Firkin 05 - Fahrenheit 666
das ohne diesen ganzen Kitsch wie ein ›Gewissen‹ und sonstigen Humbug auskommt –, und es gibt keine Schuldgefühle, kein Zögern mehr, nur noch unverfälschtes Vergnügen. Wenn du das tust, kannst du alles, du kannst nach Lust und Laune lügen und betrügen. Sogar töten! Die Opfer können sich nicht widersetzen! Du hast ja gesehen, was in der Schmiede passiert ist.«
»Aber das war doch ein Unfall, der auf einer Kette zufälliger Ereignisse beruhte …«, warf Schock ein.
»Ha! Also hab ich selbst dich reingelegt, ja? Glaubst du denn im Ernst, daß unser ach so liebes kleines Mädchen nur zufällig vorbeigekommen ist? Ganz bestimmt nicht. Dafür hab nämlich ich gesorgt und sonst niemand. Ich hab alles geplant. Ich hab diese Alea sogar dazu benutzt, diesen AS-Soldaten hierherzuholen!«
»Du? Aber du hast doch gesagt, er wäre gestor …«
»Ooo nein! Willst du mir etwa damit sagen, daß du nicht mal stutzig geworden bist, als wir seinen Schädel im Kälteraum auseinandergenommen haben?« prustete Euphorie, die vor Aufregung noch immer zitterte.
»Ich … ähm … mir war übel …«
»Wir mußten ihn natürlich am Leben erhalten. Diese Menschen können nun mal nicht bei sechshundertsechsundsechzig Grad Fahrenheit überleben …«
»Überleben?« Schock schrie auf und riß instinktiv die Klauen schützend vors Gesicht. »Aber das ist doch …«
»Illegal? Ich weiß, ich weiß«, zischte Euphorie mit einem verstohlenen Grinsen. »Aber hör mal, wer macht denn die Gesetze? Man muß d’Abaloh doch nur von allem überzeugen, und schon wird er keinen müden Gedanken mehr an ein paar illegale Einreisen verschwenden …«
»An ein paar Einreisen? Also gibt’s noch mehr illegale Einwanderer?« würgte Schock. »Wer denn noch?«
»Bloß noch ein Priester, der unbedingt einen Pakt schließen wollte.«
Schock schrie wie am Spieß und schlug verzweifelt die Klauen über dem Kopf zusammen.
»Was glaubst du denn, woher dieses schicke Scheitelkäppchen gekommen ist, hä?«
Schock schüttelte fassungslos den Kopf. »Das wird mir alles zuviel. Ich brauche dringend Urlaub«, jammerte er.
»Also, dann bist du bei mir an der richtigen Adresse«, stellte Euphorie klar und sprang auf die Hufe. »Wohin du auch immer möchtest. Los, komm schon! Die totale Kontrolle des limbischen Systems auf Kosten des Hauses!« ermunterte Euphorie den zögernden Schock, während ihr die unendlichen Möglichkeiten der TKLS immer bewußter wurden.
»Was? O nein, ich … ähm, ich glaube nicht, daß ich es ertragen könnte, schon so schnell wieder in einem anderen Kopf zu sein …«
»Das ist auch nicht nötig. Wir können ganz bequem mit dem eigenen Kopf reisen. Wohin wir wollen. Mal so richtig alles hinter uns lassen. Wie wär’s mit einem hübschen kleinen Ferienhaus am Krataoa Becken? So richtig mit den Zehen in der Lava planschen. Das ganze Jahr über herrscht dort eine Umgebungstemperatur von sechshundertsechsundsechzig Grad Fahrenheit, einfach wunderbar!«
»Du bist irre!« kreischte Schock, der erneut vor Euphories furchterregend gelbumrandeten Augen zurückwich. »Mich kriegst du jedenfalls auf keinen Fall mit nach Krataoa …«
»Nein, natürlich nicht sofort. Aber streng dich doch mal ein bißchen an! Laß deiner Phantasie freien Lauf, und blick mal über den eigenen Tellerrand hinaus. Von der TKLS beherrschte Sklavenkolonnen schuften Tag und Nacht, um für uns schöne Ferienbungalows zu bauen!«
Schock stutzte entsetzt, denn er merkte, daß er vom Bazillus dieser ungeahnten Möglichkeiten bereits infiziert worden war, und wandte nur zögernd ein: »Bist du verrückt …?«
Während Flagit immer konkretere Vorstellungen im Kopf entwickelte, entfalteten die drei Schwefelliköre endlich ihre Wirkung, doch anstatt ihn zu beruhigen, schienen sie ihn zu immer wilderen Spekulation zu ermutigen. Bilder einer glänzenden Zukunft schossen ihm durch den brodelnden Verstand und wirbelten unkontrolliert durcheinander. Und dann erblickte er die auf dem Boden herumliegenden Reste der erst kürzlich überholten Klimaanlage. Sein Sehnerv erfaßte das Bild, hielt es Euphorie direkt vor die Augen und warf in das bereits lodernde Fegefeuer ungeahnter Möglichkeiten einen Scheit Inspiration hinein. Ein Knistern, ein Funke – und plötzlich sah er die Zukunft.
»Und warum sollten wir nur an Orten Urlaub machen, wo es schon heiß ist? Ich finde, Vulkane können mit der Zeit ganz schön langweilig werden. Warum sollten wir die Sklaven also
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