemlich blau angelaufenen Lungenbläschen hingen. Zu Tode erschrocken sah er, wie das Luftbläschen im brodelnden Wasser verschwand.
Plötzlich platschte ein formlos rosaroter Klecks gegen seinen Knöchel, packte zu und zog. Er sah nach unten und erkannte im trüben Gebrodel die Silhouette eines Männchens. Und so, wehrlos festgehalten in einer feindlichen Umgebung, kapitulierte der Techniker. Beinahe dankbar gab er den Kampf auf und rutschte durch den amphibischen Schlund.
Fasziniert sah Swinehunt zu, so fest packte er das Geländer, daß sich die Fingerknöchel in den Stulpenhandschuhen weiß färbten. Seine Zähne blitzten im Dunkel, sein Mund verzog sich zu einem feixenden Grinsen, das so böse und niederträchtig war, wie selbst er es nur selten einmal zustande brachte.
Die Sache lief ausgezeichnet. Was er hier und jetzt vor sich sah, das war furchteinflößend kaltherzige Macht. Nichts konnte unbarmherziger und grausamer sein als diese Kreaturen.
Nachdem der Techniker aus dem Weg geräumt war, gab es niemanden mehr in Losa Llamas, der sich noch um Zhorrothustra gekümmert hätte. Nur er interessierte sich noch für ihn. Wenn er Zhorrothustra auf seine Seite ziehen und dadurch sicher sein konnte, daß die Kriegsfrösche hinter ihm standen (am besten ziemlich weit hinter ihm – diese Zungen hatten eine beträchtliche Reichweite), dann konnte ihn keine Macht der Welt mehr aufhalten. Jetzt stand ihm nichts mehr im Weg!
Als die Wellen, die die letzten Zuckungen des Technikers ausgelöst hatten, gegen das Teichufer plätscherten, stieg blubbernd ein abscheuliches machtbesessenes Lachen in Swinehunts Kehle auf.
Die Heerscharen des Todesengels waren eben um einen Mitstreiter stärker geworden – um einen ganz besonders
Weitere Kostenlose Bücher