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Firkin 04 - Hundstage

Firkin 04 - Hundstage

Titel: Firkin 04 - Hundstage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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linke Hand gewundenen Leine, bis er die Spannung spürte. Da war ein Zischen, ein Zupacken, ein Ziehen. Er war im Nu auf den Beinen und durch die Tür, sein Schwert sauste zu Boden, erwischte den Hals seines Opfers und trennte ihn sauber ab. Ha! Es funktionierte immer!
    Herr Murx, Ungeziefervernichter und Seuchenkontrolleur, grinste den abgetrennten Kopf der Viper an. Es gab Zeiten, in denen ihm die Pestkontrolle Spaß machte, wenn sie sich wie ein Kampf anfühlte. Gewiefte Reptilien hereinzulegen, die schrägen Züge gerissener Nager vorhersehen, sie zusammenzutreiben und kaltzumachen, ja, nur darum ging es! Kein weißes Pulver verstreuen und zuschauen, wie die Ameisen husteten. Wehmütig dachte er an die gute alte Zeit zurück, als man ihn noch gerufen hatte, um Drachen zu erschlagen und Dämonen zu ködern. Damals hatte man noch gewußt, wann man an einer Plage litt. Man brauchte sich doch nur die Löcher in der Fußleiste anzuschauen.
    Aber heute gab es leider keine Drachen mehr. Dazu waren die St.-Georg-Haudrauf-Filialen einfach zu erfolgreich …
    Herrn Murxens Augen wurden hinter dem Visier vor Wehmut feucht. Er hatte Gerüchte vernommen, denen zufolge ein neunzig Fuß großer Golddrache kürzlich das naheliegende Kastell Rhyngill angekokelt hatte, doch seither hatte ihn niemand mehr gesehen. Er hatte das schreckliche Gefühl, daß die ganze Sache nur ein Schwindel war, um die Feuerversicherung aufs Kreuz zu legen.
    Er seufzte. Hätte es doch nur einen Drachen gegeben, dessen man sich entledigen mußte … Nur einen … für ihn … Bitte!
    Er trat melancholisch die Tür des Lagerraums auf und fing fröhlich an, die Vipern zu häuten.
     
    Die alternden Sandalen von Ittos Großvater berührten kaum eine der zahllosen Stufen, als er aufgebracht in die Tiefen seines in den Gassen Murrhas versteckten Lagerraums eintauchte. Sein Geist sprudelte in der verzweifelten Panik eines über alle Maßen Entsetzten. Die Entdeckung des Diebstahls der tödlichen Verdammnisse war schon schlimm genug gewesen – aber die Entdeckung, daß eine von ihnen die Stadt verlassen hatte … Sein Herz fröstelte wie ein nervöser Eisberg auf Kurs mit einem Eisbrecher. Welch eiskalter, berechnender, heimtückischer Diebstahl. Gefährlich. Fragen krähten wie hungrige Stare nach Antworten. Wie lange existierte die PET-Verdammnis schon? Wer hatte die echte Verdammnis gestohlen? Wo war sie? Er mußte es erfahren. Solange er sie nicht gefunden hatte, befand sich die Zukunft nicht mehr im Gleichgewicht!
    Der Gedanke, sich in einer dunklen Ecke zu verstecken und Blubbergeräusche auszustoßen, war äußerst verlockend. Er hatte es vermasselt.
    Während der Gänze von 85.000 Jahrhunderten waren die Verdammnisse sicher vor skrupellosen Blicken abgeschirmt gewesen, verborgen und beschützt von einer kontinuierlichen Abfolge von Wächtern, die seit zahllosen Zeiten die Pflicht vom Vater auf den Sohn übertragen hatten … bis zu ihm! Die bösartige Häme einer zwanzig Jahre alten Erinnerung donnerte an die Schlagläden seines Geistes, klopfende Fäuste der Schande schlugen schmerzhaft zu. Er hätte seinen Sohn besser vorbereiten sollen; er hätte es ihm schonend beibringen sollen …
    Aber sein Sohn war dreißig gewesen; er hatte das nötige Alter erreicht, das man brauchte, um in der Lage zu sein, es wie ein Mann zu tragen. Es war doch nur das Gewicht des Schicksals der gesamten Zukunft, das auf seinen Schultern lastete. Mehr doch nicht.
    Es gab jedoch noch einen Hoffnungsschimmer. Kaiserin Tau wußte nichts vom Potential der Verdammnisse. Sie war zum Glück ahnungslos, was solche finstere Magie betraf. Er mußte die Chance nutzen. Er mußte die hundert bei ihr lassen und die eine suchen. Hatte er eine andere Wahl? Wenn sich jemand so verzweifelt eine Verdammnis gewünscht hatte, um das Risiko einzugehen, Taus Zorn auf sich zu laden, mußte er einen Grund haben. Und es konnte nur ein schlechter sein.
    Der Alte nahm einen Schlüssel aus der Kimonotasche, schob einen Bambusfächer von der Wand und schloß die winzige verstärkte Tür dahinter auf. Mit zitternden Händen entnahm er ihr eine verzierte dreieckige Holzkiste, legte sie auf den Tisch und schnippte den Deckel auf. Er spürte sein Herz schaudern, als er den Inhalt betrachtete.
    Vor ihm lag eine kleine, transparente Kugel mit zwei geschlossenen Lidklappen. Ihm war, als erblicke er eine Winzperle. Sie war bis auf die Doppelreihe eines aufragenden schwarzen Irokesenhaarschnitts kahl. Er holte

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