Firkin 03 - Das Wurmloch ins Biblioversum
erst mit Wellhornschnecken anstellt! Scheußlich! Müßte verboten werden …«
»Bitte, Herr, äh, Zuveth! Ich muß mich leider auch noch um andere Leute …«
»Eigentlich hätte ja ich diesen Job bekommen müssen«, platzte Zuveth unvermittelt los. Er warf sich in die Brust, wilde Wut flackerte in seinen Augen: »Ich müßte eigentlich des Königs Fisch ausnehmen, des Prinzen Plötze pochieren und die fürstliche Flunder filetieren!«
Warum gerade ich? dachte Bharkleed. Warum muß ausgerechnet ich immer wieder an diese stumpfsinnigen Pflastertreter geraten?
»Ganz bestimmt. Das will ich Euch gerne glauben«, murmelte der Hohepriester mit bewährter Unverbindlichkeit. »Aber nun seht die Sache doch auch einmal positiv: Sehr bald schon gibt es diese Welt nicht mehr, dann seid Ihr Eure Sorgen los und könnt in einer unserer Eigentumswohnanlagen für den frisch Eingeäscherten Ruhe und Frieden genießen. Wenn Ihr bereit seid zu glauben, dann unterzeichnet bitte hier!«
»… und Neunaugen kann ich doppelt so schnell zubereiten wie dieser tatterige Hanswurst! Ganze Schwärme, wenn’s sein muß …«, brummelte Zuveth, während ihm Bharkleed vorsichtig den Federkiel in die Hand schob, das Schreibgerät ins Tintenfaß tauchte und dann über die gestrichelte Fußzeile des Bescheinigungsformulars führte.
»Eure Unterschrift! Bitte! Hier!« flüsterte der Hohepriester und versetzte Zuveths Ellbogen einen sanften Stoß.
»Hä? Ach so, ja … bloß Boxerkrabben würd ich nicht mal mit der Zange anfassen …«, redete der Chefkonditor unentwegt weiter, wobei er gedankenlos mit der Hand über das Pergament schabte, »… hab eine Heidenangst vor denen, echt eine Heidenangst!«
»Ja, sehr schön. Alles Gute weiterhin, mein Sohn. Die Schatzkammer von Sankt Mammon wird erbeben beim Empfang deiner Gaben. Der nächste, bitte!« schrie Bharkleed in die wogende Menschenmenge, die immer mächtiger gegen ihn andrängte, je lauter das wummernde Stampfen wurde.
»Fertigmachen zum Einsatz!« brüllte Schyrling am anderen Ende des Marktplatzes. Seine Stimme zitterte, so sehr begeisterte ihn die Aussicht auf baldige Feindberührung. »Sie werden nicht durchkommen! Zeigen wir’s ihnen!«
Schikaneder rieb sich die Augen und glotzte den Riesentroll wieder einmal verwundert an. Es war zwar nur ein kurzer Blick aus den Augenwinkeln gewesen, aber trotzdem war er ganz sicher, daß klammheimlich ein Ausdruck gewaltiger Erleichterung über das gigantische Gesicht gehuscht war.
Weit hinten in den Bergen nahm das wummernde Stampfen an Lautstärke und Eindringlichkeit zu, eine mächtige Staubwolke stieg auf und wurde schnell größer, so als jagte sie ein heftiger Wirbelwind auf Cranachan zu.
»Ähmmm, haltet mich jetzt bitte nicht für besserwisserisch, Kommandant«, wandte sich Schikaneder zaghaft an Schyrling. »Aber findet Ihr nicht auch, daß die ein bißchen sehr schnell anrücken für eine schwerbeladene Invasionstruppe? Ich meine, wenn die in diesem Tempo weitermachen, sind sie hin, bevor sie hier sind«, versuchte er sich verständlich zu machen und beobachtete dabei ängstlich die Wolke, die immer größer wurde und sich – wie Schyrlings Stimmung – immer mehr verfinsterte.
»Blödsinn. Das ist nur der Wind, der den Staub davonweht, den sie aufwirbeln.«
Schikaneder sah die Fahnen auf dem Reichspalast an, die schlapp an den Masten hingen. Von wegen Wind! dachte er. Hinter einem Lemming mit Darmblähung ist heute die Luft heftiger in Bewegung als irgendwo sonst in der Stratosphäre. Er kam nicht mehr dazu, den Kommandanten darauf hinzuweisen, Schyrling brüllte lauthals Befehle und machte damit jedes weitere Nachdenken unmöglich.
»Schikaneder! Wachen am Osttor verdoppeln! Wer immer da anrückt, er kommt hier nicht rein!«
Einen Moment lang lief ein Anflug sedimentärer Bekümmerung über das Antlitz des Trolls.
»Ist das nicht eher Aufgabe der Heeresverbände, Kommandant? Wir sind eine Einheit des Abschirmdienstes, keine taktisch militärische Kampfeinheit!«
»Blödsinn. Ich weiß sehr genau, was unsere Funktion ist! Aber wir sind nun einmal vor Ort, wir sind kampfbereit, und wir werden siegen!«
»Jawoll!« Widerstrebend machte sich Schikaneder an die ihm aufgetragene Arbeit. Er zeigte es zwar nicht, aber er war fest davon überzeugt, daß es nicht der Stiefeltritt einer anrückenden Armee war, der dieses Beben verursachte. Er warf noch einmal einen kurzen Blick auf das Standbild, schüttelte verstört den Kopf und
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