Firkin 05 - Fahrenheit 666
rot-schwarze Rauchschwaden aufstiegen, die den talpinischen Himmel verschmutzten.
Angst und Schrecken fuhr ihm durch die Glieder, als er wieder einmal an die Darstellung aus der Vulgata-Bibel dachte – die Darstellung, die den Untergang der Welt verkündete und die diesem schmutzigen Rauch erschreckend ähnelte. Tiefe Enttäuschung machte sich bei ihm breit. Er sollte etwas dagegen tun. Aber was, verdammt noch mal? schrie er in Gedanken auf. Was konnte er bloß tun, solange sich zwischen ihm und diesem ominösen Kuppelbau ein unüberwindbarer Sicherheitszaun befand …? Plötzlich packte ihn die Wut, als er an die Leute dachte, die die Vulgata-Bibel geschrieben hatten. Wenn sie den Menschen schon das Ende der Welt verkündeten, dann hätten sie wenigstens den Anstand besitzen können, ihnen mitzuteilen, wie man es verhindern könnte. Zumindest hätten sie einige Hinweise geben sollen, was da drinnen eigentlich vor sich ging – einen detaillierten Bauplan, den Modus operandi sozusagen oder so etwas in der Richtung eben. Das war doch wohl nicht zuviel verlangt, oder?
Plötzlich empfand er unbändigen Haß, der nur noch einen einzigen Gedanken zuließ: Mord!
»Oje, J’hadd! Was treibst du bloß? Melde dich endlich! Aha, da bist du ja! Jetzt bleib einfach ganz ruhig stehen. Es wird auch kein bißchen wehtun.«
Die schwarzen schuppigen Klauen der totalen Kontrolle des limbischen Systems griffen nach seinem Gehirn und zerrten an den ihnen vertrauten Weichteilen herum. Er fühlte, wie sich der TKLS-Tsunami in den Tälern seiner Willenskraft ausbreitete, das Fundament seines Denkvermögens unterspülte und es wie geistiges Treibgut flußabwärts strömen ließ. Gerade als er merkte, daß zwischen ihm und seinem Gehirn etwas nicht mehr stimmte, wurde sein Körper entführt.
Unter seinen Füßen spürten neununddreißigtausend Würmer, wie ihr leckerer Imbiß plötzlich davonlief. Hätten sie Fäuste gehabt, hätten sie jetzt damit in einem kollektiven Wutanfall in die geöffneten Handflächen geschlagen und vor lauter Enttäuschung aufgeregt gestikuliert. Da sie dies nicht tun konnten, legten sie einfach einen Zwischenspurt ein und nahmen erneut die Verfolgung auf.
Gleichzeitig bemerkten eintausendsiebenundzwanzig Maulwürfe die plötzliche Beschleunigung ihres wurmigen Mittagessens, schlugen entschlossen mit den erdverkrusteten Krallen in ihre offenen Pfoten und fuhren damit fort, aufgeregt einen Tunnel zu graben. In ihren Maulwurfhirnen fragten sie sich, warum diese Würmer solch einen Rundlauf mit ihnen veranstalteten. Schon fünfzehnmal hatten diese blöden Viecher jäh die Richtung geändert, und nun das hier! Irgendwie ergab das alles keinen Sinn.
Während J’hadd zum Zentaur-Vergnügungspark rannte, beobachtete Flagit durch die vor seinen Augen baumelnden Kristallprismen hindurch gespannt jede Bewegung und ahmte aufgeregt knurrend jeden seiner Schritte nach, als wäre er ein geistesgestörter Flamencotänzer beim Totentanz.
Als der Dämon mit vor Aufregung senfgelb schimmernden Augenrändern vor sich hin wetterte und sich pausenlos einredete, daß er gewonnen hatte, drangen beängstigende Geräuschfetzen davon bis zu Götz von Öl hindurch.
»Was für ein großer Sieg des Außenseiters! D’Abaloh wird mir geben, was ich will … Macht! Die absolute Macht!«
Eine Ader an Flagits Hals pulsierte heftig, und er ließ angriffslustig die Krallen spielen, während er aufgeregt durch das Zimmer stampfte. So nah vor dem Ziel wollte er sich den Sieg nicht mehr aus den Klauen nehmen lassen.
Fünfzehn bis zwanzig Grad heißer – und dort oben könnten allenfalls noch Skorpione und vereinzelt ein paar Flechten auf Asbestfaserbasis überleben. Weitere zehn Grad und selbst sie würden mit einem letzten verzweifelten Atemzug eingehen. Und dann gäbe es nichts mehr, was den Temperaturanstieg aufhalten könnte, und es würde heißer und heißer werden. Bei weiteren zwanzig Grad würden die Meere kochen und die Eiskappen schmelzen. Bei hundert Grad Temperaturanstieg würden sich die Gräser entzünden, bei weiteren fünfzig Grad ganze Wälder, etwa zweihundert Grad mehr und … und alles wäre eine einzige verkohlte Einöde von nackter Beschaffenheit soweit das Auge reicht. Die reinste Hölle auf Erden. Und wenn die Hitze in diesem Tempo weiter stieg, wäre alles in anderthalb Tagen vorbei. Flagits höhnisches Lächeln wurde immer breiter. Wenn d’Abaloh erst einmal zu sehen bekäme, was sein ergebener Diener alles für
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