Firkin 04 - Hundstage
Geschäft war der chemische und mechanische Mord; er befreite die Welt von allen Ungezieferarten. [6] Zahllose Tausende von Leben hatten seine eigenen Hände nichtig gemacht. Und heute, hier in Cranachan, im tiefsten, ureigensten Herzen des Palastes höchstpersönlich, wollte er einen Aufstand ausradieren, ein Vipernnest vernichten und niedermetzeln, bevor es zu groß wurde, um es noch beherrschen zu können. Er hielt vor dem riesigen Tor an, zückte sein Schwert und klopfte mit dem Knauf an. Das Holz bebte resonierend, ein kleines Törchen, vier Fuß hoch, flog auf, und ein winziges Gesicht erschien.
»Hau ab! Wir kaufen nichts!« Das Törchen knallte wieder zu.
Herr Murx schlug noch einmal zu. Das Törchen flog auf, und er schob auf der Stelle seinen gepanzerten Fuß in den so geschaffenen Raum. Keine leichte Aufgabe für jemanden, der so gerüstet war.
»Ist der Palastküchenmeister daheim?« fragte er und funkelte den Torhüter durch das schwarze Visier an.
»Yeah. Wer will ihn sprechen?«
Ein rabenschwarzer Handschuh sprang aus der Luft hervor und überreichte dem Torhüter eine kleine Pergamentkarte. Der Mann erbleichte, als er den Namen las. »Ohhh …«
»Er erwartet mich … was man nicht eben über die unglücklichen Kreaturen sagen kann, derentwegen ich gekommen bin.«
Der Torhüter hörte das Lächeln der beruflichen Zufriedenheit hinter dem undurchdringlichen Visier. »Bin sofort z’ruck!« quäkte er und war verschwunden.
Herr Murx blieb beinahe reglos sitzen und überdachte Strategien und Angriffsmethoden. Sollte es der kurze, scharfe stählerne Hieb oder die finstere Bestrafung des tödlichen Giftes sein? Wie auch immer, das Ergebnis war das gleiche. Niemand glotzte Herrn Murx ungestraft ins Auge.
Dann erklang ein lautes Klicken. Das Tor öffnete sich auf quietschenden Scharnieren und enthüllte einen kauernden Torhüter und einen verzweifelt unbehaglich wirkenden königlichen Fischkoch, der dem Ritter mit winkender Hand zu verstehen gab, er möge ihm folgen. Der Koch händigte dem Torhüter ein Beutelchen mit Münzen aus, legte einen Finger auf seine Lippen und führte den Reiter hinfort.
An jeder Ecke oder Kreuzung eilte der Fischkoch voraus, um sich nervös zu versichern, daß niemand den gnadenlosen Händler des Todes zu sehen bekam, den er hineinführte. Fettsack hatte Angst. In Cranachan war der Ruf alles – ein Mann mußte in der Lage sein, seine Probleme selbst zu lösen. Wenn man einen Fremden holte, um die Schmutzarbeit zu tun – besonders einen Fremden, dem man nachsagte, er verzehre die Kadaver seiner Opfer mit leichter Knoblauchsoße –, tja, das gab kein gutes Bild ab. Der kleine, früh ergraute Mann hob eine Hand, um Herrn Murx zu bedeuten, er möge anhalten, flitzte in die heißen Wolken der Küche voraus und kehrte kurz darauf mit einem weißen Mantel und einem Hut zurück. Während er alle drei Sekunden zusammenzuckte und einen Blick über seine Schulter warf, gab er dem Ritter zu verstehen, er möge die Kochkleidung anziehen und ihm folgen.
Verkleidung! Herr Murx lachte leise, als er sie erblickte. Man staffierte ihn immer mit Verkleidungen aus. Ein ironisches Lächeln umspielte ungesehen seine Lippen, als er an die Mühen dachte, die die Leute auf sich nahmen, um seine Anwesenheit zu verschleiern. Sie schlichen mit ihm durch Hintertüren, ließen günstigerweise Fenster offen und richteten die Aufmerksamkeit aller anderen bewußt auf irgendein fiktives Ereignis draußen auf dem Rasen. Kuckt mal! Wie erstaunlich! Kuckt doch mal alle hin! Merkwürdig, kein Schwein dachte je an sein Roß. Obwohl, was auch komisch war, nie jemand ein Aufhebens davon machte, wenn er ein rabenschwarzes Roß lässig an einer Korridorwand lehnen sah.
Fettsack hielt vor einer besonders charakterlosen Tür an. Er deutete mit übernachdrücklicher Geheimnistuerei auf sie, blinzelte und ließ seinen Kopf melodramatisch zucken.
Sie waren dort drin! Genau in diesem Moment. Genau hinter der Tür. Dös war ihr Versteck, ihre Höhle, das geheime Vipernnest.
Gelangweilt überdachte er noch einmal seine Möglichkeiten. Vorsichtiges Heranpirschen? Oder rein und abmurksen? Seine schwarze Hand schwebte erwartungsvoll über dem Schwert … und fuhr dann zu dem Täschchen im Gürtel an der Taille hoch, um eine kleine, feuchte und sehr tote Maus herauszuziehen. Er legte fachmännisch ein Stück Kordel um ihren Hals, zog die Tür auf und warf sie in den Lagerraum hinein. Langsam zog er an der um seine
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