Firkin 04 - Hundstage
Erleichterung durchspülte sie, als sie der dicken schwarzen Wolke von Taus flüchtigem Zorn entkamen.
Ein furchtsamer Kopf erschien im Türrahmen, lächelte den Oberschläger matt an, schüttelte den Kopf und latschte hinein.
Warum ich? quäkte er in der Intimsphäre seines Hauptes. Warum muß ich ausgerechnet jetzt Dienst haben? Warum muß ich es ihr erzählen? Ich bin noch zu jung zum Sterben!
»Ähem. Eure kaiserliche Schrecklichkeit … Ich bin gerade informiert worden, daß Cheiro Mancini sich … nicht mehr im Palast aufhält.« Die letzten fünf Worte flüsterte er nur noch.
Die Antwort fiel beträchtlich lauter aus.
»Meine Generäle her! Spurensucher ausschicken! Bluthunde! Meuchelmörder! Mobilisiert das Heer! Heizt die Kriegsmaschinerie an! Bringt mir den Kopf von Cheiro Mancini!«
Im Beobachtungsraum von Losa Llamas glotzte Phlim die monochromen Bilder an, die die Wantze übertrug. Die Landschaft zischte vorbei, als das fischäugige Insekt in immer breiter werdenden Kreisen über ihr dahinschwebte. Doch während Phlims Augen damit beschäftigt waren, die eingehenden Monitordaten zu begutachten, war sein Geist weit davon entfernt.
Im Inneren seines Hauptes überschlug sich immer wieder die Molluske auf dem Rönthextisch und entzog sich jedem seiner Deutungsversuche. Er wußte, daß sie eine Konturenlandkarte des Talpa-Gebirges darstellte – er hatte es auf der Stelle erkannt –, doch was bedeuteten die sich kreuzenden Striche? Die regelmäßigen geometrischen Linien, die begrenzten und einander kreuzten?
Bei dem ganzen wirbelnden Chaos halbvergessener Erinnerungen, die er aus dem Schlick seiner Vergangenheit siebte, und den wolkigen Ideenalgen, die unklar in seinem Kopf dräuten, war es ein Wunder, daß er die zeitweilige Panne in der Sendung der Wantze überhaupt bemerkte.
Das winzige, rasende Bild in der vor ihm befindlichen Kristallkugel verzerrte sich, verschwand in einem Blizzard statischer Störungen, wurde völlig schwarz und blitzte dann wieder auf, als sei nichts geschehen. Hätte Phlim gerade geblinzelt – er hätte es verpaßt. Doch die Panne war nun mal eingetreten, wurde durch einen Sonderkanal in einen Gedächtnispuffer gesandt und dort als obskure Irrelevanz gespeichert, an die man sich an einem sonnigen Nachmittag erinnerte, wenn man nichts Besseres zu tun hatte.
Einige Dutzend spekulative Strichtheorien und drei Pannen später zuckte Phlim in adlerhafter Wachsamkeit zusammen. Das Bild verzerrte sich, verschwand in einem Blizzard statischer Störungen und tauchte wieder auf, als sei nichts geschehen.
»Verdammte atmosphärische Störungen!« fluchte er. Wie beiläufig ließ er die Hände über das Steuerpentagramm fegen, legte eine Wetterkarte über das schneller werdende Bild und durchblätterte endlose barometrische Anzeigen. Hochdruckinversionsschichten über den Bergen beeinflußten manchmal die Übertragung. Dann ruckte er hoch. Säulen von Nichts über eintausend Millibar, alles war von langweiliger Normalität. Aber dann … Peng! 22.000 Millibar, und gleich darauf ein Fast-Vakuum. Phlim kannte nur eins, was solche Messungen erzeugte … gewaltige Explosionen.
Das Bild fiel wieder zusammen. Neugier, Intuition und Gefühlsmodi flackerten nun in Phlims wirbelndem Bewußtsein auf. Seine Hände zuckten über das Pentagramm, zogen magische Menüs zu einem Hokuspokusblitz zusammen und aktivierten das eingebaute Thaumometer der Wantze. Er schrie alarmiert auf, als die Schirmnadel sich vor seinen Augen im Rot festklemmte. Verschwundene Mollusken, gewaltige Explosionen und thaumischer Niederschlag! Das war kein gutes Zeichen.
Er zoomte – wobei er nicht zu hoffen wagte, er könne recht haben – die Wantze fachmännisch an drei verschiedene Orte, maß vorherigen atmosphärischen Druck und Niederschlag über dreihundertsechzig Grad, berechnete Kompressions-Verdünnungsratios und lokalisierte das Epizentrum der Sprengung.
Der Foh-Paß.
Er sprang so heftig von seinem Stuhl auf, daß dieser hinter ihm zu Boden fiel, wirbelte zum Rönthextisch herum und justierte den Fokus, die Vergrößerung und die Feinabstimmung, bevor die uralte Konturenlandkarte des Foh-Passes in sein Blickfeld kam. Da, mitten auf dem Bildschirm, war ein blauer Fleck, der zufällig genau mit dem Epizentrum der gewaltigen thaumischen Explosion übereinstimmte.
Phlims Knie wurden weich, als ihm die Bedeutung des sich überschneidenden Netzes aus blaßblauen Linien schlagartig klar wurde. Es war eine
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